Vor der Errichtung der Berliner Mauer, eines der charakteristischsten Symbole des Kalten Krieges, war es relativ einfach, sich zwischen Ost- und Westberlin zu bewegen. Bis zu einer halben Million Menschen passierten täglich in beide Richtungen die Demarkationslinien. Über 50.000 DDR-Bürger gingen jeden Morgen zur Arbeit im Westteil der Stadt, wo die Löhne und Gehälter höher waren. Am Abend kehrten sie zurück in den Ostteil, wo die Lebenshaltungskosten viel niedriger waren.
Nicht alle kamen jedoch von ihrem Ausflug in den Westen zurück. Über 207.000 DDR-Bürger haben 1961 das Land dauerhaft verlassen. Allein im Juli 1961 waren es 30.000. Die meisten von ihnen waren junge und gut ausgebildete Facharbeiter. Daher sollte die Abwanderung in den Westen der DDR-Wirtschaft schon bald zu schaffen machen.
Deswegen beschloss die ostdeutsche Führung, die Grenze zu schließen. Nachdem Moskau, dessen Beziehungen zur NATO gespannt waren, seine Zustimmung erteilte, wurde mit dem Bau der berüchtigten Mauer begonnen. Offiziell als antifaschistischer Schutzwall proklamiert, sollte die Mauer die Ostdeutschen im Land halten.
Am Morgen des 13. August 1961 beobachteten schockierte Berliner, wie das ostdeutsche Militär und die Volkspolizei Beton, Stacheldraht, Schaufeln und Steinblöcke abluden. Die sowjetischen Streitkräfte im Osten waren in höchster Alarmbereitschaft.
„Familien wurden auseinandergerissen, die Menschen konnten sich nicht mehr ungehindert von einem Stadtteil zum anderen bewegen“, erinnert sich Zeitzeugin Brigitte Queisser an den sogenannten „Stacheldrahtsonntag“.
Der Bau der dreieinhalb Meter hohen und 155 Kilometer langen Mauer dauerte fast 15 Jahre. 127,5 Kilometer waren mit akustischen und elektrischen Systemen gesichert. Es gab 302 Wachtürme, 250 Unterstände für Wachhunde und 20 Bunker. 11.000 Wachsoldaten achteten darauf, dass niemand entkommen konnte.
Nur wenige Meter von der Mauer entfernt stand an der Bernauer Straße in Berlin die Versöhnungskirche. Diese Kirche, deren Name unter diesen Umständen so symbolisch war, wurde für die Gemeindemitglieder geschlossen und als Überwachungsposten genutzt. 1985 wurde das im sogenannten Todesstreifen liegende Gebäude auf Befehl der DDR-Führung gesprengt.
Während es wenige Probleme beim Bau der Mauer gab, war es weitaus schwieriger, im Berliner Untergrund, entlang der U-Bahn-Strecke, eine Grenze zu errichten. Einige Westberliner U-Bahn-Linien durchquerten DDR-Gebiet. Die betreffenden U-Bahnhöfe wurden geschlossen mit Ausnahme des Bahnhofs Friedrichstraße, der einen Kontrollposten erhielt.
Die Berliner Mauer teilte Deutschland als „Eiserner Vorhang“ in zwei Hälften und trennte auch die Menschen in West und Ost. Wenn jemand Verwandte oder Freunde in West-Berlin besuchen wollte, benötigte man eine Erlaubnis, die fast unmöglich zu erhalten war. Falls man beim Versuch, die Grenze illegal zu überqueren ertappt wurde, drohten bis zu zehn Jahre Gefängnis. Im schlimmsten Fall wurde der Überläufer auf der Flucht von den Grenzposten erschossen.
Trotz dieser Gefahren haben Ostdeutsche immer wieder versucht, in den Westen zu fliehen. Vor allem die Wachsoldaten nutzten diese Chance. Über 1.300 von ihnen flohen nach Westberlin, als die Mauer noch lückenhaft und schlecht gesichert war. Einer der ersten und bekanntesten war Hans Conrad Schumann. Das Foto von seiner Flucht am 15. August 1961 ging um die Welt.
Bald wurden jedoch neue Barrieren errichtet, die nur von mehreren Soldaten gleichzeitig geöffnet werden konnten. Und nur die vertrauenswürdigsten Wachmänner wurden ausgewählt.
Während der mehr als 30-jährigen Geschichte der Mauer flohen mehr als 5.000 Menschen in den Westen. Sie kletterten über die Mauer, gruben Tunnel, schwammen durch Kanäle oder durch die Ostsee, stahlen Autos, Lastwagen und Züge, mit denen sie versuchten, die Tore und Barrieren zu durchbrechen. Einigen gelang die Flucht in einem selbst genähten Heißluftballon.
Am 17. April 1963 entwendete der Soldat Wolfgang Engels ein gepanzertes Fahrzeug, raste auf die Mauer zu und rief: „Ich haue ab, wollt ihr mit?“ Das Fahrzeug durchbrach die Mauer nicht, Grenzposten gaben mehrere Schüsse auf Engels ab. Er wurde getroffen und gelangte dennoch auf die andere Seite.
Mindestens 136 Menschen wurden während des Bestehens der Berliner Mauer von den ostdeutschen Grenzsoldaten erschossen oder kamen beim Fluchtversuch ums Leben. Der 20-jährige Chris Gueffroy war das letzte Opfer. Er wurde am 6. Februar 1989 bei seinem Versuch in den Westen zu fliehen getötet.
1987 gab Sänger David Bowie ein Konzert in Westberlin. Die Menschen auf der anderen Seite der Mauer konnten ihn zwar nicht sehen, sangen aber dennoch mit. „Es war wie zwei Konzerte, getrennt durch die Mauer. Wir hörten die andere Seite jubeln und singen. Mir fehlen noch immer die Worte. Es hat mein Herz gebrochen. Ich habe so etwas nie zuvor gemacht und ich werde es wohl auch nie wieder tun“, sagte Bowie.
Die Berliner Mauer wurde mit dem Segen der Sowjetunion gebaut und mit diesem fiel sie auch. Im Zuge von Michail Gorbatschows Perestroika verlor die UdSSR zunehmend die Kontrolle über seine europäischen Satelliten. Im Sommer 1989 öffnete Ungarn seine Grenze zu Österreich. Das war der Anfang vom Ende der Berliner Mauer.
Im Gegensatz zu ihrem ungarischen Amtskollegen war die DDR-Führung nicht für eine Liberalisierung offen. Gegen Massenproteste und Unruhen bat sie die Sowjets um Unterstützung. Gorbatschow, der die Beziehungen zum Westen nicht beeinträchtigen wollte, weigerte sich jedoch, wirtschaftliche und militärische Hilfe zu gewähren und riet den obersten DDR-Genossen, ebenfalls Reformen in Angriff zu nehmen.
Ohne den Schutz durch die UdSSR war das Schicksal der Mauer besiegelt. Am 9. November 1989, nach der berühmten Pressekonferenz, begannen die DDR-Bürger die Mauer niederzureißen. Die offizielle Demontage begann jedoch erst am 13. Juni 1990.
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