Der französische Kaiser Napoleon Bonaparte war eine harte Nuss für seine Feinde. Nur wenige Generäle in Europa wollten das Risiko eingehen, seiner Grande Armée auf freiem Feld gegenüberzutreten. Die russischen Kommandeure machten da keine Ausnahme. Bis zur Schlacht von Borodino hatten sie eine direkte Konfrontation vermieden. So konnten die Franzosen weitgehend ungehindert durch Russland ziehen und sich im Kernland festsetzen.
Wenn ein offener Zusammenstoß nicht erwünscht ist, schlägt die Stunde der Partisanen. Einerseits war der russische Partisanenkrieg ein Krieg des einfachen Volkes gegen die französische Armee. Bärtige Bauern griffen nach Heugabeln und Äxten, um den verhassten Eindringling zurückzudrängen.
Andererseits wurde der Partisanenkrieg von sogenannten „fliegenden Einheiten" geführt, die vom russischen Armeekommando gesteuert wurden. Aus Kavalleristen und Kosaken zusammengesetzt und von regulären Offizieren angeführt, griffen sie den Feind aus dem Hinterhalt an und zerstörten Kommunikations- und Versorgungswege.
Die erste „fliegende Einheit" entstand im Juli, als die Grand Armée sich Smolensk näherte. Die Kosaken- und Dragonerregimente griffen die linke Flanke der Franzosen an. Zudem übernahmen sie Aufklärungsdienste für die reguläre russische Armee.
Der Kommandeur dieser Einheit, Ferdinand von Wintzingerode, wurde später berühmt, weil er versuchte, den Kreml und Moskau vor der Zerstörung zu bewahren. Seine Einheit befand sich in einem der Dörfer in der Nähe von Moskau, als ihm Napoleons Pläne, Moskau zu vernichten, zu Ohren kamen. „Wenn nur eine einzige Kirche gesprengt werden sollte, werden wir jeden Franzosen, den wir erwischen, aufhängen”, gab er sich entschlossen. Zunächst wollte er jedoch verhandeln und suchte den französischen Marschall Edouard Mortier auf. Doch dieser ließ ihn gefangen nehmen.
Unter den Partisanenkommandanten war Denis Dawydow der, der das größte Ansehen hatte. Er stellte sich den Franzosen auch dann mutig entgegen, wenn diese zahlenmäßig überlegen waren. Mit 130 Kavalleristen griff er einmal eine französische Versorgungseinheit mit 225 Mann an. Er eroberte alle 30 Wagen, die Hälfte der französischen Soldaten fiel im Kampf und Dawydow machte 100 Gefangene.
Als die Grande Armée im Oktober 1812 aus Moskau abzog und den Rückzug Richtung Westen antrat, wurde sie immer wieder von den fast 500 Mann starken „fliegenden Einheiten“ der Partisanen angegriffen und zermürbt.
Dennoch wäre der Partisanenwiderstand gegen Napoleon ohne das kämpferische Landvolk nicht erfolgreich gewesen. Die Bauern führten ihren eigenen Kampf gegen den Feind. Sie setzten vor allem darauf, die Versorgung der Franzosen mit Vorräten zu sabotieren. Sie weigerten sich, ihnen Lebensmittel zu verkaufen, verbrannten die Ernte und ihre Häuser und zogen sich in die Wälder zurück.
Als sich die Grand Armée nach und nach von einer perfekt organisierten Armee zur Truppe von Mördern und Plünderern wandelte, verstärkten die Bauern ihren Widerstand. Sie planten Überfälle auf französische Einheiten, verteidigten ihre Dörfer gegen französische Soldaten auf der Suche nach Vorräten, verfolgten die feindlichen Truppen und töteten alle Franzosen, auf die sie trafen.
Sie griffen sogar die „fliegenden Einheiten” an, weil sie die russischen mit den französischen Uniformen verwechselten. Denis Dawydow sagte einmal zu einem Bauern, der ihn angreifen wollte: „Ich spreche aber doch Russisch.” Das überzeugte diesen jedoch nicht: „Unter den Franzosen gibt es auch solche Menschen”, antwortete (rus) er.
Dawydow entschloss sich, von da mehr die Nähe zum einfachen Volk zu suchen, um solche Missverständnisse zukünftig zu vermeiden. Er trug statt Uniform die Kleidung der Bauern, ließ sich einen Bart wachsen und begann, eine einfache Sprache zu sprechen.
Viele tapfere Offiziere der „fliegenden Einheiten” haben ihren Platz in den Geschichtsbüchern gefunden: unter anderem Denis Dawydow, Alexander Figner, Alexander von Benckendorff, Nikolai Kudaschew. Die Anführer der Bauern gerieten dagegen meist in Vergessenheit. Nur an wenige erinnert man sich noch, wie an Wassilisa Koschina, die eine Partisaneneinheit aus Frauen und Jugendlichen aufstellte, um ihr Dorf zu schützen. Sie begleitete zudem auch häufig Kriegsgefangenentransporte und einen aufdringlichen französischen Offizier schlug sie kurzerhand mit der Sense nieder.