Hexerei, Chimären, Satire: Diese fünf Bücher von Nikolai Gogol helfen Ihnen, Russen zu verstehen

Yu. Levyant/Sputnik, KirstentB/Pixabay, Konstantin Yershov/Mosfilm, 1967, Aleksandr Rou/Gorky Film Studio, 1961
Nikolai Gogol formulierte und ironisierte viele Probleme der russischen Gesellschaft.

Ein Betrüger kommt in die Kreisstadt N und gibt sich als hoher Beamter aus der Hauptstadt aus. Ein Priesterseminarist begräbt eine junge tote Frau und diese steht aus dem Sarg auf. Major Kowaljow wacht auf und stellt fest, dass seine Nase abhandengekommen ist. Dies sind nur drei Geschichten aus Nikolai Gogols Werk. Er skizzierte zahlreiche Facetten des russischen Charakters. Und wenn Sie Russland besser verstehen wollen, empfehlen wir Ihnen, diese Bücher zu lesen.

  1. Die toten Seelen

Alexander Kaljagin mit Tschitschikow

Der Hauptteil des Werkes wurde vom Autor in Italien geschrieben. Und seitdem glaubt man, dass ein russischer Schriftsteller sein Land aus der Ferne betrachten muss, um einen guten Roman zu schreiben.

Der zweitklassige Beamte Tschitschikow kommt in die Provinzstadt N und klappert die Gutshöfe ab, um „tote Seelen" aufzukaufen. Als „Seelen“ werden die bäuerlichen Leibeigenen bezeichnet. Wenn eine solche „Seele“ stirbt, wird sie dennoch bei der Volkszählung mitgezählt. So nützt sie dem Grundbesitzer zwar nichts mehr, aber Tschitschikow kann mit ihnen seinen sozialen Status aufpolieren, und deshalb braucht er möglichst viele dieser Leibeigenen, auch wenn diese eigentlich schon tot sind.

Das Werk enthält viele lyrische Exkurse und Reflexionen über das Schicksal Russlands. „Stürmst nicht auch du dahin, mein Russland, wie eine flinke Troika, die niemand einholen kann?”

Gogol beabsichtigte, drei Bände des Buches zu schreiben – entsprechend Dantes Hölle, Fegefeuer und Paradies. Die Hölle, das heißt der erste Band, der uns erhalten geblieben ist, spiegelt facettenreich alle dunklen Seiten des russischen Charakters wider: Veruntreuung von Staatsgeldern, Bestechung, Pharisäertum (und schlechte Straßen!). Aber als Gogol am „Fegefeuer“ schrieb, erkannte er, dass ihm die Beschreibung positiver Charaktere nicht gelingt. Deshalb verbrannte er (der Legende nach) kurz vor seinem Tod das Originalmanuskript des zweiten Teils.

  1. Der Revisor

Jewgeni Mironow als Chlestakow

Dieses Theaterstück hat einen ähnlichen Beginn – der kleine Beamte Chlestakow kommt in eine Provinzstadt. Kein Geld in der Tasche, kann er sich nicht einmal ein Mittagessen leisten. Aber da erfährt er, dass die Stadtoberen gespannt die Ankunft eines Revisors aus St. Petersburg erwarten, der inkognito zu einer Buchprüfung zu ihnen kommen soll. Chlestakow gibt sich kurzerhand als diesen Inspektor aus.

Die Honoratioren der Stadt kommen einer nach dem anderen zu ihm, um vor ihm zu kriechen, ihm Geld und Dienste anzubieten, und der Polizeimeister bietet ihm sogar die Hand seiner einzigen Tochter an. Aber wir werden hier nicht zu viel verraten – lesen Sie das Buch selbst, es ist sehr lustig!

  1. Abende auf dem Weiler bei Dikanka

Gogol wurde in Welyki Sorotschynzi geboren, einer Landgemeinte in der Nähe der Stadt Myrhorod, einst Malorossiya genannt, die später zur Ukraine kam. Er sang viele Loblieder auf die kleinrussische Lebensweise, deren Traditionen und das Landleben. Seine beiden Romane – Abende auf einem Weiler bei Dikanka und Mirgorod – sind der Heimat gewidmet.

Unter seinen Werken sind beängstigende Romane, fast im Stil des Horrors (Eine Mainacht oder Die Ertrunkene, Schreckliche Rache), aber andererseits auch sehr lustige (Die Nacht vor Weihnachten). Alle jedoch haben mit Hexerei zu tun.

Die Faszination für Zauberei und Mystik in seinen Büchern hinterließ bei Gogol ihre Spuren. Es gibt viele Mythen um sein Grab herum: Der Schriftsteller wurde im Danilow-Kloster begraben, aber als man dieses in der Sowjetzeit auflöste, wurden seine sterblichen Überreste auf dem Nowodewitschi-Friedhof bestattet. Es heißt, dass der Schädel während der Exhumierung nicht gefunden worden sei. Anderen Gerüchten zufolge befanden sich die Überreste in einer unnatürlichen Lage. Man nahm an, dass Gogol in einem lethargischen Traum begraben wurde – etwas, wovor er sich angeblich am meisten in seinem Leben gefürchtet hatte.

  1. Mirgorod

Diese Sammlung von Kurzerzählungen gilt als Fortsetzung der „Abende“, zeichnet sich jedoch durch einen größeren Tiefgang und Ernst aus. Alle vier Geschichten existieren als eigenständige Werke und nicht jeder Leser weiß, dass sie eigentlich aus einer einzigen Sammlung stammen. Die berühmteste von ihnen ist die Horrorerzählung Der Wij (die Handlung haben wir bereits anfangs erwähnt – ein Priesterseminarist erteilt einer Toten den letzten Segen), die mehrfach verfilmt wurde. Ein weiteres lesenswertes Werk ist Taras Bulba über den berühmten Kosakenanführer und dessen beiden Söhne, die alle zusammen in den Krieg ziehen. Es gibt Liebe und Verrat und Mord. „Ich habe dich gezeugt, ich werde dich töten“ ist ein Ausspruch Bulbas, der heutzutage ein geflügeltes Wort ist.

Gutsbesitzer aus alter Zeit ist eine Geschichte über das friedliche und ruhige Leben der älteren Generation und kinderloser Eheleute, eine bewegende Geschichte über ihre Liebe. Der Titel Die Geschichte vom großen Krakeel zwischen Iwan Iwanowitsch und Iwan Nikiforowitsch spricht für sich: Zwei Freunde versuchen einander auszutricksen – eine gleichzeitig lustige und traurige Geschichte.

  1. Die Petersburger Novellen

Nach den ukrainischen Folkloregeschichten Abende auf dem Weiler bei Dikanka und Mirgorod und den Provinzabenteuern von Tschitschikow und Chlestakow tauchen wir nun in die Glitzerwelt der Hauptstadt des Russischen Reiches ein.

Diese Sammlung zeigt das Leben des Kleinen Mannes im seelenlosen St. Petersburg. Statt Persönlichkeiten gehen Schnurrbärte und Koteletten den Newskij-Prospekt entlang und präsentieren ihre neue Mäntel und Zylinder.

Das Porträt erinnert entfernt an E. T. A. Hoffmanns Sandmann. Ein junger Künstler kauft das verfluchte Porträt eines unbekannten Kredithais und wird verrückt! Major Kowaljows Nase aus der gleichnamigen phantasmagorischen Geschichte hat sogar ihre Spuren in St. Petersburg hinterlassen – im Zentrum der Stadt wurde ihr ein Denkmal gesetzt.

Aber die berühmteste Geschichte in der russischen Literatur über den Kleinen Mann, der schweigend duldet und nicht rebelliert, ist gewiss Der Mantel. Akakij Akakijewitsch Baschmatschkin (dessen Name auf Russisch wie eine Art Schuh klingt) ist ein kleiner Beamter, der sich ganz der wichtigen Aufgabe des... Abschreibens von Dokumenten gewidmet hat. Sein Mantel muss geflickt werden. Also bringt er ihn zu einem Schneider, der Baschmatschkin erklärt, dass das Kleidungsstück nicht mehr zu retten sei. Ein neuer muss gekauft werden, mit schrecklichen Folgen!

>>> Der Schädel von Gogol

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