„The Buzzer“: Russlands geheimnisvollste Radiostation

Communicating with radio hams all over the world from a radio station of the Moscow Radio Ham Club.

Communicating with radio hams all over the world from a radio station of the Moscow Radio Ham Club.

Tihanov/RIA Novosti
Schon seit mehr als 40 Jahren existiert in Russland eine geheimnisvolle Radiostation, die ein weißes Rauschen überträgt. Doch manchmal werden zusätzlich rätselhafte Signale übertragen – Zahlen, Namen und Worte, deren Zweck niemand versteht. Was könnte es damit auf sich haben?

/ Tihanov/RIA Novosti/ Tihanov/RIA Novosti

Die russische Radiostation mit dem Codenamen UWB-76 hat zum wiederholten Male die Aufmerksamkeit der Journalisten auf sich gezogen. Unter Radioliebhabern wird sie „The Buzzer“ genannt. Seit mehr als 40 Jahren überträgt „The Buzzer“ ein monotones „weißes Rauschen“. Manchmal erklingt in Mitten des „weißen Rauschens“ eine monotone Männerstimme, die russische Männernamen, Zahlen und merkwürdige Worte aufzählt. Die Station sendete lange Zeit aus einem Dorf nahe Moskau, doch mittlerweile wurde die Quelle für die Signale in den Sümpfen nahe Sankt Petersburg ausgemacht.

„UWB-76, UWB-76– 93 882 Naimina 74 14 35 74 – 93882 Nikolaj, Anna, Iwan, Mihail, Iwan, Nikolaj, Anna, 7, 4, 1, 4, 3, 5, 7, 4.“ So hört sich eine der seltenen Meldungen des „Buzzlers“ an. Hier kann man sich eine Übertragung anhören.

Zumeist besteht die Übertragung aus einem weißen Rauschen, das Radioliebhabern auf der ganzen Welt keine Ruhe lässt. Diese beobachten die Übertragungen und vergleichen sie entweder mit dem schrecklichen Sender aus der amerikanischen TV-Serie „Lost“ oder mit der Ausrüstung der Zombie-Nazis in dem Hollywoodfilm „The Bunker“.

Mit dem „Buzzer” kann man Kinder erschrecken und all jene wütend machen, die immer noch auf die Ankunft der Ufos warten. Dennoch gibt es für diese Anomalie auch ganz rationale Erklärungen.

Version 1: Die geheime Radiostation wird von Spionen genutzt

Für diese Version spricht die Existenz ähnlicher Stationen in anderen Ländern. Dazu zählt zum Beispiel die britische Station „Lincolnshire Poacher“. Als Sendezeichen wurde dort ein Ausschnitt aus einem sich wiederholenden Volkslied benutzt, das zwölf Mal abgespielt wurde. Danach diktierte eine Frauenstimme einen Code. Weiterhin gab es auch in Australien eine ähnliche Station mit dem Namen „Cherry Ripe“.

Alle Stationen arbeiten im Langwellenbereich und sind damit in der Lage, ein Signal über sehr große Distanzen zu senden. Diese Art der Kommunikation wird oft von Schiffen, U-Booten und Flugzeugen benutzt und erreicht seinen Empfänger sogar auf der anderen Seite der Weltkugel.

Alle diese Stationen entstanden ungefähr zur selben Zeit – in der Periode des Kalten Krieges – und nutzen allem Anschein nach die gleichen Codetypen. Jene Person, die eine Nachricht absendet, überträgt einen zufälligen Code, den außer ihr nur der Empfänger der Nachricht kennt. Allen anderen Zuhörern erscheint der Inhalt völlig sinnlos.

Im gesamten Jahr 2016 sind bei „The Buzzer“ nur 30 Wörter erklungen, darunter die Begriffe Billard, Küchenutensilien, Atoll, Bauer und Balkon.

Version 2: Instrument im Falle eines Atomkrieges

Die Verfechter dieser Version denken, dass sich der Radiosender bis jetzt noch in einer Art Schlafmodus befindet, bis ihn jemand Wichtiges im Falle eines Atomkrieges aktiviert. Der Radiosender sei Teil des von der Sowjetunion installierten Atomwaffen-Führungssystems „Petimetr“, auch bekannt unter dem Namen „Dead Hand“, und fungiert als Notfallsystem für die Aufrechterhaltung der Kommunikation.

Beim Verdacht, dass ein Atomangriff bevorsteht, soll UWB-76 diese Annahme überprüfen, indem es nach und nach alle Sender anfunkt. Danach schickt das System eine Nachricht an der Generalstab und sendet beim Ausbleiben einer Antwort, gleichbedeutend damit, dass die Befehlsgeber tot sind und Tag X eingetroffen ist, einen Befehl zum atomaren Gegenschlag an die Atom-U-Boote und die mit Sprengköpfen bestückten Flugzeuge.

Über 40 Jahre hinweg wurde das Signal des „Buzzer“ nur wenige Male unterbrochen. Man geht davon aus, dass die Radiostation ihren Sendebetrieb erstmals im Juni 2010 unterbrach. Bereits einen Tag später sendete sie jedoch weiter als hätte es die Pause nie gegeben. Bis zum Ende des Sommers dieses Jahres kam es zu einigen weiteren Unterbrechungen. 2011 hatte Russland allerdings bekanntgegeben, dass „Petimetr“ weiterhin funktioniere und sich in Gefechtsbereitschaft befinde.

Version 3: Es handelt sich um einen herkömmlichen Sendepunkt der Armee

Dies ist die langweiligste Version. Die Übertragung ist nichts weiter als ein Kommunikationssystem, das von den russischen Streitkräften im Westen Russlands genutzt wird. Die Nachrichten sind Befehle der einzelnen Abteilungen im Feld und das weiße Rauschen ist schlicht ein Lückenfüller für die Frequenz, damit niemand anderes sie nutzen kann.

Im Jahr 2010 haben Experten jedoch festgestellt, dass die Station ihre Position verändert hat. Die Signale gehen nicht mehr vom Dorf Powarowo in der Nähe von Moskau aus, sondern stammen nun aus der Oblast Leningrad. Mitten in einem Wald bei Pawlowo fanden sie damals eine verlassene Militärstation mit Rohren für Kupferleitungen sowie behelfsmäßige Bauten mit zahlreichen Mikroschaltungen. Damals konnte man im Wald neben „Radio-Touristen“ auch eine Gruppe von Leuten antreffen, die das zurückgelassene Kupfer abtrugen.

Diese dritte Version ist für all jene, die etwas Geheimes hinter den Radiosignalen vermuten, kaum von Interesse. Sie versuchen, in den gesendeten Tönen weiterhin etwas Übernatürliches herauszuhören und teilen ihre Versionen in Fan-Foren: „Ich habe sowas noch nie gehört. Am Anfang hat sich die Lautstärke plötzlich stark verändert und war mal lauter und mal leiser. Danach schien mir das Signal so, als käme er aus einem alten Kassettenrekorder, kurz bevor die Batterie leer ist“, schreibt ein Nutzer. „Das weiße Rauschen hat aufgehört und verschwand für etwa fünf Minuten. Ich dachte, es käme zu einer Übertragung. Aber nein: Es war nur ein Klicken zu hören und das Rauschen fing wieder von Neuem an.“

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