Glückliche sowjetische Kindheit durch die Linse des Fotografen Michail Gratschow (FOTOS)

Geschichte
RUSSIA BEYOND
Diese Fotosammlung zeigt, dass es scheinbar eine Reihe von glücklichen Momenten war, in dem größten sozialistischen Staat zur Welt zu kommen und aufzuwachsen.

Michail Gratschow ist ohne Zweifel ein wichtiger Name in der Geschichte der sowjetischen Fotografie. Heute würde man sagen, dass er sich auf Street-Style-Fotos spezialisiert hat. Er hat das alltägliche Leben der sowjetischen Menschen aufgenommen.  Und die Linse seiner Kamera erfasste oft die Kinder und ihre Aktivitäten, so dass wir jetzt anhand dieser Bilder beurteilen können, wie das Leben der kleinsten Sowjetbürger aussah.

 „Vielen Dank, Towarischtsch Stalin, für unsere glückliche Kindheit!“ – diese Losung von einer Athletenparade auf dem Roten Platz aus dem Jahr 1936 wurde ein propagandistisches Motto. 

Die Losung wurde auf Plakaten, Postern, Postkarten, Briefmarken gedruckt. Man konnte es in Schulen, Pionierlagern, Kindergärten, Parks und wo möglich an noch mehr Orten sehen. Und die Fotos von Gratschow veranschaulichten dies eindrucksvoll. 

Mit zwei bis drei Monaten konnte ein Baby schon in eine Krippe aufgenommen werden. Dann folgte der Kindergarten. Sowjetische Frauen mussten für das Wohl des Mutterlandes arbeiten und konnten keinen langen Mutterschaftsurlaub nehmen. Die Elternzeit war zunächst auf sechs Monate begrenzt, wurde jedoch in den 1970er Jahren auf 18 Monate erhöht. Heute dauert es in Russland offiziell drei Jahre, aber Frauen haben natürlich das Recht, früher an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

Mit sechs oder sieben Jahren gingen Kinder auf die Schule und mit neuen Jahren konnten sie schon in die Pionierorganisation aufgenommen werden. Ein Pionier zu sein galt als eine Ehre, obwohl fast alle mit seltenen Ausnahmen in die Pionierorganisation aufgenommen wurden. In der Organisation galten besondere Regeln: die Pioniere mussten der Heimat treu und ehrlich ergeben sein sowie kühn und gute zuverlässige Freunde sein.

Im Sommer, wenn es keinen Schulunterricht gab, wurden viele Kinder in die Pionierlager geschickt. Diejenigen, die ein bisschen mehr Glück hatten, erholten sich am Meer. Doch es gab noch zahlreiche Pionierlager in der Nähe der Städte. Oft befanden sie sich an Seen und Flüssen, aber es konnte auch sein, dass es kein Wasser in der Nähe gab.

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Von sowjetischen Kindern wurde erwartet, dass sie neugierig und wissbegierig sind, und sie waren es auch. Es gab zahlreiche Aktivitäten und Klubs, die man nach der Schule besuchen konnte. Besonders beliebt waren die Klubs der jungen Naturalisten (derjenigen, die sich für die Natur interessierten). Kurz nannte man sie Junnaten. Den Kindern wurde das Wissen über Flora und Fauna ihrer Regionen beigebracht. Der Unterricht fand oft im Freien statt. Seit 1928 wurde die Zeitschrift „Der junge Naturalist“ herausgegeben. Übrigens, diese Zeitschrift gibt es auch heute noch.

Eine weitere populäre Beschäftigung waren militärische Spiele, die man auch Sarnizy nannte. Das war den Boyscouts-Schulen sehr ähnlich.

Man musste sich gut auf dem Ort orientieren, im Team arbeiten und den Befehlen der Chefs folgen. Militärische Spiele brachten den Kindern Konkurrenzfähigkeit, Teamgeist und natürlich Patriotismus bei.

Nach dem Großen Vaterländischen Krieg spielten viele von Kindesbeinen an Kriegsspiele und erschossen Phantom-Nazis aus Schleudern und imaginären Gewehren. Sie wollten schneller auf die Schule gehen, um an den echten militärischen Spielen, Sarnizy, teilzunehmen.

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Sport war ein wichtiger Unterricht an der Schule. Die Liebe zu Sport wurde den Kindern aktiv beigebracht. Sie wurden dazu ermuntert, an verschiedenen Wettbewerben teilzunehmen und Preise zu gewinnen. Die Leichtathletik, Sportgymnastik, Fußball, Volleyball, Sportschießen und Ski waren die beliebtesten Sportarten.

Es gab aber natürlich auch Klubs, die weniger Bewegung forderten, wie Schachspielen oder Nähunterricht. Sehr populär waren noch Klubs für die Flugzeugmodellierung und andere Ingenieurstätigkeiten. Sowjetische Kinder entwickelten nicht nur eine hervorragende Geschicklichkeit, sondern bekamen auch einen Sinn für eine Karriere in der Technologie - schließlich brauchte die Sowjetunion in Wirklichkeit viele Ingenieure.

Die Pionierorganisation war so konzipiert, dass jedes Kind einen älteren Mentor hatte, der ihm dabei helfen musste, den richtigen Weg einzuschlagen. Er machte das Kind darauf aufmerksam, wenn es sich nicht wie ein echter Pionier benahm.

Man brachte den Kindern auch Selbstständigkeit bei. In den Schulen zum Beispiel gab es Tage der Selbstverwaltung. Überdies gab es ganze Organisationen, in denen die Kinder alles selbst verwalteten. Zum Beispiel eine Kindereisenbahn.

Die Kinder arbeiteten als Lokführer und Schaffner. Und alle, die den Wunsch hatten, konnten mit dieser Eisenbahn fahren. Fotograf Michail Gratschow machte eine ganze Reportage über eine solche Eisenbahn in Kratowo in der Region Moskau. Übrigens funktioniert sie auch heute noch! 

Theaterunterricht war ebenso populär und beliebt. Die Kinder bereiteten Theaterstücke selbst vor und fertigten zudem die Kostüme für die Rollen selbst. 

Außerdem putzten Kinder den Schulraum nach dem Unterricht auch selbstständig.

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