Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat angekündigt, dass gegen Präsident Donald Trump ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden solle. Sein früherer russischer Amtskollege Boris Jelzin musste sich diesem Verfahren gleich drei Mal stellen. Jedes Mal überstand er die Versuche seiner Gegner, ihn aus dem Amt zu drängen.
1993: Der erste und zweite Versuch
Boris Jelzin war 1991 - unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion - zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt worden. Doch schon im März 1993 gab es die erste große Regierungskrise. Der Volksdeputiertenkongress, ein Relikt aus der Sowjetzeit, stellte sich gegen Jelzins Wirtschaftspolitik. Durch seine Reformen steuere das Land auf eine Katastrophe zu, fanden die Abgeordneten.
Nach einer TV-Ansprache des Präsidenten an das russische Volk wurde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. In dieser Ansprache hatte Jelzin erklärt, er sei dabei, bestimmte „Sondervollmachten” zu übernehmen, um seine Reformen durchzusetzen. Was genau er damit meinte, war jedoch unklar. Die folgenden Ereignisse ließen die Antwort auf diese Frage aber unbedeutend werden. Der Volksdeputiertenkongress scheiterte daran, Jelzin abzusetzen. 617 von 1033 Abgeordneten stimmten zwar dafür, doch fehlten 72 Stimmen zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit.
Bei einem anschließenden Volksreferendum sprach sich die Mehrheit der Russen für Jelzin und seine geplante Verfassungsreform aus.
Die Machtkämpfe im Kreml gingen weiter. Schließlich löste Jelzin per Dekret den Volksdeputiertenkongress und den Obersten Sowjet Russlands auf. Der Volksdeputiertenkongress wertete diese Aktion als verfassungswidrig und vollzog de facto einen Staatsstreich. Es kam zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten und seinen Gegnern, die viele Tote und Verletzte forderte. Am Ende wurde der Volksdeputiertenkongress und der Oberste Sowjet Russlands als Überbleibsel des veralteten Sowjetsystems abgeschafft. Im Dezember stimmte das russische Volk in einem Referendum für die neue Verfassung.
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1999: Der dritte Versuch
Der dritte - und berühmteste - Versuch, Präsident Boris Jelzin des Amtes zu entheben, nahm seinen Anfang bereits 1998. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) warf Jelzin fünf schwere Verbrechen vor, die er während seiner Amtszeit begangen habe. Über jeden der fünf Anklagepunkte sollten die 450 Abgeordneten der Duma (des Unterhauses des russischen Parlaments) einzeln abstimmen.
Doch bei keiner der Abstimmungen zu den folgenden fünf Vorwürfen wurde die erforderliche Stimmenzahl von 300 erreicht, um das Amtsenthebungsverfahren in Gang zu setzen:
1. Der Zusammenbruch der Sowjetunion:
Die Kommunisten erklärten, die Entscheidung zur Auflösung der Sowjetunion, die 1991 von Jelzin gebilligt und umgesetzt wurde, habe die wirtschaftliche, militärische und politische Macht Russlands und anderer Sowjetrepubliken dramatisch geschwächt. 239 von 450 abgegebenen Stimmen.
2. Verfassungskrise 1993:
Die Kommunisten werteten Jelzins Handlungen des Jahres 1993 (die zum ersten und zweiten Amtsenthebungsverfahren führten) als Verfassungsbruch und Staatsstreich. 263 von 450 Stimmen.
3. Kriegsausbruch in Tschetschenien:
Jelzins Befehl zu einer militärischen Offensive in Tschetschenien im Dezember 1994 war nach Auffassung der KPRF ein Verbrechen. Jelzin habe dadurch den Tod vieler Menschen verschuldet. 283 von 450 Stimmen.
4. Die Schwächung des Militärs:
Jelzin hat die Staatsausgaben für die Rüstungsindustrie und das Budget der Armee gekürzt. Die KPRF warf ihm vor, er habe damit versucht, das militärische System des Landes zu zerstören. 241 von 450 Stimmen.
5. Völkermord am russischen Volk:
Jelzin sei zudem verantwortlich für den Rückgang der Bevölkerungszahl in Russland von 1992 bis 1998 und dem insgesamt schlechten Zustand des Landes. 238 von 450 Stimmen.
Keiner der Anklagepunkte erhielt genügend Stimmen. Ende 1999 zeichnete sich jedoch ab, dass Jelzin freiwillig gehen würde. Am 31. Dezember 1999 erklärte er seinen Rücktritt. Zur Überraschung aller erklärte er Wladimir Putin zu seinem Nachfolger.