Wie die Sowjetunion die Fitness von Beschäftigten förderte (FOTOS+VIDEOS)

Fitnesszeit in der Textilfabrik, 1960er Jahre.

Fitnesszeit in der Textilfabrik, 1960er Jahre.

MAMM/MDF/russiainphoto.ru
Spezielle Pausen für sportliche Übungen in Fabriken, Betrieben und Büros gehörten zu den besonderen Aspekten des sowjetischen Lebens. Woher kam die Motivation und waren die Sporteinheiten einfach?

„Jeden Tag um 10 Uhr beginnen die Arbeiter der Fabrik Skorochod mit der Gymnastik. Nach einigen Stunden Arbeit braucht man eine kurze Pause, um sich zu erholen. Aus diesem Grund wurde in vielen Betrieben unseres Landes die Industriegymnastik eingeführt. Nach der Gymnastik vergeht die Müdigkeit schnell und man kann mit frischer Energie an die Arbeit gehen."

Die Gymnastikpausen gab es nicht nur in dieser Schuhfabrik - sie wurden in jedem Unternehmen und in jedem Büro in der Sowjetunion eingeführt. Diese Pausen wurden als „Gymnastik am Arbeitsplatz“ („proiwodstwennaja gimnastika") und manchmal auch bloß als „eine Minute Körpererziehung" („fisminutka") bezeichnet.

Zu Sowjetzeiten wurde viel Wert auf einen sportlichen Lebensstil gelegt. Das heißt natürlich nicht, dass alle Bürger Sportler waren. Es gab auch eine Reihe von sehr beliebten Aktivitäten, von Amateurwettbewerben bis hin zum Sporttourismus. Und es gab auch Personen, die für die Organisation von Fitnesspausen während der Arbeitszeit zuständig waren.

Die Gymnastik am Arbeitsplatz wurde 1956 offiziell auf staatlicher Ebene in den Betrieben und Büros eingeführt, obwohl es sie schon vorher gab und sie von Zeit zu Zeit durchgeführt wurde. Aber nach einem Erlass der sowjetischen Regierung gab es sie überall. 

In der Textilfabrik, 1960er Jahre.

Die Fitnesspausen fanden in der Regel zweimal am Tag statt und dauerten je zehn Minuten. Sie fanden ein oder zwei Stunden vor dem Mittagessen und eine Stunde vor Arbeitsende statt. In vielen Fabriken wurden zu dieser Zeit sogar die Fließbänder angehalten und alle Arbeiter trainierten.

Arbeiter des Vereins zur Elektronenproduktion, 1973.

Zwischen 1961 und 1991 lief werktags eine zehnminütige Sondersendung auf dem All-Union-Radiosender (Radio-1). Um 11 Uhr begrüßten die Stimme die Sowjetbürger und forderten sie auf, einige Übungen zu machen.

Werkstatt 13, Shaulyai, 1982.

Anfang der 1970er Jahre wurde in großen Betrieben und Büros die Stelle eines Gymnastiklehrers geschaffen, der für die Organisation (und andere Sportveranstaltungen) zuständig war. In den 1980er Jahren wurde dies auf Kolchosen und Schulen ausgeweitet.

In der Moskauer Uhrenfabrik.

Die Übungen waren recht einfach: Gehen, Dehnen, Beugen, Hocken. Sogar Senioren konnten mitmachen. Solche kleinen Pausen konnten die Arbeitsproduktivität und die Disziplin verbessern und zur Erhaltung der Gesundheit der Arbeiter beitragen.

Minsker Uhrenfabrik.

Die Teilnahme an den Übungen war jedoch meist freiwillig. Einige wollten den Arbeitsablauf nicht unterbrechen, andere waren einfach nur faul.

In der Druckerei Tschechow.

„Ich habe in der UdSSR in einer Schmuckfabrik gearbeitet. Dort haben ausnahmslos alle zweimal pro Schicht einfache ‚Industriegymnastik‘ gemacht", erinnert sich ein Internetnutzer. „Ich war damals sehr jung und fand es zunächst albern. Aber nach ein paar Monaten sitzender Tätigkeit war ich schon froh, mich zu bewegen und nahm mit Freude teil. Erst jetzt merke ich, wie toll es war."

Hier ist der Wettbewerb für Fitness am Arbeitsplatz in Moskau der 1980er Jahre.

Während der Perestroika und mit dem Zusammenbruch der UdSSR wurde die Gymnastik formell eingestellt. Dennoch versuchen einige russische Unternehmen, diese Tradition wiederzubeleben.

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