Hohe Ehre: Wie wurde man zum Helden der Sowjetunion?

12.777 Personen durften sich Held der Sowjetunion nennen. Zwei davon erhielten die höchste Auszeichnung der UdSSR gleich vier Mal.

Ein Held der Sowjetunion zu werden, war die höchste Ehre, die einem Sowjetbürger zuteilwerden konnte. Der seit 1934 verliehene Titel war verbunden mit der Verleihung des Lenin-Ordens und einer Ehrenurkunde. 

Pilot Anatolij Ljapidewski, Held der Sowjetunion. Er nahm an der Rettung der Teilnehmer der Tscheljuskin-Expedition teil.

1939 wurde eine besondere Medaille zum Titel eingeführt, die als Goldener Stern bekannt war. Ursprünglich war auf der Rückseite „Held der SS“ eingraviert, denn SS ist die Abkürzung für Sowjetski Sojus, Sowjetunion. Die unglückliche Verbindung mit der berüchtigten Nazi-Organisation führte jedoch dazu, dass die Inschrift später in „Held der UdSSR“ geändert wurde. 

Die ersten Helden der UdSSR waren sieben Piloten, die die Passagiere des Dampfschiffes Tscheljuskin retteten. Das Schiff geriet in Packeis und sank am 13. Februar 1934 in der Tschuktschensee. 104 Menschen waren auf einer großen Eisscholle gefangen, darunter Frauen und Kinder. Innerhalb von zwei Monaten retteten die Piloten mit 23 Flügen alle Passagiere.

Die Rettung der Tscheljuskin-Expedition

In den 1930er Jahren, als die Luftfahrt große Fortschritte machte, erhielten Piloten den Titel recht häufig. Sie stellten immer neue Geschwindigkeitsrekorde auf oder meisterten bislang unvorstellbare Langstreckenflüge. Im Juli 1936 überflog zum Beispiel Waleri Tschkalow mit seinem Team in 56 Stunden an Bord eines ANT-25-Flugzeugs fast das gesamte Gebiet der Sowjetunion.

Von den 60 Helden der Sowjetunion im spanischen Bürgerkrieg waren 54 Piloten. 

Alexander Baljakow, Waleri Tschkalow und Georgi Bajdjukow

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Doch nicht nur Militärs konnten die hohe Auszeichnung erlangen. Zum Beispiel wurde der Titel auch den Wissenschaftlern der ersten sowjetischen Eisdriftstation Nordpol-1 verliehen, die 274 Tage auf einer Eisscholle im Arktischen Ozean drifteten.

Iwan Papanin, der Chef der Eisdriftstation Nordpol-1

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Während des kurzen, aber blutigen Winterkrieges der Roten Armee gegen Finnland wurden mehr als 400 Soldaten als Helden der Sowjetunion ausgezeichnet.

Einige versuchten, die Situation auszunutzen, da Auszeichnungen häufig ohne Prüfung verliehen wurden. Eine Person ging dabei besonders dreist vor. Mit gefälschten Dokumenten gelang es dem Betrüger und Kriminellen Walentin Purgin, der sich bereits eine Anstellung als Kriegsberichterstatter erschlichen hatte, den Heldentitel verliehen zu bekommen, obwohl er nicht einen einzigen Tag als Soldat gedient hatte. Die Täuschung wurde jedoch bald aufgedeckt und der vermeintliche Held erschossen. Der Prüfprozess wurde verschärft. 

Walentin Purgin

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Mehr als 90 Prozent aller Auszeichnungen des Titels Held der Sowjetunion wurden während des Großen Vaterländischen Krieges gegen Nazideutschland und seine Verbündeten vergeben – an insgesamt 11.657 Männer und Frauen. Wieder einmal waren die Piloten ganz vorne dabei. 

Die ersten Helden waren Kampfpiloten an der Nordfront, die mangels Feuerkraft feindliche Flugzeuge rammten. Ihnen folgten Grenzschutzbeamte, Infanteristen, Panzerbesatzungen, die Mitglieder anderer Einheiten, aber auch Partisanen. 

Sowjetischer Pilot und dreifacher Held der Sowjetunion Iwan Koschedub

154 Menschen wurde der Titel gleich zweimal verliehen und drei konnten sich sogar dreimal als Held der Sowjetunion rühmen: Die Fliegerasse und Marschälle Iwan Koschedub und Alexander Pokryschkin sowie Marschall Semjon Budjonny. Marschall Georgi Schukow und Leonid Breschnew, Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU, wurden sogar viermal ausgezeichnet.

Leonid Breschnew

Es reichte nicht aus, diese höchste Ehrung zu erhalten, man musste sich ihrer auch würdig erweisen. 72 Personen wurde der Titel wieder aberkannt. Einige wechselten in Gefangenschaft auf die Seite des Feindes, andere schlugen in der Nachkriegszeit kriminelle Wege ein und wurden zu Räubern, Mördern und Vergewaltigern. 

Wassili Grigin wurde wegen böswilligen Rowdytums, Diebstahls und schwerer Körperverletzung der Titel des Helden der Sowjetunion aberkannt.

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Nicht nur Sowjetbürger konnten Helden der UdSSR werden. Französische Piloten des Jagdgeschwaders Normandie-Niemen und Soldaten der polnischen und tschechoslowakischen Einheiten (in der Sowjetunion ausgebildet und an der Ostfront gegen die Nazis eingesetzt) ​​erhielten diese höchste Auszeichnung ebenfalls. 

Der Goldene Stern wurde auch Führern sowjetfreundlicher Länder überreicht. Die größte Gruppe der Titelträger in der Nachkriegszeit stellten jedoch Kosmonauten und Astronauten, darunter auch einige Ausländer, die im Rahmen des Interkosmos-Programms mit sowjetischen Raumschiffen flogen. 

Juri Gagarin, Pawel Popowitsch, Walentina Tereschkowa und Nikita Chruschtschow

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Der letzte Held der Sowjetunion war Kapitän Leonid Solodkow. Er wurde für Mut und Heldentum ausgezeichnet, weil er eine neue Taucherausrüstung erfolgreich getestet hatte. Das Dekret wurde am 24. Dezember 1991 unterzeichnet, zwei Tage bevor die UdSSR offiziell aufhörte zu existieren. Aufgrund bürokratischer Verzögerungen erhielt Solodkow die Auszeichnung erst im Januar des folgenden Jahres. Bei der Verleihung schien der übliche Satz: „Ich diene der Sowjetunion“ plötzlich unangemessen, so sagte Solodkow einfach nur „Danke!“. 

Leonid Solodkow

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