Russland hat das tiefste Loch der Welt: Ist es das „Tor zur Hölle“?

Wissen und Technik
GEORGI MANAJEW
Liegt das „Tor zur Hölle” auf der russischen Halbinsel Kola? Forscher haben dort zu Sowjetzeiten ein zwölf Kilometer tiefes Loch gegraben. Heute ist es fest verschlossen, doch die Legenden leben weiter.

Wie bei nahezu allen ungewöhnlichen Orten und Erscheinungen gibt es auch rund um das Kola-Loch, ein Bohrloch mit 12 262 Meter Tiefe und einem Durchmesser von 23 Zentimetern, eine furchterregende Geschichte. Es sei das „Tor zur Hölle”, heißt es. Als der Bohrer eine Tiefe von zwölf Kilometern erreichte, entdeckten die Forscher demnach einen Hohlraum mit einer Temperatur von über 1 000° C. Sie ließen -angeblich- ein Mikrofon herab und hörten die Schreie gequälter Seelen. Hatte der Bohrer die Hölle erreicht? 

Die Ungereimtheiten dieser Geschichte liegen auf der Hand: Mikrofone, die einer Temperatur von 1 000 °C standhalten, gibt es nicht. Die Bohrungen gingen zwar tatsächlich bis zu einer Tiefe von 12 262 Metern, doch die Temperatur dort unten betrug lediglich etwas über 200°C. David Guberman, der die Bohrungen leitete, gibt jedoch zu, dass es im Jahr 1995 tatsächlich einmal ein seltsames Ereignis vor Ort gegeben habe...

Welchen Sinn hat das Loch?

Das ultratiefe Bohrloch Kola liegt auf der gleichnamigen Halbinsel, die zur russischen Region Murmansk gehört. Das Loch ist eines von zwölf übertiefen Bohrlöchern im Rahmen eines sowjetischen Forschungsprogramms. Weitere sehr tiefe Bohrlöcher sind das Ural-Bohrloch (sechs Kilometer) und das Yen-Yakhin-Bohrloch (8,25 km).

Ziel der Forschungen war es, mehr über den Aufbau und die Zusammensetzung der Erdkruste zu erfahren. Anders als die Bohrlöcher, die zur Untersuchung von Öl- oder Gasvorkommen gebohrt wurden, diente das Kola-Loch ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken. Die Arbeiten wurden von 1978 bis 1992 durchgeführt.

Der Standort wurde sorgfältig ausgewählt. Die Kola-Halbinsel ist der obere Teil des Baltischen Schildes - ein riesiges Gestein aus Granit und Mineralien, das vor etwa drei Milliarden Jahren entstand. Es ist eines der ältesten Fundamente der Erde und deshalb für die Wissenschaft so interessant. 

In der Tiefe 

In den ersten vier Jahren verlief alles reibungslos und die Bohrungen erreichten eine Tiefe von sieben Kilometern. Dann wurde eine zusätzliche, verstärkte Bohrmaschine installiert - der Bohrapparat wog schließlich 200 Tonnen. Das Bohrloch wurde allmählich immer ungerader, weil der Bohrer härteres Grundgestein umrunden und oft umgelenkt werden musste. 1983 erreichte man zwölf Kilometer.

Doch im Jahr darauf fiel der Hauptschacht zusammen und die Bohrungen mussten ab Kilometer sieben erneut beginnen. 1990 erreichte man wieder die Zwölf-Kilometer-Marke.

Wieder gab es Probleme bei der Bohrung und das Projekt wurde gestoppt. Das Kola-Bohrloch ist noch immer das tiefste der Welt. 

1995, fünf Jahre nach dem Ende der Bohrungen, gab es im Schacht der Mine eine Explosion. Es ist nicht bekannt (rus), was diese ausgelöst hat. Auch David Guberman hat keine Erklärung dafür. Unabhängig davon war das Bohrloch bereits längst zur Legende geworden. 

Die Ergebnisse der Bohrung hatten die bisherigen Erkenntnisse zur Zusammensetzung der Erdkruste auf den Kopf gestellt. Sie haben wesentlich zur Erforschung der Moho-Diskontinuität beigetragen - der Grenze zwischen Erdkruste und Erdmantel. 

Doch wirkliche Antworten hat die Kola-Bohrung nicht gebracht, eher neue Fragen aufgeworfen. Das offensichtlichste Ergebnis war, dass die Temperatur ab vier Kilometern dramatisch ansteigt und in zwölf Kilometern Tiefe bei rund 220° C liegt. Die Bohranlage wird nicht mehr genutzt. Einheimische haben sie demontiert. Das ultratiefe Loch mit dem Durchmesser von 23 Zentimetern ist nun mit einem Metalldeckel und zwölf Schrauben fest verschlossen. Das Forschungsprojekt Kola-Bohrung wurde im Jahr 2008 endgültig eingestellt. 

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