„Das kleine blaue Licht“: Sieben Fakten über die bekannteste Neujahrsshow der Sowjetunion

Anatolij Kowtun/МАММ/МDF
Sowjetische Künstler rissen sich um die Möglichkeit, in der bekanntesten sowjetischen Sendung zum Jahreswechsel auftreten zu können.

1.

„Das kleine blaue Licht“ war die erste Unterhaltungs-Talkshow im sowjetischen Fernsehen. Ursprünglich hieß (rus) sie Fernsehcafé. Prominente und gewöhnliche Menschen, erzählten interessante Geschichten und plauderten entspannt miteinander. Anfangs wurde die Sendung in einem echten Café gedreht, später wurde ins Studio gewechselt und die Sendung fand in festlichen Kulissen statt. 

Die ersten Ausgaben der Sendung, die in den 1960er Jahren herauskamen, wurden jedes Wochenende live übertragen. Später wurde das Programm am Silvesterabend und am Internationalen Frauentag ausgestrahlt, aber als Aufzeichnung. 

L-r: sowjetische Kosmonauten Waleri Bykowski, Andrian Nikolajew und Walentina Tereschkowa

2.

Der neue Name der Sendung, „Das kleine blaue Licht“, geht auf eine Funktion der damals neuartigen „Rekord“-TV-Geräte zurück, die ab den frühen 1960er Jahren von der Alexandrow-Radiofabrik gebaut wurden. Es waren weiterhin Schwarz-Weiß-Geräte, doch der Bildschirm hatte einen bläulichen Schimmer, was die Macher von „Das kleine blaue Licht“ zur Namensgebung inspirierte. 

3.

Einer der ersten und denkwürdigsten Gäste in „Das kleine blaue Licht“ war Juri Gagarin (rus), der erste Mann im All. Es gibt sogar eine Aufnahme einer Neujahrsansprache von ihm. Juri Gagarin war häufiger in Sketchen zu sehen und bereitete eine Sonderausgabe anlässlich des Weltfrauentages mit vor.  

Einen der denkwürdigsten Auftritte in der Geschichte der Sendung hatte der sowjetische Sänger Josef Kobson, der ein Lied namens „Kuba, Meine Liebe“ verkleidet als Che Guevara, mit falschem Bart und einem Sturmgewehr in den Händen präsentierte. 

4.

Jede Ausgabe der Sendung dauerte zwei Stunden (rus), aber die Vorbereitungen dafür begannen schon im August. Ab dem Ende des Sommers stellten potenzielle Darsteller ihre Nummern vor, sie wurden in der Hauptabteilung für Musikprogramme geprüft. Die eigentlichen Dreharbeiten begannen im September. Oft wurde die Programmauswahl erst wenige Stunden vor Neujahr in den fernöstlichen Regionen des Landes endgültig abgeschlossen. Es war nicht leicht, in der Sendung auftreten zu dürfen. Bis zu 20 Komiker kämpften schon vorab in Auswahlwettbewerben um den einzigen Platz in der Show. 

5.

Angeblich wurde in den ersten Sendungen Alkohol ausgeschenkt. Den Gästen sei Sowetskoje-Champagner kredenzt worden, behauptete (rus) der Fernsehmoderator Igor Kirillow in einem Interview für die Zeitung „Komsomolskaja Prawda“. Ihm zufolge wurden während der Dreharbeiten zu jeder Sendung mehrere Kisten Champagner konsumiert.

„Nicht alle Interpreten und Komponisten kannten ihr Limit, deshalb wurde ihnen Apfelwein in Champagnerflaschen serviert“, so Kirillow.

Die Gäste brachten auch ihren eigenen Alkohol mit und tranken heimlich Cognac vor der Aufzeichnung. In den 1970er Jahren wurden die Spirituosen durch Limonade oder farbiges Wasser ersetzt, während Obst und Süßigkeiten auf den Tischen aus Pappmaché waren. 

6.

In den 1990er Jahren wurde „Das kleine blaue Licht“ vorübergehend eingestellt und kehrte erst 1998 auf die Fernsehbildschirme zurück. Während der Sowjetzeit sangen die Darsteller nur russischsprachige Lieder, während heutzutage auch gerne Coverversionen von ABBA-Songs oder der Hit „Sex Revolution“ von „Army of Lovers“ präsentiert werden, was zu Sowjetzeiten undenkbar gewesen wäre. Die Gäste der Show waren nunmehr ausschließlich Prominente. 

7.

Heutzutage gibt es mehrere Neujahrsshows in allen wichtigen nationalen russischen Fernsehsendern, die mit „Das kleine blaue Licht“ vergleichbar sind: 

Silvester auf „Kanal 1“, die Neujahrs-Starparade auf „Rossija 1“ und die Neujahrsausgabe „Das kleine blaue Licht“. Oft ernten diese Sendungen negative Kritik für flache Witze und eine aufgesetzte Atmosphäre. Häufig treten dort Jahr für Jahr dieselben Künstler auf, die für ein jüngeres Publikum nicht interessant sind.  

Die Zuschauerzahlen der Fernsehsender am Silvesterabend sind insgesamt stetig gesunken (rus). Zum Beispiel verlor „Kanal 1“ am Silvesterabend 2019 556.000 Zuschauer im Vergleich zum Vorjahr (minus 8,69 Prozent), während die Zuschauerzahl von „Rossija 1“ um 222.000 Personen zurückging (ein Rückgang von 3,42 Prozent gegenüber dem Vorjahr).

Im November 2020 forderte Sänger Waleri Meladse seine Kollegen auf, dieses Jahr nicht im Neujahrsfernsehprogramm aufzutreten, um auf die Probleme der Unterhaltungsindustrie durch die Pandemie aufmerksam zu machen. Viele Künstler mussten ihre Tourneen absagen und verloren ihre Einnahmen wegen des Lockdowns. „Vielleicht wird dann endlich jemand bemerken, dass es eine ganze Branche gibt, in der Zehntausende Menschen seit vielen Monaten ohne Arbeit sind“, sagte Meladse in einem Beitrag (rus) auf Instagram.

Doch „Das kleine blaue Licht“ wird auch dieses Jahr an Silvester auf russischen Fernsehbildschirmen zu sehen sein (rus). Alle Künstler und die Gäste werden ohne Masken auftreten. 

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