Wie der Vater des Modedesigners Karl Lagerfeld im Gefängnis der kältesten Region Russlands landete

Geschichte
JULIA CHAKIMOWA
Der Vater des deutschen Modeschöpfers verbrachte mehr als zehn Jahre in Russland. Vier dieser Jahre war er in einer sibirischen Kolonie untergebracht.

Werchojansk (Republik Sacha-Jakutien) ist einer der kältesten Orte der Welt und eine der kleinsten Städte Russlands. Seit den 1860er Jahren gab es dort eine Strafkolonie für Verbannte.

Hier verbüßte Otto Lagerfeld, der Vater des deutschen Modedesigners Karl Lagerfeld, seine Strafe. Erfolglos hatte er versucht, die russische Staatsbürgerschaft zu erlangen.

Im Jahr 1907 kam Lagerfeld, ein 26-jähriger Verkäufer für ein Milchkonzentrat-Unternehmen, von San Francisco über Japan nach Wladiwostok und eröffnete hier ein Büro.

Als Deutschland Russland am 1. August 1914 den Krieg erklärte, beantragte Lagerfeld bei den russischen Behörden die Erlaubnis, über Japan in die Vereinigten Staaten zurückzureisen.

Am 3. August 1914 wurde er jedoch als ehemaliger Angehöriger der deutschen Armee unter Spionageverdacht verhaftet. Innerhalb eines Monats wurde Otto zunächst in die Wachstube auf der Insel Russkij eingeliefert, dann in das Regionalgefängnis von Wladiwostok verlegt und später in die Verbannung nach Jakutien transportiert. Von dort aus beantragte er die russische Staatsbürgerschaft, was aber abgelehnt wurde und er anschließend vier Jahre in der Kolonie in Werchojansk verbrachte.

Nach dem Krieg durfte Lagerfeld nach Deutschland ausreisen. Er kehrte in seine Heimat Hamburg zurück und setzte den Handel mit konzentrierter Milch fort. Später baute er in mehreren Städten des Landes eine eigene Produktion auf, unter anderem in der ostpreußischen Stadt Allenburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel Ostpreußen an die Sowjetunion. Aus Allenburg wurde die Gemeinde Druschba im Kaliningrader Gebiet.

Lagerfelds Sohn Karl besuchte Russland auch. Allerdings kam er nur nach Moskau und lediglich zu Kurzbesuchen.