Medwedew in München: Rhetorisches Feuerwerk gen Westen

Botschaft des Ministerpräsidenten: Keine verbalen Angriffe mehr, jedoch auch kein Zurückweichen.

Botschaft des Ministerpräsidenten: Keine verbalen Angriffe mehr, jedoch auch kein Zurückweichen.

Reuters
Die Rede des russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew auf der Münchner Sicherheitskonferenz war voller Kritik gegen den Westen, vor allem gegen die Nato. Gleichzeitig betonte er die Notwendigkeit des Dialogs. Unser Autor Georgy Bovt bezweifelt, dass die Beteiligten dazu ernsthaft bereit sind.

Russland war auf der Münchner Sicherheitskonferenz durch Ministerpräsident Dmitri Medwedew, den zweiten Mann im Staat, vertreten. In seiner Rede am Samstag machte er deutlich, dass Russland nicht zu Zugeständnissen gegenüber dem Westen bereit sei. Der Ministerpräsident bekräftigte die russischen Positionen zur Beilegung der Ukraine-Krise, der Gestaltung der Beziehungen zu Nato und EU und der weltweiten Bedrohung durch den Terrorismus. 

Medwedews Rede erinnerte an einen Schachzug in einem rhetorischen Stellungskrieg. Keine verbalen Angriffe mehr, jedoch auch kein Zurückweichen. Frieden kann es aber auch noch nicht geben, weil die Bedingungen nicht geklärt, ja nicht einmal besprochen wurden. Klar ist nur: Es wird nicht mehr so sein wie vorher.

Neuer Kalter Krieg

Seit zwei Jahren wird darüber diskutiert, ob sich der Westen mit Russland wieder in einem neuen Kalten Krieg befindet. Medwedew hatte dazu eine klare Meinung: „Wir sind in die Zeiten eines neuen Kalten Krieges abgerutscht“, sagte er. Die Beziehungen zur EU bezeichnete er als „verdorben“. Schuld daran sei der Westen, vor allem die Nato.

Dabei würden die in den letzten Monaten neu entstandenen Herausforderungen und Bedrohungen sowie die Verschärfung bestehender Krisen Koordination und Dialog erfordern.

„Dialog“ ist ein auch im Westen oft bemühtes Wort. Ohne Russland könnten viele Probleme nicht gelöst werden, scheint die Botschaft. „Wir brauchen einen konstruktiven Dialog. Und der beginnt, wenn wir aufhören, nur übereinander zu sprechen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in München.

Doch sind das mehr als Lippenbekenntnisse? Noch ist im Westen niemand bereit, die antirussischen Sanktionen abzuschaffen, obwohl der Versuch, durch diese einen Regimewechsel in Russland herbeizuführen, als gescheitert betrachtet werden kann.

Ein Ende der Sanktionen wird unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt, dass das Minsker Abkommen vollständig umgesetzt wird. Darauf sollte man jedoch nicht setzen. Es werden wohl immer neue Gründe konstruiert werden, um die Sanktionen zu verlängern. Alle Beteiligten sollten wissen, dass es die ukrainische Regierung ist, die das Minsker Abkommen sabotiert, indem es als „unerfüllbar“ bezeichnet wird. Doch seitens des Westens wird nichts unternommen. Auf die Ukraine wird kaum Druck ausgeübt. Putin sei es, der eine Lösung finden soll. Diese Sichtweise ist keine gute Basis für einen fruchtbaren Dialog. 

Offenbar unerwartet für einige Zuhörer, sprach Medwedew auch aktuelle europäische Probleme an, etwa die Flüchtlingskrise. Er warnte vor der Gefahr eines Identitätsverlusts Europas. Der Ministerpräsident warf den Europäern vor, dass diese Krise vor allem ein Ergebnis der erfolglosen Versuche sei, westliche Modelle der Demokratie in darauf unvorbereiteten Ländern  und Regionen umzusetzen, was zum Zusammenbruch von ganzen Staaten geführt habe.

Russland hingegen, so Medwedew weiter, lehne kategorisch Versuche ab, unliebsame Regime durch Einmischung von außen zu stürzen. In diesem Punkt lege sein Land Wert auf die Einhaltung des internationalen Rechts. Dies sei ein zentraler Punkt, um in einen breiten Dialog zu treten.  

Ist die Zusammenarbeit überhaupt möglich?

Einerseits kooperiert der Westen mit Russland auf einigen Gebieten, etwa bei der Lösung des Syrien-Konflikts oder im globalen Kampf gegen den Terrorismus. Andererseits gibt es Versuche, Russland strategisch zurückzudrängen. Das betrachtet man in Moskau als das größte Hindernis bei der Suche nach Kompromissen in Einzelfragen.

Nato-Generalsekretär Stoltenberg kündigte in München zwar die Bereitschaft an, den Russland-Nato-Rat wiederzubeleben und eine Sitzung einzuberufen. Doch das soll erst dann passieren, wenn Russland die Fähigkeit des effektiven Einsatzes seiner Streitkräfte in Syrien nachgewiesen habe.  

Es ist wieder ganz so, wie in den Jahren des Kalten Krieges. Alle reden gerne über Frieden und Zusammenarbeit. Doch der Dialog startet erst dann, wenn eine kriegerische Auseinandersetzung unmittelbar droht. Dmitri Medwedew hat in seiner Rede klare Worte gefunden. Und dabei ist er längst nicht der schärfste Redner, den Russland hat.  

Unser Autor Georgy Bovt ist Politikwissenschaftler und Mitglied des Rates für Außen- und Sicherheitspolitik. 

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