Mord an Paul I.
Im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts bekämpften die meisten europäischen Monarchen das revolutionäre Frankreich, um zu verhindern, dass die Revolutionswelle auch ihre Staaten erreichte. Der russische Kaiser Paul I. war keine Ausnahme.
Paul I. wurde jedoch zunehmend frustrierter. Die Konfrontation mit den Franzosen brachte Russland nichts außer dem vergossenen Blut der Soldaten. Die Briten und Österreicher betrachteten die Auseinandersetzungen vom Rand der Schlachtfelder aus und ernteten die Früchte der hart erkämpften russischen Siege.
Das Fass zum Überlaufen brachte für Paul I. die britische Eroberung Maltas im Jahr 1800. Nachdem sie die französischen Besatzer vertrieben hatten, behielten die Briten die Insel für sich, anstatt sie den Malteserrittern zurückzugeben. Paul, Großmeister des Ordens, betrachtete dies als persönlichen Affront. Zum Entsetzen Großbritanniens änderte der russische Kaiser den Kurs seiner Außenpolitik dramatisch.
Er suchte den Schulterschluss mit dem ehemaligen Feind und plante mit dem französischen Herrscher Napoleon einen gemeinsamen Feldzug. Ziel war Großbritanniens Kronkolonie Indien. „Wir werden gemeinsam mit Ihrem Herrscher das Gesicht der Welt verändern”, versprach Napoleon dem russischen Gesandten in Paris. Über 70.000 französische und russische Soldaten sollten gegen die Truppen der Ostindien-Kompanie kämpfen.
Die erste Streitmacht, eine Division der Kosaken unter der Führung von Ataman Matwei Platow, machte sich am 13. März 1801 auf in Richtung afghanischer Grenze. Doch zum Einmarsch nach Indien kam es nie.
Am 23. März 1801 wurde Paul I. Opfer einer tödlichen Intrige, hinter der mutmaßlich die Briten und der britische Diplomat Lord Charles Whitworth steckten. Sie hatten die Verschwörung gegen Paul I. unterstützt und den Mördern des Zaren eine Belohnung versprochen.
Eine der ersten Amtshandlungen des neuen Kaisers Alexander I. war, Platows Kosaken zurückzubeordern. Russland und Großbritannien wurden wieder zu Verbündeten.
Napoleon reagierte geschockt auf Pauls Tod: „Am 3. Nivôse (der vierte Monat des französischen Revolutionskalenders und eine Anspielung auf den ebenfalls von den Briten geförderten Attentatsversuch auf Napoleon an Heiligabend 1800) haben sie es nicht geschafft, mich zu töten. Aber in Sankt Petersburg haben sie mich gekriegt.”
>>> Brutaler als jeder Fantasy-Roman: Die gewaltsamen Tode russischer Herrscher
Das Massaker in der russischen Botschaft in Teheran
In den frühen Morgenstunden des 11. Februar 1829 umstellte eine mit Messern, Steinen und Stöcken bewaffnete Horde von mindestens 100.000 Persern die russische Botschaft in Teheran. Die 35 Kosaken, die die Botschaft schützen sollten, hatten keine Chance gegen den Mob. Die Perser rissen die Russen buchstäblich in Stücke, auch den Botschafter selbst, den großen russischen Dichter Alexander Gribojedow.
Was hatte die Perser so aufgebracht? Armenien war Teil des Russischen Reiches geworden. Nun suchten zahlreiche Armenier Zuflucht in der russischen Botschaft und hofften, wieder in ihr Heimatland zurückkehren zu können.
Einer dieser Armenier war Jakub Markarian Mirsa, ein Eunuch aus dem Harem des Schahs und oberster Schatzmeister. Er kannte zu viele Geheimnisse, um das Land verlassen zu dürfen.
Gribojedow lehnte alle Auslieferungsgesuche der Perser zu Mirsa ab. Also entschied sich Schah Fath-Ali, die Bevölkerung gegen die Russen aufzustacheln. Diese war nach der Niederlage im russisch-persischen Krieg allzu bereit, die Russen und Mirsa zu töten.
Es gab die Vermutung, dass hinter dieser grausamen Attacke die Briten steckten. Russland und Großbritannien konkurrierten um die Vorherrschaft in Zentralasien. Ein neuer Krieg zwischen dem Zarenreich und den Persern hätte den Briten in die Karten gespielt.
„Die Briten triumphieren. Sie haben den Persern versichert, dass wir nicht zurückschlagen würden, da wir bereits gegen die Türken Krieg führen. Sie wollen Russland den Krieg erklären und Thronfolger Nayeb-Saltaneh raten, die Grenzregionen anzugreifen”, schrieb Botschaftssekretär Iwan Malzow, der das Massaker als einziger überlebt hatte, an den russischen Außenminister Karl von Nesselrode.
Doch der Schah wollte lediglich Mirsas Tod. Ein Krieg mit Russland war nicht seine Absicht. Auch die Russen, die bereits gegen das Osmanische Reich kämpften, hatten kein Interesse an einer weiteren militärischen Auseinandersetzung. Der Vorfall wurde daher unter den Tisch gekehrt.
>>> Sturm auf die russische Botschaft in Teheran 1829: ein ungestraftes Massaker
Die Ermordung Rasputins
Während die britische Rolle bei der Ermordung von Gribojedow und Paul I. ein wenig im Dunkeln blieb, war die Beteiligung an der Ermordung von Grigorij Rasputin offensichtlich.
Der Mönch Rasputin, eine der mystischsten Figuren der russischen Geschichte, war ein Günstling der Kaiserin Alexandra und hatte großen Einfluss auf die Romanows. 1916 war sein Einfluss so groß geworden, dass er militärischer Berater von Kaiser Nikolaus wurde.
Das Umfeld des Zaren war entsetzt und betrachtete den „heiligen Mann” als ernsthafte Gefahr. Doch Nikolaus widersetzte sich allen Forderungen, Rasputin wegzuschicken. Das rief einige Verschwörer auf den Plan.
Welche Rolle spielten nun die Briten bei dieser Verschwörung? Haben sie sie inszeniert oder sich ihr nur angeschlossen? In jedem Falle war Rasputins Tod von Vorteil für die Briten.
Der britische Geheimdienst SIS war überzeugt, dass Rasputin ein deutscher Spion war. Sie gaben ihm den Codenamen „Dark Forces” (zu Deutsch: „Dunkle Mächte“). Sie unterstellten, dass er und die deutschstämmige Zarin Alexandra einen separaten Frieden mit Deutschland anstrebten.
Was auch immer die Beweggründe waren, die Briten führten den entscheidenden Schlag gegen Rasputin aus. Es soll der SIS-Agent Oswald Rayner gewesen sein, der Rasputin am 30. Dezember 1916 mit einem Kopfschuss niederstreckte und das Leben des „verrückten Mönchs” beendete.