Ein Prototyp von Katjuscha-Raketenwerfern und andere Geheimwaffen russischer Zaren

Bast (CC0); jimmyweee (CC BY 2.0); Militärhistorisches Museum für Artillerie, Ingenieurtruppen und Signalkorps
Prototypen von Raketen waren in Russland bereits im 16. Jahrhundert bekannt. Doch die Zaren hatten noch mehr Asse im Ärmel: Schlagkräftige Waffen, die meist von ausländischen Ingenieuren, darunter auch Deutschen, entwickelt worden waren.

1. Bodenkanonen 

Rekonstruktion einer Holzkanone in einer italienischen Handschrift des 17. Jahrhunderts // Bild der

Die Idee für eine Bodenkanone stammte von Friedrich Getkant, einem Deutschen, der im Dienste des polnischen Commonwealth stand. Einer seiner Lehrlinge, Hans Timson, diente später in Moskau und verriet Getkants Geheimnisse. Der russische Artilleriehistoriker Alexei Lobin entdeckte die Beschreibung der Konstruktion dieser Waffe. 

„Es wurde eine große zylindrische Grube in den festen Boden gegraben, in der sich ein kleineres Loch (eine Pulverkammer) befand. Die Wände der Grube und der Kammer waren mit Brettern ausgekleidet, die mit Seilen und Bügeln zusammengehalten wurden. Das Pulver wurde in die Kammer geschüttet, die mit einem Holzschild abgedeckt war. Eine lange Lunte wurde aus der Kammer herausgezogen. Auf dem Schild wurden Granaten und Steine in verschiedenen Größen platziert! Nach der Zündung des Schießpulvers flogen die tödlichen Geschosse nach oben und fielen dann über einer großen Fläche herunter.“ 

Die Bodenkanonen verschossen Geschosse mit einem Gesamtgewicht von 16 bis 32 Kilogramm. Nach einer bestimmten Anzahl von Schüssen wurde eine solche Kanone unbrauchbar, weil die Schüsse ihr hölzernes Inneres beschädigten und verbrannten.

Die Hauptschwierigkeit beim Bau eines Bodengeschützes bestand darin, die richtigen Berechnungen anzustellen und die richtigen Proportionen der Grube und der Kammer zu finden. Hans Timson rekonstruierte Getkants Geschütze und präsentierte sie 1672 bei einer  Militärübung in Wagankowo, Moskau.

Das einzige Mal, dass Bodenkanonen tatsächlich im Kampf eingesetzt wurden, war während der Belagerung des Solowezki-Klosters (verteidigt von den Altgläubigen) in den Jahren 1674 bis 1676. Das Kloster liegt auf einer abgelegenen Insel - schwere Bronzekanonen dorthin zu transportieren war nahezu unmöglich. Vor Ort wurden daher sechs Bodenkanonen gebaut, die Bündel von Eisennägeln und brennbare Geschosse abfeuerten. Ende des 17. Jahrhunderts ging jedoch das Wissen über die richtigen Proportionen einer Bodenkanone verloren.

2. Hölzerne Raketen

Raketenskizze von Konrad Haas (1529).

Während der Belagerung von Tschigirin im Jahr 1674, beschreiben laut Alexei Lobin Quellen den Prototyp einer Rakete, der von einem unbekannten ausländischen Major in russischen Diensten konstruiert wurde.

„Sechs Meter lange Baumstämme wurden ausgehöhlt und in unterschiedlichen Mengen mit Schießpulver gefüllt. Diese Stämme sollten über die Stadtmauern hinaus geschleudert werden. Der Feind würde nicht in der Lage sein, das von den Stämmen ausgelöste Feuer schnell zu löschen, da die Stämme von dichtem Rauch umgeben sind, was es schwer macht, sich ihnen zu nähern. Zwei Holzscheite wurden hergestellt und zu den Schanzen gebracht, und es werden noch weitere folgen.“

Die Frage ist, wie diese „Raketen“ über die Mauern hinaus geschleudert wurden. Womöglich kam eine Art Katapult zum Einsatz? 

3. Belagerungstürme mit Kanonen

Artillerie-Belagerungsturm in Kasan.

1552 brachte Iwan der Schreckliche eine 150.000 Mann starke Armee nach Kasan, der Hauptstadt des Kasaner Khanats, eines muslimischen Feudalstaats. Die Zitadelle von Kasan hatte bis zu neun Meter dicke Mauern aus Holz und Stein mit vier massiven Türmen mit Toren, die alle von breiten Gräben umgeben waren. Ohne schwere Artillerie war die Festung nicht zu erobern. Es dauerte drei Monate, um etwa 150 Geschütze von Moskau nach Kasan zu bringen, und sieben Tage, um die Artillerie zusammenzustellen. Nach wochenlangem schwerem Beschuss war die Zitadelle immer noch unversehrt, und die Verteidiger feuerten weiterhin Geschosse und Pfeile von der anderen Seite der Festungsmauern ab. 

Zar Iwan hatte italienische und deutsche Artillerieingenieure in Diensten, die Kanonentürme aus Holz aus den umliegenden Wäldern bauten. Es handelte sich um dreistöckige Belagerungstürme mit Schießscharten für Kanonen auf allen Etagen, die es ermöglichten, auf Objekte hinter der Festungsmauer zu schießen. Die Türme standen auf Rädern oder auf Baumstämmen und rollten allmählich näher an die Mauern heran, bis auf sechs Meter an den Festungsgraben.

Diese technische Neuheit trug dazu bei, dass Kasan schließlich eingenommen werden konnte. Die Belagerung dauerte 32 Tage und endete, als italienische Ingenieure die Stadtmauern sprengten.

4. Guljai-Gorod („wandernde Stadt“)

Historische Rekonstruktion des Gulyai-Gorod. Festival

Eine Wagenburg - ein Rechteck, das während einer Schlacht auf offenem Feld aus Wagen oder Karren gebildet wurde - war in Europa bereits im 15. Jahrhundert eine beliebte Art der beweglichen Befestigung. Die Russen entwickelten jedoch ihre eigene Version, den so genannten Guljai-Gorod (zu Deutsch „wandernde Stadt“ oder „wandelnde Stadt“).

Ein Guljai-Gorod bestand aus hölzernen Eichenbrettern, die schwere Schilde bildeten. Die Bretter wurden mit einem speziellen Wagenzug schnell zum Ort der Schlacht transportiert. Nach der Ankunft wurden die Schilde je nach Jahreszeit auf Karren oder Schlitten montiert. Zwischen den Schilden wurden notwendigerweise Durchgänge für die Truppen gelassen - sie waren mit Ketten verbunden, die der Infanterie den Durchgang ermöglichten, die feindliche Kavallerie jedoch abwehrten. In die Schilde wurden Löcher für Gewehre und kleinkalibrige Kanonen geschnitten.

Ausfahren des Wagenzuges in Position.

Im 16. Jahrhundert wurden sie zunächst zur Abdeckung der Artilleriestellungen und später zum Schutz der Feldinfanterie vor Pfeilen und der tatarischen Kavallerie verwendet. 

5. Soroka - Prototyp der Katjuscha-Raketenwerfer

7-läufige Schnellfeuerbatterie

Russlands bester Raketenwerfer des Zweiten Weltkriegs, die Katjuscha, geht auf Andrei Tschochow zurück, einen großen russischen Militäringenieur des 16. und 17. Jahrhunderts. 

Tschochow erfand eine mehrläufige Kanone, die Gewehrkugeln verschoss. Sie wurde Soroka (zu Deutsch „Elster“) genannt - wahrscheinlich wegen des lauten, hohen Geräuschs, das sie abgab und der Feuergeschwindigkeit. Sie wurde gegen die feindliche Infanterie eingesetzt. Nachdem die schwere Artillerie Löcher in die Mauern der feindlichen Festung geschossen hatte, wurden Sorokas davor platziert, um die Verteidiger, die aus der brennenden Zitadelle kamen, mit Kugeln zu durchlöchern.

105-Barrel-Schnellfeuer-Batterie. Hergestellt in Russland Ende des 17. Jahrhunderts.

Im Jahr 1588 schuf Tschochow eine Soroka mit 100 Läufen. Das Gewicht betrug 5.283 Kilogramm. Die Waffe wurde in einer einzigen Form „mit 35 Kernkanälen“ gegossen, wie es in einer Beschreibung von 1641 heißt. Sie verschoss kleine Kanonenkugeln „von der Größe eines Gänseeis“ (etwa 200 Gramm).

>>> Wie sieht die „Katjuscha“ des 21. Jahrhunderts aus?

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