Typveränderung: Wie russische Schriftsteller aussahen, bevor sie berühmt wurden (FOTOS)

Diese russischen „Klassiker“ der Literatur haben sich im Laufe ihrer Karrieren optisch stark verändert.

Nikolai Gogol

Der junge Gogol, der gerade aus der Provinz nach St. Petersburg gezogen war, versuchte, den Modetrends der Zeit zu folgen. Er tat dies mit einer Art morbider Besessenheit und investierte viel Zeit und Geld (von dem er nicht viel hatte). Seinem engsten Freund Gerassim Wyssozki schrieb er einmal: „Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten: Ist es möglich, den besten Frack für mich bei Ihrem Schneider in St. Petersburg zu bestellen? Finden Sie heraus, was es kostet, den besten Frack nach der neuesten Mode zu nähen. <...> Schreiben Sie bitte, welche modischen Stoffe Sie für Westen und Pantalons haben. Welche Farbe ist bei Ihnen für Fracks angesagt?“

Gogols Schullehrer Ivan Kulschinski erinnerte sich an ein weiteres amüsantes Detail: „Gogol pflegte, wenn er durch die Turnhalle ging, wie zufällig die Röcke seines Mantels mit beiden Händen zu öffnen, um das Futter zu zeigen.“ Das Futter war natürlich modisch der letzte Schrei. 

Zudem schnitt sich der junge Gogol die Haare kurz. Auf seinem Kopf trug er eine Frisur die, wie sich Schüler des Schriftstellers erinnern, einen „scharfen Gegensatz von dandyhaft und schlampig“ bildete. Gogol konnte sich mit dieser Frisur jedoch nicht anfreunden, ließ sich die Haare wachsen und einen Schnurrbart stehen, der Geschichte schrieb. Manche glauben, dass der Schriftsteller auf diese Weise seine lange, dünne Nase zu verbergen versuchte, für die er sich angeblich schämte. Ob das stimmt oder nicht, ist nicht bekannt, aber Gogol hat sein Gesicht selbst einmal als „komisch“ bezeichnet. 

Leo Tolstoi

Bevor er einer der berühmtesten russischen Literaten und ein radikaler Anarchist wurde, diente Leo Tolstoi im Militär als Artillerieoffizier und kämpfte 1854-1855 im Krimkrieg. Dies bestimmte weitgehend sein damaliges Aussehen. Im Russischen Reich war das Erscheinungsbild eines Offiziers durch zahlreiche Vorschriften geregelt. So war es verboten, sich die Haare wachsen zu lassen, und der junge Tolstoi war stets glatt rasiert und ordentlich getrimmt.

Doch das Offiziersdasein lastete auf ihm. Immer wieder spielte er mit dem Gedanken zu kündigen, und sein rebellisches Temperament machte sich in seiner Umgebung bemerkbar. Tolstoi geriet ständig mit seinen militärischen Vorgesetzten aneinander. Der Graf vernachlässigte manchmal sogar die Tatsache, dass Offiziere alle Knöpfe an ihrer Uniform schließen mussten. Der hohe Offizier Y. I. Odahowski erwähnte in seinen Memoiren, dass Tolstois Optik „hässlich und vor allem durch seine riesigen, abstehenden Ohren verdorben“ gewesen sei. Doch Tolstoi war sprachgewandt, von wachem Geist und konnte die Menschen durch seine Reden begeistern. 

Nach seiner Pensionierung ließ sich Tolstoi einen Bart wachsen, der später zu einem der berühmtesten Bärte der russischen Kultur werden sollte. Er änderte auch seine Garderobe: Der Graf weigerte sich, die für Adlige typische Kleidung zu tragen und bevorzugte einen bäuerlichen Stil.  

Fjodor Dostojewski

Der junge Dostojewski trug keinen Bart und sah im Allgemeinen ganz anders aus als es der damaligen Idealvorstellung entsprach. Im Gegenteil, die Menschen in seiner Umgebung fanden keine „edlen“ aristokratischen Züge an ihm und machten ihm nur selten Komplimente über sein Aussehen. „Er war dünn, klein, blond und hatte eine kränkliche Gesichtsfarbe“, sagte Awdotja Panajewa, eine Schriftstellerin, in die der 25-jährige Dostojewski unglücklich verliebt war, einmal über ihn.

Dostojewski war mit sich sogar noch kritischer und bezeichnete sich selbst als „Quasimodo“. Nachdem er sein Studium an einer militärischen Ingenieurschule im Rang eines Feldwebels abgeschlossen hatte, befolgte er die Vorschriften zur Rasur für Militärangehörige. 1849 wurde er nach Sibirien verbannt, weil er Mitglied des Petraschewski-Zirkels war (der aus Gegnern des Zaren bestand). Auch in der Verbannung musste er dienen - zunächst als Soldat, dann als Unteroffizier - und sich die Haare schneiden lassen. Als er nach zehn Jahren Exil zurückkehrte, empfing ihn St. Petersburg kalt. Dostojewski war vergessen und sein Unteroffiziersschnurrbart wirkte schrecklich provinziell. Das ohnehin schon schüttere blonde Haar war noch dünner geworden. 

Dostojewski beschloss, seinen Stil zu ändern. Er ließ sich einen Bart wachsen. In jenen Jahren bedeutete ein Bart in Russland noch, dass eine Person nichts mit dem Staatssystem zu tun hatte, denn Beamten war es verboten, sich einen Bart wachsen zu lassen. Aber auch diese Idee funktionierte nicht wirklich: Der Bart des Schriftstellers wuchs nur spärlich, was Dostojewski sehr ärgerte. 

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