Der große Unbekannte: Jermak, der Eroberer Sibiriens

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Jermak kam als Söldner und endete als Legende. Hatte er wirklich eine Armee von Kobolden? Und war Iwan der Schreckliche Schuld an seinem Tod?

Mann ohne Vergangenheit  

„Sehr mutig, menschlich, beeindruckend und weise, ein flaches Gesicht, dunkler Bart, von durchschnittlicher Größe, robust und breitschultrig”, so lautet die einzige bekannte Beschreibung des Äußeren von Jermak, dem Eroberer Sibiriens.

Porträt von Jermak von einem unbekannten Künstler, 18. Jahrhundert

Sie stammt von Semjon Remesow aus Tobolsk, dessen Vater Jermaks Kameraden kannte, die ihm ihren berühmten Ataman (Kosakenführer) beschrieben hatten.  Viel mehr ist auch nicht bekannt über Jermak. Es ist sogar umstritten, ob dies sein richtiger Name war. Niemand kennt sein genaues Geburtsdatum und seinen Geburtsort. Zur Welt gekommen ist er vermutlich um 1532 herum und stammt mutmaßlich aus der Region Archangelsk. 

LEGENDE:

Eine alte Geschichte, die im Ural erzählt wurde, besagt, Jermak sei ein Hexenmeister gewesen, dem Kobolde dienten. „Als er nicht genug Männer hatte, setzte er seine Kobolde ein”, heißt es. 

WAHRHEIT:

In russischen Erzählungen über Jermak, der mit nur 500 Mann das Khanat Sibir eroberte, wird er oft mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet.

Wenn er als Kosake bezeichnet wird, heißt das nicht, dass er auch einer war. So wurden im 17. Jahrhundert diejenigen genannt, die weder Adelige noch offizielle Armeeangehörige waren, aber dennoch die Grenzen des Landes verteidigten. 

Jermak war ein erfahrener Feldherr: Im Livländischen Krieg befehligte er einige Hundert Kosaken. Doch 1582 beendete er seinen Dienst für das Heer des Zaren und machte sich auf den Weg nach Osten, in den Ural. Warum?

Das Salz der Erde 

1563 tötete Kutschum-Khan den sibirischen Khan Jediger und besetzte sein Land. Die sibirischen Tataren betrachteten Kutschum als Eindringling. Sein Regime war grausam und unterdrückend. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger weigerte sich Kutschum, Iwan dem Schrecklichen Tribut zu zollen. Kutschum-Khans Männer machten zudem der wohlhabenden Kaufmannsfamilie Stroganow, die im Ural mehrere Salzminen besaß und damit ihr Vermögen gemacht hatte, das Leben schwer. Sie überfielen und plünderten die Siedlungen der Stroganows, die daraufhin Jermak mit dem Schutz ihrer Ländereien beauftragten. 

„Die Eroberung Sibiriens von Jermak“ von Wassili Surikow

Jermak machte sich 1582 von Orjol, wo die Stroganows residierten, mit 542 Kosaken auf den Weg nach Sibirien. Voll bepackt mit Waffen und Munition rückten sie durch Flüsse schnell nach Sibirien vor. Die Gegner waren nur unzureichend bewaffnet und erwiesen sich als schwach. Jermaks Männer schlugen die vom Anblick der Schusswaffen verängstigten Tataren mühelos in die Flucht. Kutschum-Khan musste von seinem Sitz in Kaschlyk fliehen. 

Tod des Siegers 

Oft wird behauptet, es sei Iwan der Schreckliche gewesen, der Jermak beauftragt habe, das Khanat Sibir zu erobern. Doch das Gegenteil ist der Fall. Iwan war beunruhigt, als er von Jermaks Vorstoß erfuhr. Der Livländische Krieg war noch im Gange und entwickelte sich ungünstig für Moskau. Eine zusätzliche Auseinandersetzung mit Kutschum hätte Moskau weiter geschwächt. Daher schrieb Iwan den Stroganows, sie sollten Jermak umgehend zurückbeordern. Doch dieser hatte bereits Kaschlyk eingenommen. Das wiederum brachte ihm den Respekt Iwans, der ihm eine Belohnung versprach und ihm zugleich befahl, auf russisches Gebiet zurückzukehren. 

LEGENDE:

Als Iwan der Schreckliche erfuhr, dass Jermak Sibirien erobert hatte, war er begeistert und schenkte ihm zwei schwere Kettenhemden. 

WAHRHEIT:

Iwan schickte ihm zwar eine Belohnung, jedoch keine Kettenhemden sondern Geld und edlen  Stoff. Doch Jermak ist nicht zurückgekommen.

Am 6. August 1585 befand er sich mit 50 seiner Mannen auf einer Erkundungsmission. Im Schlaf wurden sie von den Tataren angegriffen. Jermak wurde getötet und die wenigen überlebenden Kosaken gingen zurück in die russischen Länder.

LEGENDEN zum Tode von Jermak: 

„Tod von Jermak“

1. Die Kettenhemden, die Iwan der Schreckliche Jermak angeblich geschenkt hatte, waren Schuld an dessen Tod. Als die Tataren sein Lager angriffen, ergriff er die Flucht und wollte zum Boot schwimmen. Die schweren Kettenhemden zogen ihn unter Wasser und er ertrank.

2. Jermaks Leiche wurde einige Tage nach seinem Ertrinken von einem tatarischen Fischer gefunden. Die sibirischen Tataren versammelten sich, um den wilden Ataman zu betrachten. Sie stachen mit ihren Speeren in den Leichnam, der noch blutete, als wäre er lebendig.  Zudem zeigte der Körper keine Anzeichen von Verwesung. Die Tataren waren schockiert. Sie ehrten Jermak nun wie einen König und gaben ihm ein zeremonielles Begräbnis.

WAHRHEIT:

Die genauen Umstände von Jermaks Tod sind nicht bekannt.

Falls es jemals ein Grab gegeben hat, ist es nicht mehr auffindbar. 1598 wurde die Armee von Kutschum-Khan schließlich vom russischen Kriegsherrn Andrej Wojekow niedergeschlagen. Kutschum-Khans Bruder, Söhne und Enkel wurden getötet, der Khan selbst entkam in die Steppe. Über seinen Tod ist nichts bekannt. 

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