Die Familienyachten von Zar Nikolaus II. (FOTOS)

Gemeinfrei
Die Romanows bauten nicht nur Kreuzfahrtschiffe mit Kristalllüstern, Kirchen und sogar Ställen an Bord. Ihre Schiffe nahmen später auch an Seeschlachten teil.

Der letzte russische Zar gilt als einer der reichsten Menschen der Geschichte. Sein Vermögen wird umgerechnet auf 250 bis 300 Milliarden Dollar geschätzt, wenn man den Wert des Rubels im Jahr 2010 zugrunde legt. Bei der Betrachtung des „Bankkontos" der kaiserlichen Familie muss eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden. Aber sicher ist, dass die Lebenshaltungskosten ein großes Loch in der Staatskasse des russischen Reiches hinterlassen haben. In den Jahren 1894 bis 1914 verfügte die Familie über die größte Yachtflotte aller Monarchen der Welt. Diese schwimmenden Schlösser waren zwar formal Eigentum des Marineministeriums, aber in der Praxis gehörten sie der Familie Romanow und wurden nach deren Vorgaben gebaut. 

Standart

Die kaiserlich-russische Yacht Standart (1893-1961), vor der Küste der Krim, in der Nähe von Jalta, im Jahr 1898.

1892 beauftragte das Marineministerium eine dänische Werft mit dem Bau eines Kreuzers, den Alexander III. jedoch bald in eine Yacht umbauen ließ. Bereits unter Nikolaus II. wurde die Yacht schließlich zu Wasser gelassen und erhielt den Namen „Standart" - eine traditionelle Bezeichnung für ein Zarenschiff (die erste Yacht dieses Namens erblickte fast 200 Jahre zuvor unter Peter I. das Licht der Welt).

Imperial Yacht Standart - Einer der Salons.

Diese Yacht war riesig: Sie maß 128 Meter und hatte eine Besatzung von fast 400 Mann! Die „Standart“ war die größte und luxuriöseste kaiserliche Yacht der Welt und verfügte über einen Konferenzraum, einen exquisiten Speisesaal für Empfänge, ein separates Wohnzimmer, ein eigenes Bad für jede Gästekabine und vieles mehr. Die Innenausstattung war aus teurem Holz gefertigt und stand dem Winterpalast in puncto Luxus in nichts nach: Kristallkronleuchter, Kandelaber, Samtverkleidungen … 

All das war natürlich perfekt, um die angesehensten Gäste an Bord zu empfangen: Ein siamesischer König, ein deutscher Kaiser und ein französischer Präsident waren alle schon einmal dort. Die Yacht wurde aber ebenso gerne für Familienausflüge genutzt. Nikolaus und seine Familie machten von Juni bis Anfang August gerne Urlaub, meist auf den finnischen Inseln. Sie lebten auf der Yacht und betraten das Festland nur für erholsame Spaziergänge. 

Die russische kaiserliche Familie an Bord der kaiserlichen Yacht Standart.

Der Erste Weltkrieg setzte diesen Spaziergängen und Yachtausflügen aus Sicherheitsgründen ein Ende. Im Jahr 1917 wurde der Zarenkreuzer zum Schauplatz einer Matrosenrebellion - wie auch andere Schiffe zu dieser Zeit, und bereits im April nahm das Revolutionskomitee der Baltischen Flotte auf dem Schiff Quartier. 

Imperial Yacht Standart - Arbeitszimmer von Nicholas.

Alle Metamorphosen, die sich fortan an Bord der Yacht vollzogen, ließen nichts mehr von ihrem einstigen elitären Flair erkennen. Das Schiff wurde zu einem Minenleger umfunktioniert und dann in der Schlacht eingesetzt. Nach dem Krieg diente das Schiff als Kaserne auf dem Wasser und ab 1961 als Übungsobjekt für Raketen. Ende der 1960er Jahre ereilte es ein unrühmliches Schicksal: Es wurde zerlegt und zu Schrott verarbeitet. 

Imperial Yacht Standart - Ikonostase in der Galerie.

Polar Star

Die kaiserlich-russische Yacht „Polar Star

Die „Polar Star" tauchte in der königlichen Familie früher auf als die „Standart", nämlich bereits 1888. Auch sie war wie ein Kreuzer gebaut und hatte vier 47-Millimeter-Kanonen an Bord. 

Kaiser Nikolaus II. von Russland und Zarewitsch Alexej Nikolajewitsch von Russland an Bord der kaiserlichen Yacht Polar Star.

Der Kreuzer diente den Romanows bis 1914 und begleitete den Zaren bei Besuchen in europäischen Hauptstädten und nahm an offiziellen militärischen Veranstaltungen und Feierlichkeiten teil. Und obwohl die „Polar Star“ bescheidener war als die „Standart“, ließ sie laut Graf Ignatjew „im Vergleich zu ihrer Rivalin", die der englischen Königin Alexandra von Dänemark, der Tante von Nikolaus II. gehörte, „diese vor Neid erblassen“. Die „Polar Star“ beherbergte eine Kirche und sogar einen Kuhstall mit einer separaten Kabine. 

Großfürstin Maria Nikolajewna mit Anna Wyrubowa im Salon des Hauptdecks der kaiserlichen Yacht Polar Star.

Am häufigsten sah man die Yacht nicht bei offiziellen Staatsanlässen, sondern in einem kleinen Kopenhagener Hafen, wo die „dunkelblaue, mit einem massiven Goldseil gesäumte Schönheit" jedes Jahr mit Nikolaus' Mutter Maria Fjodorowna an Bord in See stach. Die königliche Familie liebte es, in Kopenhagen einkaufen zu gehen, und obwohl die dänische Hauptstadt nur ein paar Tage mit dem Zug entfernt war, zog die verwitwete Kaiserin die Yacht vor. 

Nach der Revolution ereilte das Schiff ein ähnliches Schicksal wie die „Standart“. Zunächst wurde es von revolutionären Matrosen in Beschlag genommen, dann, vor dem Zweiten Weltkrieg, wurde es als U-Boot-Mutterschiff umfunktioniert. Im Jahr 1954 wurde die ehemalige Romanow-Yacht ebenfalls zu einer schwimmenden Kaserne und sieben Jahre später zu einem Ziel für Raketentests umfunktioniert. In den 1960er Jahren wurde sie schließlich versenkt. 

Swetlana

Der gepanzerte Deckskreuzer Swetlana.

Die persönliche Yacht des Onkels von Nikolaus II., Prinz Alexei, die „Swetlana", wurde von dem französischen Panzerkreuzer der 2. Klasse, der „Catinat", inspiriert und daher von französischen Ingenieuren konstruiert. Das Schiff wurde 1897 zu Wasser gelassen. 

Da das Schiff ursprünglich für den Großfürsten Alexei Alexandrowitsch bestimmt war, verfügte es über luxuriöse Gemächer, die mit teurem Holz, Marmor und persischen Teppichen ausgestattet waren. Die portugiesische Königin nahm angeblich einmal an einer 45-minütigen Besichtigungstour teil und konnte ihre Begeisterung nicht verbergen. 

Kaiser Nikolaus II. besucht den Kreuzer Swetlana vor der Kampagne des 2. Pazifikgeschwaders.

Doch das Schiff war nicht nur ein Urlaubsort der kaiserlichen Familie, es diente auch als  gepanzerter Minenleger und Eskorte und war in Schlachten involviert. Doch trotz weicher Polster und Marmor im Inneren war das Schiff bis an die Zähne bewaffnet: 1904 wurde es in die russische Pazifikflotte aufgenommen und in den Russisch-Japanischen Krieg geschickt. Nach einem direkten Granattreffer in der Schlacht von Tsushima versuchte der Kreuzer, sich in Sicherheit zu bringen, wurde jedoch entdeckt und geriet unter schweren japanischen Beschuss. Fast 300 Seeleute verloren ihr Leben. Eine nach der Schlacht eingesetzte Untersuchungskommission stellte fest, dass die Besatzung der „Swetlana“ „beispielhafte Tapferkeit und Selbstaufopferung" gezeigt habe. Diese Einschätzung war für das Selbstverständnis der Überlebenden besonders wichtig: Vor dem Krieg wurden sie von den Matrosen der Pazifikflotte herablassend als „Dienstmädchen“ und ihr Schiff als „schwimmendes Hotel" betrachtet, nicht als Kampfeinheit. 

Ein Dutzend kleinerer Yachten 

Kaiserlich-russischer Kreuzer Almaz.

Die Liste ist damit noch nicht zu Ende. Fast jeder Romanow-Verwandte besaß einen eigenen Kreuzer. Ab 1905 fungierte ein solches Schiff - die „Almaz“ - als Double. Sechs Jahre lang tauschte es in Finnland den Platz mit der „Standart" - ihre Silhouetten waren sich sehr ähnlich. Die Sicherheitsmaßnahmen waren nicht unbegründet: 1907 wurde bei der Einfahrt in die Kotkin-Bucht eine Treibmine gesichtet. Die „Almaz“ war damals an der Stelle der „Standart“ angedockt. 

Die kaiserliche Yacht Liwadia.

Neben diesen riesigen Yachten nutzten die Romanows jedoch auch ein Dutzend kleinerer Yachten: die „Zarin", die „Alexandria", die „Slawjanka", die „Livadia" und andere. Sie wurden für entspannte Ausflüge in der Umgebung genutzt und nicht für offizielle Staatsbesuche in Europa.

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