Sturm auf die russische Botschaft in Teheran 1829: ein ungestraftes Massaker

Geschichte
BORIS JEGOROW
Bereits 150 Jahre bevor die Botschaft der USA in Irans Hauptstadt Teheran angegriffen wurde, war die russische Botschaft Ziel einer blutrünstigen Attacke.

Anders als beim Anschlag im November 1979, als radikale iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran gestürmt  und Dutzende US-Diplomaten und -Bürger als Geiseln genommen hatten, kamen damals alle Angestellten in der diplomatischen Vertretung Russlands in Persien ums Leben. Eine russische Vergeltungsaktion jedoch blieb aus.

In den frühen Morgenstunden des 11. Februar 1829 (also am 30. Januar nach dem julianischen Kalender) umstellte eine mit Messern, Steinen und Stöcken bewaffnete Horde von mindestens 100 000 Persern die russische Botschaft in Teheran. Die aufgebrachte Menge schrie fanatisch und wollte das Blut der Russen sehen, die sich im Gebäude verbarrikadiert hatten.

Die anwesenden Diplomaten und 35 Sicherheitskräfte der Kosaken hatten keine Chance gegen diese Menge, doch sie kämpften tapfer bis zum Ende. Die Perser rissen die Russen buchstäblich in Stücke, auch den Botschafter selbst, den großen russischen Dichter Alexander Gribojedow.

Eine solche Attacke hätte eigentlich nicht unbeantwortet bleiben dürfen. Doch es geschah nichts. Aus verschiedenen Gründen wollte das russische Reich einen Krieg vermeiden und ließ das Massaker ungesühnt.

Warum griffen die Perser an?

Alexander Gribojedow wurde 1828 Gesandter in Persien, ein Jahr vor seiner Ermordung. Die Perser hatten gerade erst einen Krieg gegen Russland verloren und mussten hohe Reparationszahlungen leisten, die das Volk aufzubringen hatte. Der nationale Zorn suchte einen Weg, sich zu entladen.

Der persische Adel verfolgte seine eigenen Ziele. Nachdem Armenien Teil des Russischen Reiches geworden war, suchten viele Armenier in Persien Zuflucht in der russischen Botschaft in der Hoffnung, wieder in ihr Heimatland zurückkehren zu können.

Einer dieser Armenier, der bei Gribojedow Schutz suchte, war eine ernsthafte Gefahr für die persische Führung. Jakub Markarjan Mirsa, ein Eunuch aus dem Harem des Schahs und oberster Schatzmeister, wusste zu viele Geheimnisse, um das Land verlassen zu dürfen.

Gribojedow lehnte alle Auslieferungsgesuche der Perser zu Mirsa ab. Also entschied sich der Schah, Druck auf die Russen auszuüben, um diese zu diesem Schritt zu zwingen. In der Bevölkerung wurde mit großem Erfolg Stimmung gegen Russland gemacht. Schnell fanden sich tausende Teheraner, die bereit waren, die russische Botschaft dem Erdboden gleichzumachen.

Der Schah wollte antirussische Proteste, aber keine offene Auseinandersetzung. Doch die Menge war bereits außer Kontrolle geraten und das Massaker nahm seinen Lauf.

Grausames Massaker

Alexander Gribojedow beteiligte sich persönlich an dem ungleichen Kampf gegen den aufgebrachten Mob. Die Perser überwanden das Tor, versuchten durch die Fenster zu klettern und sogar das Dach abzudecken, um ins Innere zu gelangen. Am Ende töteten sie die Kosaken, die verbliebenen Diplomaten und auch Jakub Markarjan Mirsa.

Der übel zugerichtete Körper Gribojedows wurde aus dem Haus gebracht und öffentlich zur Schau gestellt. Erst auf Geheiß des Schahs nahm dies ein Ende.

Der einzige Überlebende des Massakers von Teheran war Botschaftssekretär Iwan Maltsew, der sich während des Angriffs versteckt gehalten hatte. Unter den Persern gab es 19 Tote.

Russlands Antwort

Dieser diplomatische Affront hätte unter anderen Umständen unvermeidbar zu einem Krieg geführt. Nicht so 1829. Russland befand sich in einem zermürbenden Krieg gegen das Osmanische Reich und wollte keinen weiteren Kriegsschauplatz eröffnen.

Der Schah schickte seinen Enkel Chosrew Mirsa mit einem Entschuldigungsschreiben und dem riesigen Schah-Diamanten im Gepäck, der heute einer der wichtigsten Nationalschätze Russlands ist, zu Zar Nikolaus I.

Der russische Zar nahm die Entschuldigung des Schahs an und sagte: „Lasst uns diesen unglückseligen Vorfall in Teheran vergessen.”

Die Perser hatten ihre Ziele erreicht: Jakub Markarjan Mirsa war tot und auf Geheiß von Nikolaus I. wurden die Reparationszahlungen reduziert und für fünf Jahre ausgesetzt.

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