Das tragische Schicksal des größten sowjetischen Luftschiffes (FOTOS)

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Der Zeppelin SSSR-V6 setzte Maßstäbe in der Luftschifffahrt, fand aber ein tragisches Ende.

Russland begann bereits vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Bau eigener Luftschiffe, doch handelte es sich dabei meist um übernommene ausländische Modelle oder im Ausland bestellte Flugzeuge. Im Jahr 1920 erschien der erste sowjetische Zeppelin. Drei Jahre später wurde eine Organisation mit dem Namen Air Center gegründet, die mit der Entwicklung der sowjetischen Zeppeline beauftragt war. 

Der Zeppelinbau wurde nach der Gründung des Unternehmens „Dirizhablestroy“ („Zeppelinbau“) in Dolgoprudny bei Moskau aktiver. Das größte der acht Luftschiffe war ein Zeppelin mit der Kennung SSSR-V6, der 1934 gebaut wurde. Er wurde zu Ehren von „Osoaviakhim“ benannt - einer Organisation, die sich für die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit der UdSSR einsetzte. Die Konstruktion der SSSR-V6 basierte auf dem italienischen Luftschiff „N-4“, jedoch mit erheblichen Änderungen entsprechend der früheren sowjetischen Luftschiff-Erfahrung. 

Die SSSR-V6 war 104,5 Meter lang, hatte einen Durchmesser von 18,8 Metern und konnte bis zu 8,5 Tonnen Fracht befördern. Der erste Flug von „Osoaviakhim“ fand am 5. November 1934 statt. Dieser Flug dauerte eine Stunde und 45 Minuten. Weitere Testflüge bewiesen, dass die Maschine auch regulär eingesetzt werden konnte.

Die Luftfahrtenthusiasten wählten die SSSR-V6, um einen Rekord aufzustellen: den längsten Flug ohne Landung und Betankung. Das deutsche Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“ hielt diesen Rekord: Es war 1935 119 Stunden lang ununterbrochen in der Luft.

Die Vorbereitungen dauerten zwei Wochen. Alle Instrumente und das Luftschiff selbst wurden gründlich überprüft, der Rumpf wurde mit Gas gefüllt und lackiert. Der Flug begann am 29. September 1937 um 6:48 Uhr morgens. Die 16 Besatzungsmitglieder hatten eigentlich nicht die Aufgabe, einen Rekord aufzustellen, sondern sollten einfach nur so lange fliegen, wie sie konnten. Ihre Route war vorher geplant und 2.800 Kilometer lang. Die Aeronauten mussten mehrere große Städte wie Nowgorod (heute Weliki Nowgorod), Kasan und Kursk überfliegen. Um ihren Weg zu markieren, musste die Besatzung bei Erreichen bestimmter Orte wie Nowgorod Nachrichtenbeutel (kleine Behälter mit Fallschirmen) abwerfen. Am folgenden Tag gerieten die Aeronauten in einen Wirbelsturm. Am 1. Oktober änderte die Besatzung die Route und drehte ein wenig nach Westen ab, um dem schlechten Wetter zu entgehen. 

Nach dem Wirbelsturm hatte die Besatzung keine neuen Schwierigkeiten und erreichte am 3. Oktober Wassilsursk - die Siedlung, in der sie umdrehen und direkt nach Moskau zurückfliegen sollte, um den Flug zu beenden. Nachdem mehr als 100 Flugstunden vergangen waren, begriff die Besatzung, dass ihre Aufgabe erfüllt war, aber sie verfügte über genügend Ressourcen, um den Flug fortzusetzen, und die Bodenkontrolle erlaubte der SSSR-V6, weitere 24 Stunden in der Luft zu verbringen und am 5. Oktober um 17 Uhr zu landen. Deshalb drehte die Besatzung von Moskau nach Wladimir ab, kehrte zurück und landete um etwa 17.15 Uhr. Die sowjetische Verwaltung stand dieser Leistung jedoch recht skeptisch gegenüber: Die Besatzung erhielt einen geringen Geldbetrag, doch die Luftschiffindustrie keine zusätzliche Finanzierung.

Nach ihrem Triumph setzte die SSSR-V6 „Osoaviakhim“ ihren Betrieb fort. Anfang 1938 geriet eine Gruppe von vier Arktisforschern unter der Leitung von Iwan Papanin im Nordpolarmeer in Schwierigkeiten: Sie besetzten eine Polarstation auf einer treibenden Eisscholle, die plötzlich zerbrochen war. Eisbrecher wurden entsandt, um die Forscher zu retten, aber einige Mitglieder der Besatzung der SSSR-V6 schrieben am 4. Februar einen Brief an Josef Stalin und baten darum, dass sie versuchen wollten, nach Murmansk und dann zur Polarstation zu fliegen, um schneller zu den Forschern zu gelangen als die Schiffe. Der Vorschlag wurde angenommen, und am 5. Februar trat die SSSR-V6 mit 18 Personen an Bord die Reise an, die sich zu einer Tragödie entwickeln sollte. Am folgenden Tag geriet das Luftschiff vom Kurs ab, prallte auf den Berg Neblo und fing Feuer. Dreizehn Besatzungsmitglieder starben. Die anderen kamen mit leichten Verletzungen davon und wurden von Einheimischen gerettet.

Wiktor Potschekin, der vierte Offizier und ein Überlebender der Katastrophe, erinnerte sich, dass das Luftschiff am 6. Februar in schweren Schneefall und Wolken flog. Um 19.30 Uhr rief Georgi Mjatschkow, der Navigator, dass sich ein Berg vor der SSSR-V6 befinde. Iwan Pankow, der zweite Kommandant, steuerte den Zeppelin nach oben, um an Höhe zu gewinnen, doch es kam zu einer Kollision, und ein Feuer brach aus. 

Die Ergebnisse einer offiziellen Untersuchung besagen, dass sich das Luftschiff vor dem Absturz in einer Höhe von 300 bis 350 Metern befand, während das Chibiny-Gebirge in diesem Gebiet mehr als einen Kilometer hoch ist. Auch die Idee von Pankov, nach oben zu steuern, war falsch - die Besatzung hätte die gesamte Trockenlast abwerfen müssen, um schneller an Höhe zu gewinnen. Gleichzeitig konnte Mjatschkow aufgrund des schlechten Wetters und der Dunkelheit den Berg Neblo erst etwa fünf Sekunden vor dem Absturz sehen. Nach Ansicht der Untersuchungskommission war die Besatzung auch nicht gut vorbereitet: So bestätigte Potschekin bei der Befragung, dass er erst am Abflugtag erfuhr, dass er für den Flug ausgewählt worden war. All diese Probleme führten zu der Katastrophe.

Die sowjetische Luftschiffindustrie endete mit dem Absturz von SSSR-V6. Nach der Tragödie wurden nur noch ein paar Zeppeline gebaut. Und 1940 befand die sowjetische Verwaltung, dass die Luftschiffindustrie keine Zukunft habe und stellte das Programm endgültig ein.

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