Anna Kikina ist die einzige Frau in Russlands Kosmonauten-Truppe. Wer ist sie? (FOTO)

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Zwischen ihrem ersten allgemeinen Weltraumtraining im Jahr 2012 und ihrem Flug ins All vergingen zehn Jahre. Anna Kikina flog an Bord von Elon Musks Crew Dragon zur ISS.

Es ist acht Jahre her, dass eine Frau das letzte Mal von Russland aus ins All geflogen ist. Anna Kikina, 38, durchbrach diese lange Durststrecke. Am 4. Oktober brach sie zusammen mit drei Astronauten – Nicole Mann, Josh Cassada und Koichi Wakata – als Teil der Crew Dragon von Elon Musk zur ISS auf. 

Im Juli dieses Jahres unterzeichneten Roskosmos und die NASA ein Abkommen über die wechselseitige Beteiligung bei Weltraumflügen. Dabei geht es darum, dass drei russische Kosmonauten in Crew-Dragon-Raumschiffen und drei amerikanische Astronauten in Sojus-Raumschiffen fliegen werden. Kikina ist die erste und einzige Frau bei diesem Austausch auf russischer Seite.

Ihre Geschichte ist einzigartig, denn vor zehn Jahren hatte Kikina noch nichts mit der Raumfahrt zu tun. Auf die Idee, ins All zu fliegen, kam sie erst, als die russische Raumfahrtgesellschaft 2012 beschloss, ein Experiment durchzuführen und zum ersten Mal in ihrer Geschichte Kosmonauten unter normalen russischen Bürgern zu akquirieren (zuvor konnten nur Militärpiloten oder Mitarbeiter der Raketen- und Raumfahrtindustrie in die Staffel aufgenommen werden). Zu dieser Zeit war Kikina unter dem Pseudonym Anna Raduga Moderatorin und Programmdirektorin von Radio Sibirien Altai. Sie wurde von einem Kollegen auf die Rekrutierung aufmerksam gemacht.

„Am Anfang haben wir gescherzt, dass wir bald fliegen würden. Doch dann besuchte ich die Website des Kosmonauten-Trainingszentrums und fand heraus, dass das Angebot ernst gemeint war. In diesem Moment hatte ich mich schon bei dem Gedanken ertappt, dass ich Kosmonautin werden wollte“, erzählte Anna in der Fernsehsendung Wetschernyj Urgant.

Zu den Anforderungen gehörten eine technische Ausbildung, eine mindestens dreijährige Berufserfahrung, ein guter Gesundheitszustand und körperliche Fitness. Kikina stellte fest, dass sie alle Punkte erfüllte.

Anna wurde in Nowosibirsk geboren und absolvierte in der Schule in einer Spezialklasse eine Ausbildung zur Rettungsschwimmerin, was ständige körperliche Betätigung, Olympiaden und Wettbewerbe bedeutete. Nach ihrem Abschluss absolvierte sie Kurse beim Katastrophenschutzministerium und erwarb 2005 ihre Bescheinigung als Rettungsschwimmerin und Erste-Hilfe-Ausbilderin.

Ein Jahr später qualifizierte sich Kikina als Wasserbauingenieurin an der Staatlichen Akademie für Wassertransport in Nowosibirsk und wurde 2008 Wirtschaftsmanagerin.

Sie hat zudem Erfahrung als Reiseführerin im Altai-Gebiet, als Schwimmlehrerin und als Fallschirmsprunglehrerin. Als junge Frau war sie an der Ausbildung von Rettungskräften beteiligt.

Anna ist auch Sportmeisterin in den Disziplinen Mehrkampf und Rafting.

Sie war 27 Jahre alt, als sie beschloss, sich als Astronautin zu qualifizieren. Kurzfristig stellte sie ihre Unterlagen zusammen. „Ich war fest entschlossen, das Auswahlverfahren so gut wie möglich zu durchlaufen, um mich zu beweisen und es es später nicht bereue, es nicht getan zu haben. [Dass ich als Kosmonautin rekrutiert wurde] wusste nur mein Mann“, erzählte Anna in einem Interview mit Roskosmos TV.

„Mein Fitnessniveau reichte aus, um das Auswahlverfahren mit einer überdurchschnittlichen Punktzahl zu bestehen. Obwohl alles nach Normen für Männer bewertet wurde. Die einzige Besonderheit war, dass Frauen Liegestütze statt Klimmzüge machen konnten: Drei Liegestütze zählten als ein Klimmzug“, sagte sie.

Ein Viertel der Bewerber waren Frauen, und viele von ihnen schieden in der Phase des medizinischen Auswahlverfahrens aus. „Die Anforderungen sind sehr hoch, der Körper wird gründlich untersucht“, fügt Kikina hinzu. Am Ende wurden von den 304 Bewerbern (darunter 43 Frauen) acht Kandidaten ausgewählt, wobei Kikina die einzige Frau war.

Anna ist die sechste Frau in der Geschichte der sowjetischen bzw. russischen Weltraumfahrt, die ins All fliegt. Vor ihr flogen 1963 Walentina Tereschkowa, 1982 Swetlana Sawizkaja, in den 1990er Jahren zweimal Jelena Kondakowa, 2014 Jelena Serowa und 2021 die Schauspielerin Julia Peresild als Teil der Filmcrew von The Challenge in den Kosmos.

Dass Kikina ganze zehn Jahre auf ihren Flug warten musste, ist in der russischen Weltraumfahrt üblich. Es gab Kosmonauten im Team, die bis zu ihrer Pensionierung nie die Chance hatten, ins All zu fliegen.

Bislang hat Kikina nur an dem bodengestützten russisch-amerikanischen Raumfahrt-Simulationsexperiment SIRIUS teilgenommen und ihre Fähigkeiten über die gesamten zehn Jahre hinweg aufrechterhalten.

Nun wird sie sechs Monate in der ISS-Umlaufbahn verbringen. Ihre Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, die Station und das Raumschiff am Laufen zu halten, Reparaturen vorzunehmen und wissenschaftliche Experimente durchzuführen.

Kosmonauten dürfen bis zu 1 kg an persönlichen Gegenständen mit zur ISS nehmen. „Gute Laune und Fröhlichkeit für einen coolen Job nehme ich gerne mit, und wenn es um materielle Dinge geht – Fotos von geliebten Menschen“, äußerte sich Kikina.

Im Frühjahr 2021 brachte die Firma Mattel eine Barbie-Kosmonautenpuppe auf den Markt, die nach dem Vorbild von Kikina gestaltet wurde. Die erste Barbie-Kosmonautenpuppe wurde 1965 Valentina Tereschkowa, der ersten Frau im Weltall, gewidmet.

„Als Kind hatte ich nicht den Traum, Kosmonautin zu werden. Es ist nicht notwendig, dass jedes Mädchen, das mit einer solchen Barbie spielt, das auch tun möchte. Das Wichtigste ist, dass sie wissen, dass sie eine Wahl haben, dass sie das Recht haben, jeden Beruf zu wählen, den sie wollen“, glaubt Kikina.

Ihrer Meinung nach ist der Flug in den Weltraum eine spezifische Tätigkeit, die nicht von vornherein eine große Zahl von Frauen anziehen kann. „Wenn eine Frau versteht, dass dies der Beruf ist, dem sie ihr Leben widmen möchte, wird sie sich am Auswahlverfahren beteiligen, sich darauf vorbereiten und darauf hinarbeiten. Aber es gibt nicht viele solcher Frauen“, sagt sie und deutet an, dass es schwierig sein wird, den Anteil der Frauen in der Truppe zu erhöhen, aber „zumindest ein paar Frauen sollten es sein – das ist sicher“.

Auch 2017 wiederholte Roskosmos seine Kampagne, um gewöhnliche Menschen als Kosmonauten zu gewinnen, aber es wurde keine einzige Frau ausgewählt.