Boris Jefimow: Politischer Karikaturist, der den Zaren und das Politbüro überlebte

Boris Jefimow überlebte nicht nur den Zaren, sondern fast jeden sowjetischen Führer sowie die Sowjetunion. Mit einer Lebensspanne von 109 Jahren, war er der berühmteste sowjetische politische und soziale Karikaturist.

Volkskünstler der Sowjetunion Boris Jefimow

Boris Jefimow veröffentlichte 1916 seine erste Karikatur im kaiserlichen Russland. Geboren mit dem Nachnamen Friedland, änderte er seinen Nachnamen während des Bürgerkrieges, als er in Kiew lebte, wo antisemitische Gefühle stark wurden. Anfang der 1920er Jahre zog Jefimow nach Moskau, wo er sowjetischen Spitzenbeamten wie Nikolai Bucharin, dem Chefredakteur der Prawda, und Leo Trotzki, dem Gründer der Roten Armee, begegnete. Jefimow sagte später, dass er Trotzki sehr respektierte, welcher eine Einleitung für seine ersten veröffentlichten Sammlungen von Karikaturen schrieb.

Leo Trotzki und Felix Dzierżyński, der Mitte der 1920er Jahre als Haupt der Obersten Sowjetischen Nationalwirtschaft diente, wurden als Heilige dargestellt. Ersteres ist durch die Worte „Für die Qualität der Produktion“ und letzteres durch „Für das Regime der Ersparnisse“ gekennzeichnet.

Ende der 1920er Jahre hatten Bucharin und Trotzki den erbitterten Machtkampf verloren und wurden von Stalin zu „Volksfeinden“ erklärt. Jefimow, der für zentrale sowjetische Zeitungen arbeitete, musste sie nun in einem negativen Licht darstellen. Später gestand er, dass er, wenn er eine zweite Chance gehabt hätte, sie nie als solche dargestellt hätte. Er fügte hinzu, dass er Angst um seine Familie gehabt hatte, weil sie höchstwahrscheinlich eingesperrt und getötet worden wären, wenn er die Aufgabe abgelehnt hätte.

Leo Trotzki flieht aus der Sowjetunion unter der Überschrift: „Feind des Volkes“.

Dies waren nicht nur leere Worte. Jefimows Bruder Michail Kolzow, ein berühmter sowjetischer Journalist, der über den Bürgerkrieg in Spanien berichtete und welcher zum Vorbild für eine Figur in Hemingways Romanen diente, wurde beschuldigt, für ausländische Geheimdienste spioniert zu haben und anschließend zum Tode verurteilt. „Dieser böse, sinnlose Tod des mir nächsten Menschen war schrecklich“, sagte Jefimow in einem Interview (rus) fast 60 Jahre nach dem tragischen Ereignis.

Innenminister Nikolai Jeschow greift die „Feinde des Volkes“ an.

Jefimows Haltung gegenüber Stalin war umstritten. Einerseits verhaftete Stalin den Bruder von Jefimow, andererseits schadete er dem Karikaturisten nicht. „Als Beria, der Leiter der Sicherheitsdienste Stalin ein Stück Papier mit dem Namen Jefimow zeigte, sagte er: ‚Fass ihn nicht an!‘ Stalin schätzte Jefimow als Karikaturisten“, so (rus) der Enkel des Künstlers.

„Der Kapitän des Sowjetlandes führt uns von einem Sieg zum anderen.“

Jefimow zeichnete im Zweiten Weltkrieg viele Karikaturen und es wurde gesagt, dass Adolf Hitler von seinen Werken erzürnt war. Jefimow sagte, dass der Naziführer ihn auf eine spezielle „Fahndungs- und Todesliste“ gesetzt hat.

Die Truppen Hitlers sind genauso dargestellt wie die Armee Napoleons, die sich 1812 aus Moskau zurückzog. „Der Mythos der Unbesiegbarkeit der deutschen Armee“, steht in der Inschrift.

Jefimows antifaschistische Zeichnungen waren ungemein beliebt und jahrzehntelang bewahrte der Karikaturist viele Briefe auf, welche sowjetische Soldaten ihm schickten, um ihm für seine Arbeit zu danken. Während des Krieges trug er Uniform und hielt den Rang eines Majors inne.

Hitlers Verbündete: Horthy, Mannerheim, Antonescu, Duce, Vichy.

Stalin befahl Jefimow im Jahr 1947, eine Karikatur zu zeichnen, die zu einem der Symbole (eng) für den Beginn des Kalten Krieges wurde. Es handelte sich um Pläne des amerikanischen Militärs, Positionen in der Arktis einzunehmen, um dort eine mögliche sowjetische Bedrohung zu bekämpfen. Jefimow dachte, dass er ein paar Tage Zeit hätte, um die Karikatur zu zeichnen, aber um halb drei Uhr morgens klingelte das Telefon. Es war Stalin, der sagte, dass die Karikatur in 2,5 Stunden fertig sein soll. Jefimow beendete seine Arbeit rechtzeitig und Stalin mochte die endgültige Version, korrigierte aber die Bildunterschrift auf: „Eisenhower verteidigt sich.“

„Eisenhower verteidigt sich“.

Von den mehr als 30 000 Zeichnungen, die Jefimow anfertigte, waren viele dem Kalten Krieg gewidmet. Einige sagen, dass die Art und Weise, wie Jefimow und andere Karikaturisten Winston Churchill zeichneten, dazu beitrug, das Bild des westlichen und bürgerlichen imperialistischen Menschen zu schaffen. Dieses Bild wurde durch eine ziemlich korpulente Person verkörpert, die immer eine Zigarre im Mund hat.

„Eiserner Vorhang über Europa!“; „Russische Gefahr!“; „Russische Bedrohung!“; und „Vereinigt euch mit Deutschland, um die Russen zu bekämpfen“.

In seinen Memoiren schrieb Jefimow, dass er nur ein paar Karikaturen über den sowjetischen Nachkriegsführer Nikita Chruschtschow zeichnete, welche nicht kritisch waren. „Kein Wunder, dass ihm diese überfreundlichen Karikaturen gefallen haben“, bemerkte Jefimow.

„Der Weg der Bergleute.“ Chruschtschow zerstört den Kalten Krieg.

Jefimow erhielt für seine Zeichentrickserie „Für einen dauerhaften Frieden, gegen die Kriegsbrandstifter“ den Stalinpreis. Diese Zeichnungen richteten sich direkt an die Feinde der Sowjetunion in der Zeit des Kalten Krieges.

„Krise“ hängt über Präsident Harry S. Truman, der singt: „Alles ist in Ordnung!“

Jefimow erinnerte sich oft daran, dass die Angst vor einem Atomkrieg während des Kalten Krieges äußerst konkret war. „Wir verstanden, dass ein Atomkrieg die Zerstörung der Menschheit bedeuten würde. Jeder Mensch versteht die Vorstellung, dass er oder sie sterblich ist, aber wir erwarten, dass nach dem Tod noch etwas wie die eigenen Kinder oder die geschaffene Arbeit zurückbleibt. Der Gedanke, dass nichts mehr übrig bleiben wird, ist für den menschlichen Geist unerträglich“, sagte Jefimow, der das Ende des nuklearen Rüstungswettlaufs zwischen Amerika und der Sowjetunion erlebte und 2008 starb.

„Nein zum Atomwahnsinn!“

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