Fünf russische Dichter, deren Leben in einer Tragödie endete

Geschichte
ALEXANDRA GUSEWA
Alle großen russischen Dichter haben in ihrem Leben Leid erfahren. Es heißt sogar, dass gute Poesie nur aus Schmerz geboren werden kann. Wir stellen Ihnen fünf besonders tragische Schicksale vor.

  1. Alexander Puschkin (1799-1837)

Es wäre falsch zu sagen, dass dieser große russische Dichter ein entbehrungsreiches Leben geführt hätte. Doch er selbst fand, dass das Schicksal und die Menschen ihm gegenüber grausam und ungerecht waren. Er sah viele Gründe, sich elend zu fühlen.

Er war ein ungeliebtes Kind und später, als junger Mann, beschäftigte es ihn sehr, was in Russland geschah. Er schrieb politische und auch einige obszöne Gedichte und wurde dafür zuerst nach Süden, nach Moldawien und Odessa, ins Exil geschickt und dann auf sein Anwesen bei Pskow. 

Auch dort litt er: an unerwiderter Liebe, an der Trennung von seinen Freunden und der Abgeschiedenheit fern von der Hauptstadt. Es quälte ihn, dass er selbst an einem Aufstand gegen den Zaren nicht teilnehmen konnte, während andere dafür in die Verbannung nach Sibirien geschickt oder sogar hingerichtet worden waren. 

Später litt er unter seinem niedrigen Status und seinen Schulden, die ihn an einer Heirat hinderten. Als er schließlich doch in den Stand der Ehe trat, quälte ihn die Eifersucht. So sehr, dass es schließlich tatsächlich zur Katastrophe kam. Er forderte den vermeintlichen Liebhaber seiner Frau zum Duell heraus und fand dabei, im Alter von 37 Jahren, den Tod. 

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  1. Michail Lermontow (1814-1841)

Lermontow war ein kränkliches Waisenkind. Er wuchs bei seiner Großmutter auf. Stets fühlte er sich wie ein Ausgestoßener und ungerecht behandelt. 

Er litt unter der Zensur und der Geheimpolizei, die er hasste, weil er glaubte, diese uniformierten Schläger seien Verräter Russlands. Sein Hauptleiden hatte natürlich mit Liebe zu tun. Lermontow war kein schöner Mann und hatte zudem einen unangenehmen Charakter, daher ist es kein Wunder, dass die Frauen ihn nicht besonders schätzten. 

Seine Grundstimmung war beherrscht von Sehnsucht und Verzweiflung. Er wurde ein Misanthrop mit scharfer Zunge, die ihn letztlich das Leben kosten sollte.

Er beleidigte seinen Freund Nikolai Martinow, der in Begleitung einer Dame war. Dieser forderte ihn daraufhin zum Duell auf. Lermontow überlebte nicht. Er wurde nur 27 Jahre alt. 

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  1. Sergei Jessenin (1895-1925)

Jessenin nannte sich selbst einen Rüpel. Er war eine sehr leidenschaftliche Persönlichkeit und lebte ungezügelt. Er hatte wechselnde Beziehungen zu Frauen und wurde dieser schnell überdrüssig. Er trank zu viel und randalierte in alkoholisiertem Zustand. Die Behörden stellten ihn unter Beobachtung. 

Jessenin bekam Wahnvorstellungen. Einmal glaubte er, verfolgt zu werden. Wieder einmal betrunken, war er nicht sicher, ob es sich um seinen eigenen Schatten, seine dunkle Seite, oder um einen NKWD-Agenten handelte. 1925 fand man ihn erhängt in seinem Zimmer im Angleterre Hotel in St. Petersburg. Auf dem Schreibtisch lag ein letztes Gedicht, geschrieben mit Blut. 

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  1. Wladimir Majakowski (1893-1930)

In den Anfangsjahren der Sowjetunion waren Selbstmorde unter Künstlern keine Seltenheit. Sie fanden es schwierig, mit dem Zusammenbruch ihrer revolutionären Ideale fertig zu werden, als klar wurde, dass die Revolution anstelle eines neuen freien Lebens die Diktatur eingeläutet hatte mit NKWD, Zensur und massenhaften Hinrichtungen. 

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Majakowski war einer dieser leidenden Dichter. Dazu kam eine Dreiecksbeziehung mit Lilja und Ossip Brik. Während Majakowskis Liebe zu Lilja echt war und er ihr Gedichte voller Herzschmerz widmete, soll sie ihn nur wegen seines Ruhmes und um des Geldes willen beachtet haben. 

Im Jahr 1930, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, erschoss er sich in seiner Wohnung. In seinem Abschiedsbrief bat er, niemandem die Schuld an seinem Tod zu geben, und vermachte sein Archiv den Briks. 

  1. Ossip Mandelstam (1891-1938)

Eine Leidensquelle für den Schriftsteller war seine jüdische Herkunft. Er musste sogar zum Christentum konvertieren, um an einer russischen Universität studieren zu können. 

Mandelstam hatte große abstehende Ohren und eine große Nase, was ihn auf den ersten Blick wenig attraktiv erscheinen ließ. Doch in seinem Inneren war er ein echter Romantiker. Er litt unter seinem Aussehen, wurde oft gehänselt. 

Einst ein berühmter Dichter, geriet er unter Stalin fast in Vergessenheit, denn seine „dekadenten“ Gedichte haben die sowjetische Zensur nicht überzeugt. Seine als unpatriotisch geltenden Werke durften nicht veröffentlicht werden. Für Mandelstam war das wie ein Todesurteil. Zudem wurde er damit seiner Einnahmequelle beraubt und musste sich nun einen bescheidenen Lebensunterhalt als Übersetzer verdienen.  

In seiner Verzweiflung beging er 1933 einen fatalen Fehler. Er schrieb ein brillantes Anti-Stalin-Gedicht mit dem Anfang „Wir Lebenden spüren den Boden nicht mehr…”. Er bezeichnet Stalin darin als „Gebirgler im Kreml“. 

Er hatte noch Glück und wurde lediglich mit der Verbannung nach Woronesch bestraft. Nur seine Frau konnte ihn vorm Selbstmord bewahren. Auf dem Höhepunkt von Stalins Säuberungen im Jahr 1938  wurde er der antisowjetischen Agitation angeklagt und zu fünf Jahren im Gulag verurteilt. Mandelstam, der ohnehin von schlechter Gesundheit war, starb nach offiziellen Angaben während des Transports in ein Lager im russischen Fernen Osten an Typhus. 

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