Jahrmarkt von Nischni Nowgorod. 1900er Jahre.
Maxim Dmitrijew/Archiv der audiovisuellen Dokumentation der Region Nischni NowgorodDas Wort Jarmarka kam aus dem Deutschen ins Russische (vom Wort Jahrmarkt), und das geschah erst im 17. Jahrhundert, als deutsche Kaufleute begannen, mit Moskowija im großen Maßstab Handel zu treiben. Sie brachten die europäische Mode für den jährlichen Verkauf an belebten Orten mit – in großen Städten und an den Kreuzungen der großen Handelsstraßen. Die Messen zogen professionelle Händler aus verschiedenen Orten und Dörfern an.
"Jahrmarkt in Murom", Iwan Kulikow.
Museum für Geschichte und Kunst von MuromIm russischen Staat wurden die Orte, an denen sich die Menschen versammelten und die Waren zum Verkauf ausstellten, torg (dt.: Handel) genannt. Genau so, mit einem Großbuchstaben – Torg – wurde bis zum 17. Jahrhundert der Rote Platz in Moskau genannt. In russischen Städten gab es damals Torschki (d.h. kleine Märkte) und Basare. Dies waren allerdings keine Messen!
Jarmarki (Messen) fanden regelmäßig statt und versammelten Händler von überall her, während Basare lokal und mit unterschiedlicher Regelmäßigkeit stattfanden. Die ersten großen Handelsplätze in Russland, die Messen waren, wurden vor dem 17. Jahrhundert jedoch noch als Handelsplätze bezeichnet: Moloschskij Torg, Makarijewskij Torg und andere.
Torg in der Nähe des Kremls. Apollinarij Wasnezow, 1930.
Museum für Geschichte und Rekonstruktion der Stadt MoskauAuf den torschki, torgi und Basaren handelten lokale Händler. Torschki fanden mehrmals im Jahr statt, der Basar jede Woche.
Im 14. Jahrhundert entstand der Moloschskij Torg, auch Markt im Cholopij Gorodok genannt, am Fluss Mologa in der Nähe des Dorfes Borisoglebskoje (heute vom Rybinskoje-Stausee überflutet). Der Moloschskij Torg fand regelmäßig statt – meist die vier Sommermonate lang (von Juni bis September oder von Mai bis August – je nach Wetter und anderen Faktoren).
"Jahrmarkt", Boris Kustodijew, 1906.
Die Staatliche Tretjakow-GalerieMenschen aller Nationalitäten – Deutsche, Polen, Griechen, Armenier, Perser, Italiener, Türken – handelten hier nicht gegen Geld, sondern in Tauschgeschäften. Es gab so viele Schiffe, dass sie die gesamte Wolga auf einer Breite von mindestens 500-600 Metern füllten, sodass man den Fluss von Küste zu Küste zu Fuß überqueren konnte.
Ende des 16. Jahrhunderts wurde der torg in der Nähe von Nischnij Nowgorod zum Haupthandelsplatz.
Die erste große Jarmarka in Russland war die Makarjewskaja, das heißt der Makarjewskij torg, benannt nach dem Scheltowodskij Makarjewskij Kloster. Damals befand sich die Messe in der Nähe des Klosters, 90 km von Nischnij Nowgorod entfernt, und zu Beginn des 19. Jahrhunderts zog sie nach Nischnij Nowgorod selbst um, wo neue moderne Pavillons für sie gebaut wurden.
Ursprünglicher Plan der Handelsreihen auf dem Jahrmarkt von Makarievskaya. Aus der Akte von A. Betancourt, 1821.
Public domainUrsprünglich befand sie sich in der Mitte der Wolga-Route, zwischen dem Zusammenfluss von Oka und Kama. 1552-1556 eroberte Iwan der Schreckliche Kasan und Astrachan und nahm die Wolga-Handelsroute in Besitz – Kaufleute aus dem Norden strömten in die südlichen Länder, da Iwan Wassiljewitsch den Handel mit Persien erlaubte.
Neben der Makarjewskaja Jamarka gab es noch die Messen in Irbit, Perm, Orenburg, Barnaul und viele andere in kleinerem Rahmen. Im Jahr 1864 fanden mehr als 18.000 Messen mit einem Umsatz von über einer Milliarde Rubel statt (zum Vergleich: 1866 betrugen die Haushaltseinnahmen 362.475.811 Rubel).
Jeder Basar oder Markt ist nicht nur ein Ort für den Handel. Er ist vor allem ein öffentlicher Ort, ein Bereich für Unterhaltung, Selbstdarstellung und Werbung, und in dieser Hinsicht ähnelt er den antiken Agoras und modernen Einkaufszentren.
Auf der Moloschskij-Wiese gab es zum Beispiel über 70 Tavernen – und jede Jarmarka war ein Ort, an dem man sein gesamtes Geld loswerden konnte (und wenn man Pleite war, sogar seine Kleidung). Aber die Leute tranken in den Tavernen und vergnügten sich bei den Shows und Attraktionen der Künstler. Auf dem Festplatz gab es Petruschniki (Puppenspieler), Zirkuskünstler, es wurden gelehrige Bären vorgeführt und Hahnenkämpfe veranstaltet.
Eine der beliebtesten Volksbelustigungen war der Rajók, mit der unsere Vorfahren „Filme“ anschauten. Ein Rajók war ein Holzkasten mit zwei Lupen auf der Vorderseite. Die Kiste stand auf einem kleinen Tisch oder auf Rädern. Zwei Personen konnten gleichzeitig hineinschauen, jede durch eine Öffnung. Im Inneren befand sich eine einfache „Leinwand“ – ein Papierstreifen mit Bildern, der von einer Rolle abgerollt und auf eine andere aufgerollt wurde. Manchmal wurden die Bilder von einer Kerze beleuchtet. Durch den Wechsel von farbigen Gläsern konnte man das Gegenlicht blau oder rot färben. Daher stammte wohl auch die Bezeichnung – abgeleitet vom Wort raduga (dt.: Regenbogen).
Der russische Rajók. Lithographie. 1857.
Public domainAber das Gerät selbst war nur die Hälfte des Spaßes; was auf das Papier gezeichnet wurde, musste kommentiert werden, und da kam der Rajóschnik ins Spiel. Er sprach in Reimen zu jedem Bild – Panoramen von Paris und Moskau, die Schlachten von Borodino und Poltawa, andere russische und „überseeische“ Szenen. „Schau, schau, hier ist die große Stadt Paris, du betrittst sie und bist wie im Paradies! Eine große Säule haben sie dort hingestellt, von dort schaut Napoleon in die Welt. Die Franzosen laufen über den Rasen und bohren in ihren Nasen“ – ein Beispiel für ein solches Rajók-Gedicht.
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