„Kunst and Albers“, Wladiwostok, 1880. L-r: Gustav Albers, Gustav Kunst, Adolf Dattan, mit Partnern.
gemeinfreiDie in Russland neu entstandenen Städte hatten einen großen Bedarf an Waren. Sie waren weit entfernt von Moskau, der Hauptstadt des Russischen Reichs. Logistik und Handel sahen sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Einige Kaufleute haben sie angenommen, nicht ohne dabei die eigenen Interessen aus den Augen zu verlieren.
„Kunst and Albers“-Kaufhaus
ArchivfotoDie deutschen Geschäftsmänner Gustav Kunst und Gustav Albers, die später Partner wurden, trafen sich erstmals in China. Die beiden hatten erkannt, dass die Franzosen und Briten eine starke Konkurrenz auf dem chinesischen Markt waren. Sie orientierten sich also Richtung Wladiwostok und lagen damit goldrichtig. 1862 erhielt Wladiwostok den Status „Porto Franco“ (freie Wirtschaftszone). Es galt Steuerfreiheit auf Waren. Kunst und Albers gründeten 1864 ihr Geschäft in Wladiwostok.
Das ehemalige Kaufhaus „Kunst and Albers“ heute
Legion MediaDie Kaufleute wussten, dass die Stadt expandieren würde und damit würde auch die Nachfrage nach Waren steigen. Sie versorgten Wladiwostok mit allem - von Haushaltsgegenständen bis hin zu Lebensmitteln, Kleidung und Schmuck. Die meisten Lieferungen kamen aus China.
Das Geschäft lief gut und 1884 eröffneten die deutschen Kompagnons ihr erstes Kaufhaus im Zentrum von Wladiwostok. Das Gebäude ist bis heute erhalten. Es ist ein beeindruckendes dreistöckiges Bauwerk, das vom damaligen jungen deutschen Architekten Georg Junghandel entworfen wurde. Es ist noch heute eines der bekanntesten Gebäude der Stadt.
Es folgten weitere Niederlassungen im russischen Fernen Osten, in Chabarowsk, Blagoweschtschensk, Nikolajewsk-am-Amur und anderen Orten. Die Expansion wurde auf andere Regionen Russlands und darüber hinaus ausgedehnt: unter anderem auf Moskau, St. Petersburg, Odessa, Kiew, Warschau und Riga.
Das Kaufhaus in Chabarowsk
ArchivfotoKunst und Albers haben Russland auch als Philanthropen geprägt. Unter den von ihnen finanzierten Projekten befand sich eine lutherische Kirche - bis heute das älteste Gotteshaus in Wladiwostok.
Das deutsche Handelsimperium wurde von Albers Sohn Vincent Alfred und einem der Geschäftspartner von Kunst und Albers, Adolph Dattan, geleitet.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, erschien bald ein Artikel in den russischen Medien, in dem das Handelsgeschäft von Kunst und Albers beschuldigt wurde, ein Spionagenest zu sein. Trotz seines Adelstitels und des großen Ansehens in der einheimischen Bevölkerung wurde Adolph Dattan verhaftet und zu Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. Es heißt, dass die Konkurrenz bei seiner Verurteilung die Finger im Spiel gehabt hatte und den Status Deutschlands als feindliche Nation zu ihrem Vorteil nutzte.
Dattan kehrte 1919 nach Wladiwostok zurück, wo er das Geschäft bis zu seinem Tod 1924 weiterführte.
In den späten 1920er Jahren wurde das Handelsimperium von den Bolschewiken verstaatlicht. 1934 wurde aus „Kunst und Albers“ in Wladiwostok das Hauptkaufhaus. So heißt es noch heute. Das gleiche ist in Chabarowsk geschehen. Auch dieses Kaufhaus existiert noch.
Nikolai Tifontai
gemeinfreiJi Fengtai wurde in der ostchinesischen Provinz Shandong geboren. Er besuchte Russland zum ersten Mal im Jahr 1873 als Dolmetscher. Die Stadt Chabarowsk wurde zur Basis seiner Geschäfte.
Zuerst eröffnete Ji eine Werkstatt. Später errichtete er ein Mietshaus, es folgten eine Tabakfabrik und eine Mühle. Je mehr seine Geschäfte expandierten, desto philanthropischer wurden seine Aktivitäten in Chabarowsk. „Tifontai“, wie er unter den Russen genannt wurde, spendete große Geldsummen für wohltätige Zwecke und kümmerte sich um die Belange der Öffentlichkeit.
Der Chinese war dafür verantwortlich, dass Chabarowsk immer gut versorgt war. Die Emotionen waren jedoch nicht immer positiv. Früher waren die Einheimischen besorgt über die wachsende chinesische Bevölkerung in der Region.
Tifontai selbst hatte sich anscheinend in seine zweite Heimat verliebt und tat, was er konnte, um sie zu fördern. 1886 nahm er an Grenzverhandlungen zwischen China und dem Russischen Reich teil. Einige chinesische Wissenschaftler gehen davon aus, dass er tatsächlich die Chinesen betrogen hat, die infolgedessen den Grenzpfosten an der falschen Stelle gesetzt haben.
Tifontai hat sich erfolglos um die russische Staatsbürgerschaft bemüht. Der russische Gesetzgeber forderte, dass er zum orthodoxen Christentum konvertiert und „seinen traditionellen chinesischen Pferdeschwanz abschneidet“. Tifontais Verweigerung führte dazu, dass sein Antrag jedes Mal abgelehnt wurde. Erst 1893 war er erfolgreich und von diesen Tagen an wurde aus Ji Fengtai „Nikolai Iwanowitsch Tifontai“.
Manche historische Quellen - von denen einige als urbane Legenden abgetan wurden - besagen, dass der zukünftige Kaiser von Russland, Nikolaus II., 1891 selbst Tifontais Laden besuchte. Der chinesische Kaufmann erkannte den Thronfolger angeblich nicht, der dort nach hochwertigen Stoffen suchte. Der zukünftige Kaiser war Berichten zufolge von der ausgezeichneten Beratung sehr angetan und bot Tifontai aus Dankbarkeit einen Regierungsposten an. Der Chinese lehnte ab, heißt es in der Legende. Nikolaus verlieh ihm dann den höchsten Titel, der für einen Händler möglich war.
Tifontai gründete eine Familie, aber es gibt nur wenige Informationen darüber. Es ist nur bekannt, dass seine Kinder nach Zentralrussland in die Schule geschickt wurden.
Tifontais Haus in Chabarowsk
Andshel (CC BY-SA 3.0)Nikolai Iwanowitsch starb 1910. Er ist in seiner Heimatstadt Harbin begraben, wie in seinem Testament festgelegt. Er war Kaufmann der 1. Gilde, erhielt zwei russische Orden für die Versorgung der russischen Armee während des Krieges gegen Japan und für seinen Beitrag zur Entwicklung von Chabarowsk: den Stanislaw-Orden 3. Klasse und den Stanislaw-Orden 2. Klasse.
Die Gebäude, die einst die Geschäfte von Tifontai beherbergten, stehen bis heute. Diese historischen Bauten erinnern an Chabarowsks Vergangenheit als wichtiges Handelszentrum und an Tifontai - den berühmten Chinesen, der Russland zu seiner zweiten Heimat gemacht hat.
Tifontais Kaufhaus in Chabarowsk
Andshel (CC BY-SA 3.0)Die Geschäfte wurden in etwa solange betrieben wie das der beide Gustave. Die Bolschewiken verstaatlichten sie.
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