Einhorn, Arsen und Alkohol: Ungewöhnliche Heilmittel für russische Zaren

Ljudmila Pachomowa/TASS
Während Europa im Zeitalter der Renaissance lebte, gekennzeichnet durch die tiefgreifenden Entwicklungen in der Wissenschaft und insbesondere in der Medizin, hielten russische Zaren immer noch an alten Heilmethoden von Heilern und Zauberern fest.

Russische Zaren waren hingebungsvolle und wahrhaft orthodoxe Christen, weshalb jede Medizin, die ein Protestant oder Katholik anbot, mit Argwohn betrachtet wurde. Selbst im Falle einer realen Gefahr wandten sich die Zaren zuerst an einheimische Heiler. Wir verraten Ihnen, welche seltsamen Mittel und Mixturen die Zaren genutzt haben. 

Aderlass durch Falken  

Der Aderlass war eine der häufigsten medizinischen Behandlungen, die Chirurgen von der Antike bis zum späten 19. Jahrhundert durchgeführt haben, über 2.000 Jahre lang. In Ermangelung anderer Behandlungsmethoden gegen Bluthochdruck, war der Aderlass das Mittel der Wahl, um den Patienten zu beruhigen und vorübergehende Besserung zu erreichen. 

Erstmals wurde mit Michail Fjodorowitsch (1596 - 1645) aus der Romanow-Dynastie ein Zar zur Ader gelassen. Dessen Sohn Alexei  (1629 - 1676) war ein begeisterter Falkner und ließ Blut auf besondere Weise. Einer seiner Vögel hackte ihm in die Vene und seine Bojaren übernahmen den Rest der Behandlung.

Der deutsche Reisende Augustin Meyerberg beschrieb, dass sich der Edelmann Rodion Streschnew mit der Begründung zu alt und schwach zu sein, weigerte gleiches zu tun. Daraufhin habe Alexis ihn ins Gesicht geschlagen und ihm einen Tritt in den verlängerten Rücken verpasst. „Wertloser Sklave? Bedeutet Dein Souverän Dir nichts? Hältst Du Dein Blut für wichtiger als meins?“, soll er getobt haben. Streschnew gab schließlich nach. 

Alkohol – der erste Wodka wurde in einer Drogerie verkauft  

Zunächst wurden in Russland Spirituosen mit sehr hohem Alkoholgehalt vor allem zu medizinischen Zwecken eingesetzt. Im 14./15. Jahrhundert erhielt ein Moskauer Fürst von europäischen Handelsreisenden eine Kräutertinktur überreicht – einen „Wodka“. Denn Wodka, ein Wort, das erstmals zu Beginn des 16. Jahrhundert auftauchte, bedeutet nichts anderes als eine  hochalkoholische Tinktur. 

Möglicherweise begannen die Bediensteten des Zaren zu dieser Zeit auch mit der Produktion eigener Spirituosen aus europäischen Weinen. Sie wurden in einer Drogerie am Moskauer Platz verkauft. Sie waren so teuer, dass sie nur von sehr vermögenden Russen gekauft werden konnten. 

Ein Horn vom Einhorn – an Tauben getestet 

Für die frühen russischen Zaren war das Einhorn ein Symbol für sakrale, spirituelle Kraft. Iwan der Schreckliche besaß ein Horn, was jedoch höchstwahrscheinlich nur ein Narwal-Stoßzahn war. Einhorn-Horn und Pulver daraus galt als universelles Heilmittel. 

Im Jahr 1654 bestellte Alexis von Russland ein Horn aus Lübeck in Deutschland. Im Jahr darauf bekam er drei Hörner für 11 000 Rubel angeboten. Damit war das Horn fast 50 Mal so wertvoll wie Gold. 

Wie wurde bewiesen, dass es ein „echtes“ Horn vom Einhorn war? Die britische Forscherin Dr. Clare Griffin von der Universität Cambridge klärt auf: in den Gemächern des Zaren wurden drei Tauben gefüttert. Die erste mit Arsen, die zweite gleichzeitig mit Arsen und Hornpulver und die dritte erst mit Arsen und dann später mit Hornpulver. Beim ersten Mal überlebten alle drei Tauben, beim nächsten Durchgang nur die dritte. Das galt als Beweis für die Wirksamkeit. 

1669 fanden die Mediziner des Zaren heraus, dass das Horn nicht vom Einhorn, sondern vom Narwal stammte und lehnten die Behandlung damit ab. 

Arsen 

Arsen

Iwan der Schreckliche führte einen Krieg gegen die alte russische Aristokratie - rurikidische Fürsten und Bojaren, die ihn stürzen wollten. Iwan setzte auf Gift, um seine Feinde loszuwerden. 1570 beauftragte er den deutschen Arzt Eliseus Bomelius damit, ein Mittel für diesen Zweck herzustellen.

Aus Angst, selbst einem Giftanschlag zum Opfer zu fallen, nahm Iwan täglich selbst eine kleine und ungefährliche Menge Arsen ein, um eine Resistenz dagegen zu entwickeln. 

Im 16./17.Jahrhundert hatten die Zaren Vorkoster. Auch bei Medikamenten nahm der Arzt als erster ein Vielfaches der Menge ein, die dem Zaren verschrieben worden war. So wollte man einen Anschlag auf das Leben des Herrschers verhindern. 

Dennoch starb Iwan an einer Vergiftung. Die Exhumierung und Untersuchung seines Leichnams im Jahr 1965 ergab eine Quecksilbervergiftung als Todesursache. 

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