„Pfannkuchen!“: Neun Fakten über russische Schimpfworte

Tatyana Manaeva
Egal, ob Sie es für schlechte Manieren halten oder nicht – Fluchen ist eine Redensweise, die sogar schon Dichter und Schriftsteller wie Puschkin und Tolstoi reichlich nutzten.

1 Schon immer waren Schimpfworte, auch Mat genannt, ein fester Bestandteil der russischen Sprache und Kultur. Aus alten Zeiten stammend und mit heidnischen Ritualen verbunden, dienten Schimpfworte als eine Möglichkeit, die Regeln und gesellschaftlichen Normen, insbesondere in Bezug auf Tabuthemen, zu brechen und die eigenen Emotionen auszudrücken. Bei den jüngsten russischen Dokumenten, die Obszönitäten enthalten, handelt es sich um zwei Birkenrindentexte aus Weliki Nowgorod aus dem zwölften Jahrhundert, die 2005 entdeckt wurden.

2 Heutzutage ist die öffentliche Verwendung von Schimpfworten normalerweise kein Problem. In einigen Fällen kann es jedoch als geringfügiges Vergehen betrachtet werden, das als Bestrafung eine Verwaltungshaft von bis zu 15 Tagen oder eine Geldstrafe von bis zu 1 000 Rubel (etwa 13 Euro) zur Folge haben kann. Auch die Verwendung obszöner Sprache in Bezug auf eine bestimmte Person könnte als Beleidigung betrachtet werden. In diesem Fall können Sie zu einer höheren Strafe von bis zu 3 000 Rubel (knapp 40 Euro) oder sogar bis zu 5 000 Rubel (etwa 66 Euro) verurteil werden, wenn Sie die Person in der Öffentlichkeit beleidigt haben.

3 Der Gebrauch von Obszönitäten in Fernsehen, Kino, Literatur, Massenmedien, Musikkonzerten und Theater ist strenger geregelt und das Fluchen vollständig verboten. Ein Verstoß kann zu hohen Geldstrafen führen: 2 000 - 2 500 Rubel (etwa 26 - 33 Euro) für Einzelpersonen; 4 000 - 5 000 Rubel (rund 42 - 66 Euro) für Beamte; und 40 000 - 50 000 Rubel (etwa 525 - 656 Euro) für Unternehmen und andere Institutionen. In der Praxis führt dies in der Regel dazu, dass Schimpfworte in Filmen und Fernsehshows blockiert und Symbole wie *** in Medienberichten oder literarischen Werken verwendet werden, in denen Schimpfworte fester Bestandteil des Inhalts sind.

4 Für Blogger und andere Internetnutzer gibt es kein offizielles Gesetz, das den Gebrauch von vulgären Wörtern im virtuellen Bereich verbietet und auch Geldstrafen gibt es keine. Russische Beamte empfehlen (rus) jedoch, Obszönitäten zu vermeiden, da „das Internet ein öffentlicher Raum ist, in dem man sich anständig verhalten sollte“.

5 Auch viele russische Schriftsteller und Dichter verzichteten in ihren Werken nicht auf Mat. Der große russische Dichter Alexander Puschkin, der Nobelpreisträger Iwan Bunin und sogar der geniale Leo Tolstoi benutzten meisterhaft Obszönitäten in ihrem Alltag und sahen Mat als untrennbaren Teil der russischen Kultur. Der Schriftsteller Maxim Gorki schrieb beispielsweise über Tolstoi: „Dann fing er an, von einem Mädchen aus ‚Sechsundzwanzig‘ zu erzählen und benutzte wie selbstverständlich ein Schimpfwort nach dem anderen, dass es mir zuerst als Zynismus erschien und sogar meine Gefühle verletzte. Später verstand ich, dass er solche Worte nur benutzte, weil er sie als deutlicher und präziser empfand…“.

6 In Sowjetzeiten galt Fluchen als unhöflich. Stattdessen erfanden die Sowjetbürger eine Reihe von alternativen Phrasen, die sogar in Anwesenheit von Kindern verwendet werden konnten. Das Wort „Blin“, zu Deutsch „Pfannkuchen“, war unterdessen ein nett klingender Ersatz für das russische Wort „verdammt“. Diese Schimpfworte werden übrigens noch heute benutzt.

7 Während das Internet Ihnen gerne eine große Vielfalt an russischen Schimpfworten bereitstellt, ist ein Ausländer besser dran, sie nicht zu benutzen. Wie auch zu Sowjetzeiten ist es immer noch riskant, in Unterhaltungen mit Russen starke vulgäre Ausdrücke zu verwenden. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie Ihr Gegenüber dazu steht, ist es besser, sich an netter klingende Alternativen zu halten. Drücken Sie Ihre Gefühle also aus, indem Sie zum Beispiel den oben erwähnten Begriff „Blin“ oder den Ausdruck „Tschjort“ (zu Deutsch „Teufel“) benutzen.

8 Es gibt auch viele weitere emotionale Ausdrücke, die mit dem Buchstaben „ё [jo]“ beginnen – jolki-palki, jomoje, joprst, jopernij teatr und so weiter. Dies sind wohl taktvollere Arten, Traurigkeit und Überraschung, Kummer und Ratlosigkeit sowie Glück und Wut – im Grunde jede starke Emotion – auszudrücken.

>>> Wie das "Ё" zum Sonderling des russischen Alphabets wurde

9 Im Mai führte die Marketingagentur Zoom Market eine Umfrage (rus) in Städten in ganz Russland durch und fragte die Einheimischen, wie häufig sie vulgäre Ausdrücke verwenden. Es kam heraus, dass die Bewohner von Perm, Woronesch und Iwanowo am häufigsten fluchen, dicht gefolgt von Orenburg, Tambow und Tscheljabinsk. Russlands größte Städte, Moskau und Sankt Petersburg, landeten nicht einmal unter den Top zehn – sie belegten den 18. und 23. Platz.

>>> Die fünf häufigsten Fehler, die jeder Russischlerner macht

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!