Napoleon Bonaparte, der französische Kaiser (1804-1814, 1815), wollte über ganz Kontinentaleuropa herrschen, was nicht nur politische Kontrolle über europäische Staaten bedeutete, die Napoleon durch seine siegreichen Feldzüge erlangte, sondern auch Kontrolle über die Meere und die wichtigsten Handelshäfen.
1. Napoleon wollte Russland vernichten
1807 unterzeichneten Kaiser Alexander I. von Russland und Napoleon den Vertrag von Tilsit, der den Krieg der Vierten Koalition (Russland, Preußen, Sachsen, Schweden und Großbritannien gegen Frankreich) durch einen Sieg Frankreichs beendete. Nach dem zweiten Vertrag von Tilsit, der zwischen Frankreich und Preußen unterzeichnet wurde, hat der preußische König fast die Hälfte seiner Vorkriegsgebiete an Napoleon abgetreten. Auf diesen Gebieten schuf Napoleon das Königreich Westfalen, das Herzogtum Warschau und die Freie Stadt Danzig. Die anderen abgetretenen Gebiete wurden an bestehende französische Satellitenstaaten und an Russland vergeben.
Der Vertrag von Tilsit zwischen Russland und Frankreich machte die beiden großen Reiche zu Verbündeten gegen Großbritannien und Schweden. Dies führte zu einer schwierigen Situation, die sehr bald, 1809, zum Krieg der Fünften Koalition führte - einer Koalition des österreichischen Reiches und des Vereinigten Königreichs gegen Napoleons Frankreich und seine verbündeten Staaten. Preußen und Russland hielten sich aus diesem Krieg raus. Es wurde deutlich, dass Russland das nächste Land auf Napoleons Liste war. 1811 sagte Napoleon zu Dominique Dufour de Pradt, dem französischen Botschafter in Warschau: „In fünf Jahren werde ich der Herr der Welt sein, nur Russland bleibt; aber ich werde sie vernichten ... Ich werde dann auch der Herr der Meere sein, und jeder Handel wird durch meine Hände gehen.“ Die „Freundschaft“ der beiden Kaiser war, gelinde gesagt, wackelig. „Er ist ein echter Byzantiner“, sagte Napoleon über Alexander, der als sehr ausweichend und verschlossen galt.
2. Russland beteiligte sich nicht an der Blockade gegen Großbritannien
Nach dem Vertrag von Tilsit sollte sich Russland der Kontinentalblockade gegen den britischen Seehandel anschließen: Großbritannien sollte der Export von Waren nach Kontinentaleuropa unmöglich gemacht werden. Und was haben die Briten damals hauptsächlich exportiert? Eisen und Stoffe – was jede Armee für Waffen und Uniformen benötigt. Mit der Blockade wollte Napoleon somit auch die Armeen der europäischen Länder, einschließlich Russlands, schwächen.
Aufgrund der Blockade ist der russische Getreideexport nach Angaben des russischen Historikers Lubomir Beskrowny um das Vierfache zurückgegangen. Die Blockade war eindeutig das Gegenteil von dem, was Russland als politische Macht wollte und brauchte - genau wie andere europäische Staaten. Napoleons direkter Befehl an seine Marine, die Handelsschiffe verschiedener Nationen, die die Blockade durchbrachen, zu erobern und aufzuhalten, war oft nutzlos. 1810 setzte Russland den Handel mit Großbritannien fort und erhöhte die Zölle auf französische Waren. Dies war ein Affront.
3. Napoleon war beleidigt, weil er von zwei russischen Prinzessinnen zurückgewiesen wurde
In Napoleons Adern floss kein blaues Blut, also wollte er doch zumindest in ein Königshaus einheiraten. Zweimal machte er russischen Prinzessinnen Heiratsanträge. Auf diese Weise hoffte er auch, mehr Einfluss auf die russische Politik zu erlangen. 1808, kurz nach dem Vertrag von Tilsit, übermittelte der französische Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand an Alexander persönlich Napoleons Antrag, Alexanders Schwester Großherzogin Katharina Pawlowna (1788-1819) heiraten zu dürfen. Alexander lehnte ab, ganz wie es für ihn typisch war, ohne sich näher dazu zu äußern.
1810 machte Napoleon der 14-jährigen Anna Pawlowna (1795-1865), der späteren Königin der Niederlande und ebenfalls einer Schwester Alexanders, einen Antrag. Auch dies wurde abgelehnt und Napoleon ehelichte rasch Marie Louise (1791-1847), die Tochter des österreichischen Kaisers Franz I. (1768-1835). Seine Absichten waren offensichtlich: Napoleon brauchte dieses Bündnis mit Österreich, wenn er einen Krieg mit Russland wollte. Diese Heirat verschärfte die ohnehin schon angespannte Beziehung der beiden Länder.
4. Russland verbündete sich mit Schweden, das sich aus Napoleons Koalition verabschiedete
Napoleon hatte es geschafft, eine internationale europäische Armee aufzustellen. Nur ein Staat, nämlich Schweden, weigerte sich, die Grande Armée zu unterstützen. Dort war es Jean-Baptiste Bernadotte (1763-1844), einem ehemaligen Marschall des französischen Reiches, durch geschicktes Intrigenspiel gelungen, König Karl XIV. Johann von Schweden wurde. Mit seinem Wunsch, ein unabhängiger Souverän zu sein, passte er nicht in Napoleons System und sie wurden zu Feinden. Im Januar 1812 besetzte Napoleon das schwedische Pommern. Im März beschloss Bernadotte, sich mit den Russen zu verbünden. Alexander versprach Bernadotte, ihn dabei zu unterstützen, auch König von Norwegen zu werden (was später tatsächlich geschah).
Das Bündnis mit Schweden war für Russland entscheidend. Kurz darauf, am 28. Mai 1812, unterzeichnete Russland mit dem Osmanischen Reich den Vertrag von Bukarest, der einen sechsjährigen Krieg beendete. Die Osmanen haben sich ebenfalls verpflichtet, sich aus ihrem Bündnis mit Frankreich zurückzuziehen. Der vom russischen Befehlshaber Michail Kutusow unterzeichnete Vertrag wurde 13 Tage vor Napoleons Einmarsch in Russland von Alexander I. ratifiziert.