Was sind das für rote Säulen in St. Petersburg? (FOTOS)

Geschichte
RUSSIA BEYOND
Diese seltsamen Konstruktionen am Ufer der Newa sind eines der bekanntesten Symbole der Stadt. Aber was ist ihr Sinn und Zweck?

Wenn Sie jemals am Ufer der Newa im Zentrum von St. Petersburg unterwegs waren, sind Ihnen sicherlich diese großen roten Säulen aufgefallen. Sie befinden sich auf der Landzunge der Wassiljewski-Insel und bilden dort ein architektonisches Ensemble. 

Diese Säulen gehören neben den Zugbrücken oder dem Winterpalast zu den beliebtesten Postkartenmotiven. Doch wer weiß, warum sie dort stehen? Erfüllen sie nur dekorative Zwecke oder haben sie eine Funktion? Wir sind der Sache nachgegangen.

Ein kurzer geschichtlicher Hintergrund

Der russische Zar Peter der Große, der die Stadt 1703 gründete, hat mit diesen Säulen nichts zu tun. Sie entstanden erst später, im frühen 19. Jahrhundert. Peter gründete jedoch nicht nur St. Petersburg, sondern auch die russische Marine und errang die ersten großen Seesiege. 

Der Ruhm der russischen Marine repräsentierte die Stärke des russischen Reiches und versetzte alle Länder, die Invasionen planten, in Angst und Schrecken. 

Siegessäulen

Die roten Säulen in St. Petersburg werden Rostra-Säulen genannt. Schon in der Antike, vor allem im alten Rom, pflegten die Architekten solche Säulen mit Trophäen zu schmücken - den Bugspitzen oder Rammen der besiegten Schiffe, die auf Lateinisch „rostrum“ genannt werden. Je mehr, desto besser.

Die Säulen sollten potenzielle Feinde abschrecken und die Menschen im Land mit Stolz auf ihre Marine erfüllen. 

Ein weiteres berühmtes Beispiel für eine solche trophäengeschmückte Säule ist zum Beispiel das Columbus-Denkmal am Columbus Circle in New York City. Auch im französischen Bordeaux, auf dem Place des Quinconces, gibt es diese Säulen.

In Russland stehen die Säulen in Zarskoje Selo, nicht weit von St. Petersburg, und sind der Schlacht von Çeşme im Jahr 1770 gewidmet, dem größten Sieg der russischen Flotte.

Eine weitere Säule schmückt den Eingang zur Stadt Wladiwostok.

St. Petersburger Rostra-Säulen

In St. Petersburg aber stehen die wohl berühmtesten Säulen der Welt. Sie wurden in den Jahren 1805-1810 von dem französischen Architekten Jean-François Thomas de Thomon geschaffen. Er war für das gesamte architektonische Ensemble der Nehrung der Wassiljewski-Insel verantwortlich, zu dem auch das Gebäude der St. Petersburger Börse gehört. Seine Werke sind im neoklassizistischen Stil gehalten, der Zar Alexander I. sehr gefiel.

Beide Säulen sind aus Stein, 32 Meter hoch und jeweils mit acht Schiffsböcken, Ankern und märchenhaft anmutenden Figuren verziert: Seepferdchen, Fische und Krokodile. Die Schiffsrammen auf den St. Petersburger Säulen sind jedoch aus Kupfer gefertigte Nachbauten.  

Am Fuß jeder Säule sitzen zwei menschliche Gestalten, eine männliche und eine weibliche. Sie ähneln antiken Göttern und symbolisieren nach der Vorstellung des Erbauers die Götter des Meeres und des Handels (die Börse befindet sich in der Nähe, erinnern Sie sich?). Spätere lokale Historiker nahmen jedoch an, dass diese Figuren die russischen Flüsse symbolisieren könnten: Wolga, Dnjepr, Newa und Wolchow.

Die Säulen sind innen hohl - es gibt eine Wendeltreppe nach oben, die zu riesigen Öllampen  führt. Das war nämlich einmal der Hauptzweck dieser Säulen: Sie dienten das gesamte 19. Jahrhundert hindurch als Leuchtturm für Schiffe, die in den Hafen von St. Petersburg einliefen. Sie waren vor allem nachts und bei dichtem Nebel sehr wichtig. 

Der Unterhalt dieser Leuchttürme war jedoch recht teuer, und ab dem 20. Jahrhundert wurden sie nur noch selten und nur zu besonderen Anlässen genutzt. Seit 1957 werden die Leuchttürme mit Gas versorgt und nur bei großen Ereignissen in Betrieb genommen.