5 russische Persönlichkeiten, deren Geschlechterbild nicht in die Neuzeit passen würde

Der französische Maler Paul Gaugin liebte Tahiti und hatte ein Faible für die blutjungen Inselbewohnerinnen. Einige diskutieren nun, ob er deshalb verboten werden sollte. Wie steht es um historische russische Berühmtheiten und ihr Verhältnis zu Gleichberechtigung und sexuellen Übergriffen?

Am 28. November veröffentlichte die „New York Times“ einen Artikel (eng) über Paul Gauguin, den berühmten postimpressionistischen Künstler des 19. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stand die Ausstellung seiner Werke in der National Gallery in London. Der Artikel trägt den Titel „Ist es an der Zeit, Gaugin zu verbannen?“ Gaugin hat viele Jahre seines Lebens auf Tahiti verbracht und dort wiederholt „sexuelle Beziehungen zu Minderjährigen“ gehabt. Er nutzte dabei „seine privilegierte Position als Westler“ aus. Wie sieht es mit russischen Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik aus? Nun, ihr Privatleben war moralisch betrachtet ebenfalls mehr als zweifelhaft. 

1. Peter I. (Peter der Große) (1672 – 1725)

Peter I. machte aus Russland ein europäisches Imperium und gründetete St. Petersburg. Wie bei viele Monarchen seiner Zeit, war sein Verhalten gegenüber Frauen abscheulich. Nachdem er seiner ersten Ehefrau Jewdokija Lopuchina überdrüssig geworden war, schickte er sie ins Kloster. Später ließ er auch den gemeinsamen Sohn Alexei hinrichten, wenn auch aus einem anderen Grund. 

Seine zweite Gemahlin, Kaiserin Katharina I., die nach Peters Tod die Regierungsgeschäfte übernahm, war zunächst die Konkubine seines Freundes Alexander Menschikow. Peter fand Gefallen an ihr und nahm sie sich einfach. Das 18. Jahrhundert war keine Zeit der Gentlemen.  

2. Michail Kutusow (1759 – 1813)

Kutusow, einer der größten Militärbefehlshaber in der russischen Geschichte, führte die russische Armee im Krieg von 1812 an, als sie Napoleon besiegte und Frankreichs Vorherrschaft über Europa ein Ende setzte. Schon zuvor konnte Kutusow eine beeindruckende militärische Karriere vorweisen. 

Mit Sicherheit sollten sich die Männer des 21. Jahrhunderts ihn jedoch nicht zum Vorbild in Bezug auf Frauen nehmen. Wie viele andere Militärs hatte er ein Heer von Geliebten. „Während des Krieges gegen die Türken hatte der 60jährige Kutusow eine erst 14jährige Geliebte“, so (rus) der Historiker Arseni Samostianow. Was heute als verachtenswert gilt, interessierte im 19. Jahrhundert absolut niemanden.  

3. Alexander Puschkin (1799 – 1837)

Der größte russische Dichter war ein Liebhaber der Frauen, machte dabei aber nicht immer eine gute Figur. Nachdem er Anna Kern, die ihn zu einem seiner berühmtesten und lyrisch bedeutendsten Gedichte inspiriert hatte, erobert hatte, schrieb (rus) er wenig charmant und sehr drastisch an seinen Freund: „… mit Gottes Hilfe habe ich Anna Kern gef***“.

Zudem soll er mindestens eine Beziehung zu einer Leibeigenen gehabt haben, die ihren Herren damals praktisch ausgeliefert waren. Olga Kalaschkikowa wurde schwanger und Puschkin schickte sie weg. Er bat (rus) einen seiner Freunde „auf das Baby aufzupassen… wenn es ein Junge ist.“ 

4. Leo Tolstoi (1828 – 1910)

Zuallererst hatte auch der Autor von „Krieg und Frieden“ und „Anna Karenina“ eine Beziehung zu einer Leibeigenen (und einen Sohn, den er nie anerkannte). Zweitens, so fortschrittlich Tolstois Ansichten in Bezug auf die russische Gesellschaft waren, so rückständig waren sie in Bezug auf Frauen. Emanzipation war für ihn schlicht Unsinn. „Er war immer gegen die Freiheit und die Gleichberechtigung der Frau“, schrieb (rus) seine Frau Sofia. „Er sagte, dass jede Frau, egal welchen Beruf sie hat, sei es Bildung, Medizin oder Kunst, nur ein Ziel habe: sexuelle Erfüllung. Wenn sie die bekommt, gibt sie alles auf.“ Was für ein Frauenfeind! 

Für Sofia war das Leben im Allgemeinen schwierig: Obwohl Tolstoi sie liebte und sie höchstwahrscheinlich nie betrog, nachdem sie geheiratet hatten, war er ein schrecklicher Ehemann. 

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5. Peter Tschaikowski (1840 – 1893)

Einer der besten Komponisten Russlands war homosexuell. Nach Tschaikowskis Tagebüchern und Briefen hatte er mehrere Beziehungen zu minderjährigen Jungen, einschließlich seiner Diener. Das bedeutet nicht, dass der Komponist ein Rüpel war - er behandelte seine Liebhaber gut. So entwickelte sich sein Diener Alexei Safronow, ein ehemaliger Leibeigener, laut Tschaikowskis Biograf Alexander Posnanski „von einem Bettgenossen zu einem geschätzten Freund, der schließlich mit Tschaikowskis Segen heiratete, aber bis zum Ende in dessen Haushalt blieb.“ 

Dennoch würden ihn die moralischen Richter der Neuzeit wohl des Kindesmissbrauchs beschuldigen und sein gesamtes Erbe verachten. 

Doch ist es nicht absurd, das Werk von Literaten, Künstlern und Machthabern vergangener Tage zu verurteilen aufgrund der ohne Zweifel abscheulichen Dinge, die sie in ihrem Privatleben getan haben? 

Der russische Journalist Juri Saprykin meint: „Gauguin kann nicht nach den Grundsätzen einer romantischen Komödie beurteilt werden, in denen es um glückliche Beziehungen geht.“ Und das funktioniert auch bei anderen historischen Persönlichkeiten nicht. Ihr Werk und ihr Charakter muss im historischen Kontext beurteilt werden. 

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