Alexander Korotkow: Sowjetischer Meisterspion und eiskalter Killer

Geschichte
NIKOLAJ SCHEWTSCHENKO
Er warnte die UdSSR vor dem bevorstehenden Angriff der Nazis und eliminierte die Feinde der Sowjetunion.

Als ein übergelaufener sowjetischer Spion namens Georgi Agabekow unberechtigterweise aus der Türkei, wo er vom sowjetischen Geheimdienst eigesetzt war, nach Paris floh, verurteilte die sowjetische Geheimpolizei den Überläufer in Abwesenheit zum Tode. Hinter dem Komplott zur Ermordung des Überläufers steckte Alexander Korotkow, ein junger Geheimdienstoffizier, der bis vor kurzem noch ein einfacher Aufzugstechniker in der Lubjanka war.

Die Anfänge

Alexander Korotkow war ursprünglich nicht dazu bestimmt, ein berüchtigter Spion zu werden. Als Spross einer armen Familie musste er seinen Traum vom Studium an der Moskauer Staatsuniversität zugunsten einer Arbeit als Techniker aufgeben, um seine alleinerziehende Mutter zu unterstützen.

Der junge Mann spielte Tennis, um seinem eintönigen Alltag zu entfliehen und beim Tennisspiel fügte sich auch sein Schicksal. Der Verlauf seines Lebens änderte sich dramatisch.  

Korotkow spielte Tennis im Sportverein Dynamo und diente gelegentlich auch als Balljunge. So auch bei einem Match von Wenjamin Herson, einem Mitarbeiter der Gemeinsamen Staatlichen Politischen Direktion, der Geheimpolizei der Sowjetunion alias OGPU.  

„Wer in den Dynamo-Verein eintreten wollte, musste beim OGPU arbeiten. Ansonsten war es unmöglich, ein Dynamo-Spieler zu werden", sagt der Historiker Theodore Gladkow.  

Herson verschaffte Korotkow eine Anstellung als Aufzugstechniker in der Lubjanka, dem damaligen Hauptquartier der Geheimpolizei.

Vielleicht wollte Herson dem jungen Mann nur helfen, seine sportliche Karriere voranzutreiben, aber das Leben schien andere Pläne zu haben. Nachdem er nur ein paar Monate als Techniker gearbeitet hatte, stieg Korotkow in den Rang eines Sachbearbeiters auf und wurde bald darauf persönlicher Assistent eines OGPU-Mitarbeiters. Damit begann Korotkows außergewöhnliche Karriere.

Eiskalter Killer

Korotkow wechselte in eine Direktion der Geheimpolizei.

Die Geheimdienstchefs zollten den außergewöhnlichen Qualitäten des jungen Spions Tribut und investierten in Korotkow, um ihn zu einem hocheffizienten - und tödlichen - nachrichtendienstlichen Aktivposten der Sowjetunion zu machen, einem Land, das rücksichtslos mit seinen politischen Feinden im Ausland umging.

Eines der ersten Ziele Korotkows war Georgi Agabekow, ein berüchtigter sowjetischer Spion und Überläufer, der sein Geld damit verdiente, höchst kompromittierendes Material über den sowjetischen Geheimdienst zu veröffentlichen.

Als ehemaliger Agent im Iran destabilisierten Agabekows Veröffentlichungen die sowjetischen Positionen im Land und kompromittierten eine Reihe von sowjetischen Undercover-Geheimdienstagenten, die dadurch ihr Leben verloren.

Nachdem er den Befehl erhalten hatte, den Schuldigen zu töten, ersann Korotkow einen Plan, der darauf abzielte, Agabekow zu einem geheimen Treffpunkt in Paris zu locken, indem er ein Geschäft zum Schmuggel von Edelsteinen vorschlug, die angeblich in Spanien gestohlen worden waren. Der Überläufer nahm den Köder an und landete bald darauf in einem Koffer verpackt auf dem Grund der Seine.

Weitere politische Morde folgten. In einem privaten Brief an den Chef des sowjetischen Sicherheitsapparats Lawrenti Beria beschrieb Korotkow eine Episode, in der er angeblich einen Anhänger Trotzkis enthauptete, und schrieb, dass er „die unheimlichste, unangenehmste und gefährlichste Arbeit" verrichtete, während er im Einsatz war.

Hinter feindlichen Linien

Doch schon bald zeigte sich auch Korotkows Talent für das Sammeln von Geheimdienstinformationen und die Pflege nachrichtendienstlicher Quellen im Ausland. Er wurde kurz vor Ausbruch des Krieges mit der Sowjetunion in verdeckter Mission nach Nazi-Deutschland geschickt.

Korotkows Aufgabe war es, Verbindungen zu Schläferagenten in Nazideutschland herzustellen und die Sowjetunion mit Informationen über die militärische Forschung und Entwicklung der Nazis zu versorgen.

Einige Monate vor dem Überfall der Nazis auf die UdSSR warnte Korotkow Moskau vor dem bevorstehenden Angriff. „Die erwähnte Quelle hat kürzlich erklärt, dass der Angriff auf die Sowjetunion eine beschlossene Sache ist“, hieß es in Korotkows Notiz an Beria.

Obwohl Korotkows Nachricht die geheimen Depeschen anderer sowjetischer Spione bestätigte, ist bekannt, dass Stalin die alarmierenden Warnungen ignorierte.

Als der Krieg schließlich ausbrach, fand sich Korotkow in der sowjetischen Botschaft in Berlin eingeschlossen, die von der SS gesichert wurde. Es gelang Korotkow, den Anführer des SS-Trupps zu überzeugen, ihn für eine kurze Zeit herauszulassen.

Unter dem Vorwand, seine Freundin zu treffen, traf sich Korotkow mit einer Reihe von sowjetischen Geheimdienstagenten in Nazi-Deutschland, um ihnen Geld und Ausrüstung zu übergeben, damit sie ihre Missionen während des Krieges fortsetzen konnten.

Noch überraschender war, dass es Korotkow gelang, aus Nazideutschland zu entkommen und Moskau zu erreichen, wo er neue sowjetische Geheimdienstagenten ausbildete und darauf vorbereitete, hinter den feindlichen Linien zu arbeiten.  

Nach dem Krieg kehrte Korotkow in das besetzte Deutschland zurück. „Er war einer der Begründer des ostdeutschen Geheimdienstes. Es genügt zu sagen, dass er mit einer Person wie Heinz Felfe, einem hochrangigen Spion in Westdeutschland, in Kontakt war. Diese Person wird der deutsche Philby genannt. Er hatte sehr wichtige Positionen im [west]deutschen Nachrichtendienst inne und war eine der wertvollsten Quellen für die sowjetische Spionageabwehr", schrieb der Autor Jan Edynak über Alexander Korotkow.

Korotkow blieb bis zu seinem Tod am 27. Juni 1961 in politische und geheimdienstliche Aktivitäten eingebunden. Der 51-jährige Korotkow, damals Generalmajor, starb beim Tennisspielen im Dynamo-Club in Moskau an einem Aortenriss. Er ging als einer der bemerkenswertesten Geheimdienstler der UdSSR in die Geschichte ein.