Warum wurde aus Wladimir Uljanow Wladimir Lenin?

Getty Images; Russia Beyond
Der berühmteste fiktive Nachname, den Wladimir Uljanow jemals verwendet hat, ist zweifellos Lenin. Aber es war nur einer von ungefähr 150 Decknamen. Woher stammt das legendäre Pseudonym?

Die Bolschewiki nutzten bevorzugt Decknamen. Es war üblich, gleich mehrere fiktive Namen zu verwenden. Die echten Namen blieben geheim, sowohl im Untergrund als auch in der Presse. Wladimir Uljanow, der Ur-Vater des Proletariats, hatte besonders viele Namen, nämlich 146, davon waren 17 ausländische und 129 russische. Damit hatte Lenin fünfmal mehr Decknamen als Josef Stalin. Der berühmteste war wohl eben jener „Lenin“, den Wladimir Uljanow in der Politik und zur Unterzeichnung seiner Schriften nutzte. Uljanow selbst hat nie erklärt, woher der Name stammte. Es gibt drei mögliche Erklärungen. 

1. Es ist der Name eines Flusses oder Spott unter Kommunisten 

Die Pseudonyme, die von gebräuchlichen russischen Namen abgeleitet wurden, waren in revolutionären Kreisen am weitesten verbreitet. Daher wird oft vermutet, dass Lenin vom weiblichen Vornamen „Lena/Elena“ stammte. Jedoch ist es wahrscheinlicher, dass als Inspiration keine Frau diente, sondern der russische Fluss Lena. 

Olga Uljanowa, Lenins Nichte, erinnerte sich: „Ich habe Grund zu der Annahme, dass… das Pseudonym vom Namen des Flusses Lena stammt… Wladimir Iljitsch entschied sich nicht für den Namen Wolgin (von der Wolga), da er damals überbeansprucht worden war, vor allem von Menschen wie Plechanow.“ Es ist auch nach Ansicht mancher Wissenschaftler durchaus möglich, dass ein Fluss tatsächlich Namenspate war. Andere glauben dagegen, Lenin habe den Namen nur gewählt, um sich über Georgi Plechanow - ein Menschewik - lustig zu machen, der sehr intensiv den Namen „Wolgin“ nutzte. 

2. Der Name stammt aus dem Pass eines angeblich toten Diplomaten 

Das erste Mal verwendete der bolschewistische Führer den Namen „N. Lenin“ 1901, um einen seiner Aufsätze zu unterschreiben. Es wurde zur Gewohnheit und der Name geläufig. Dies war genau zu der Zeit, als eine Freundin Lenins ihm den Pass ihres Vaters mit einem gefälschten Geburtsdatum übergab. Der Name des Mannes war Nikolai Jegorowitsch Lenin. 1890 musste Uljanow das Land verlassen, daher brauchte er neue Dokumente. 

Wladimir Lenin im Jahr 1900

Der Historiker Wladlen Loginow (der Name „Wladlen“ wird übrigens aus den Worten „Wladimir Lenin“ gebildet) geht davon aus, dass Lenin nach seiner Abreise aus Russland beschlossen habe, den Namen, den er mit dem neuen Pass erhalten hatte, beizubehalten. Aber was steckt hinter dem Namen selbst? Nun, die Lenins waren Adelige - der Titel wurde im 17. Jahrhundert einem Kosaken für seine Leistungen bei der Eroberung Sibiriens verliehen. Jener Kosake verbrachte den Winter an den Ufern des Flusses Lena. Nikolai Jegorowitsch Lenin, Vater von Uljanows Genossin, war sein Nachkomme, der in den Rang eines Beraters im Staatsdienst aufstieg. Nach seiner Pensionierung ließ er sich in der damaligen Provinz Jaroslawl nieder. 

Ein wenig Zweifel an dieser Erklärung lässt der Umstand aufkommen, dass jener Nikolai Lenin erst 1902 starb, also ein Jahr nachdem Lenin angeblich begann, seinen Namen zu nutzen. 

3. Lenin war ein Bewunderer Leo Tolstois 

Der Schriftsteller Leo Tolstoi hat eine Erzählung mit dem Titel „Die Kosaken“ verfasst. Der Protagonist trägt den Nachnamen „Olenin“. Er wird zur Zwangsarbeit in den Kaukasus geschickt und lernt das Leben abseits der Zivilisation zu schätzen.

Lenin liebte die Werke von Tolstoi. Seine Frau Nadeschda Krupskaja erinnerte sich daran, dass Lenin „Die Kosaken“ vor seiner eigenen Verbannung nach Sibirien im Jahr 1897 gelesen habe. Tolstoi war für Lenin „der Spiegel der russischen Revolution“. Laut dem Historiker Aleksei Golenkow gibt es guten Grund zu der Annahme, dass der Nachname des Protagonisten die wahre Inspirationsquelle für den berühmten Decknamen „Lenin“ des Wladimir Uljanow war. 

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