Verschwörungstheorien: Fünf Russen, deren Tode die wildesten Spekulationen auslösten

Gemeinfrei, Alexander Lewizki/Sputnik
Ein berühmter Autor, der lebendig begraben wurde, ein Zar, der nach Sibirien floh, und ein vergifteter Sowjetherrscher. Glauben Sie diese Gerüchte?

Alexander I. Romanow  (1777 – 1825)

Als Alexander 1801 zum Zaren gekrönt wurde, nahm man an, dass er am Putsch gegen seinen Vater Paul I. beteiligt war.

Nachdem der Zar und seine Truppen 1812 Napoleon besiegten, die französische Dominanz über Europa beendeten und 1814 schließlich triumphal nach Paris einmarschierten, vergab man ihm den angeblichen Putsch zunächst.

1825 war Alexander 47 Jahre alt und in einem guten Gesundheitszustand, weswegen es zunächst alle überraschte (rus), als er an Typhus starb. Die Umstände seines Todes führten zu Verschwörungstheorien. Der bekanntesten Theorie zufolge kam er nicht damit zurecht, seinen eigenen Vater umgebracht zu haben und täuschte deshalb seinen Tod vor, um ein neues Leben in Sibirien zu beginnen. Unter dem Namen Fjodor Kusmitsch soll er noch weitere 39 Jahre als einfacher Bauer gelebt haben.  

Natürlich gibt es keine Beweise für diese Theorie. Fjodor Kusmitsch selbst behauptete zwar nie, ein Romanow zu sein, verneinte es aber auch nicht. Während Historiker eher skeptisch sind, hängen Verschwörungstheoretiker bis heute an der Idee, dass Alexander den Thron durch eine Hütte im Hinterland ausgetauscht hat.

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Alexander Puschkin (1799 – 1837)

Für die meisten Russen ist Puschkin (und nicht etwa Tolstoi oder Dostojewski) der größte russische Literat. Er starb tragisch während eines Duells mit einem Franzosen, den er beschuldigte, mit seiner Frau zu flirten. Eine andere Version der Geschichte ist, dass Puschkin das Duell lediglich erfand, um nach Frankreich fliehen zu können.

Puschkin sprach fließend Französisch und träumte davon, Zarenherrschaft und Zensur zu entkommen. Doch die Theorie wird noch wilder: Angeblich änderte er seinen Namen in Alexandre Dumas und schrieb Romane wie Die drei Musketiere und Der Graf von Monte Christo. Ein angeblicher Beweis ist Dumas‘ Roman Der Fechtmeister, der den Dekabristen gewidmet ist, mit denen auch Puschkin sympathisierte.   

“Natürlich sind diese Theorien völliger Quatsch, aber wenigstens ist es lustig“, kommentiert (rus) Literaturkritiker Lew Obrin. „Die Theorie basiert hauptsächlich auf der optischen Ähnlichkeit beider Autoren. Puschkin hatte einen dunkelhäutigen Urgroßvater, Dumas‘ Großmutter war ebenfalls dunkelhäutig.“ Trotzdem kann man die Theorie einfach widerlegen. Dumas‘ Karriere begann vor Puschkins Tod im Jahr 1837 und die Schreibstile unterscheiden sich erheblich.  

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Nikolai Gogol (1809 – 1852)

Ein weiterer berühmter Autor, Nikolai Gogol, starb 1852 an einer unbekannten Krankheit. Sein Tod nährte düstere Legenden.

In seinem Testament schrieb Gogol: „Ich bitte euch, mich nicht zu begraben, ehe mein Tod eindeutig festgestellt wurde.“ Scheinbar hatte er Angst, lebendig begraben zu werden. Die Legende besagt, dass seine größte Angst wahr wurde. Fast 80 Jahre nach seinem Tod wurde er exhumiert. Der Autor Wladimir Lidin, der die Exhumierung beobachtete, behauptete später, den zusammengerollten Körper des Poeten und den aufgerissenen Deckel des Sarges gesehen zu haben – als hätte Gogol versucht, auszubrechen.

Tatsächlich ist auch diese Theorie unwahr. „Lidin liebte es, sich Dinge auszudenken“, schreibt (rus) Michail Dawydow, Assistenzprofessor an der Medizinischen Akademie Perm. „Die Verwesung tritt sehr schnell ein. Nach 79 Jahren besteht eine Leiche nur noch aus Knochen, die nicht einmal mehr miteinander verbunden sind. Ein hölzerner Sarg wäre ebenfalls einfach verrottet.

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Anastasia Romanowa (1901 – 1918)

Großherzogin Anastasia Nikolajewna Romanowa, Tochter des letzten Zaren Nikolaus II., war 17 Jahre alt, als sie, zusammen mit dem Rest ihrer Familie, von den Bolschewiki erschossen wurde. Ihr Tod führte zu einer ganzen Reihe Verschwörungstheorien. Über 30 Frauen behaupteten, Anastasia zu sein und erzählten teils wundersame Geschichten, wie sie in letzter Sekunde entkommen wären.

Die erfolgreichste unter ihnen war Anna Anderson, eine polnischstämmige Frau, die vermutlich unter einer psychischen Krankheit litt. Obwohl sie einige Verwandte der Romanows überzeugen konnte, glaubte ihr die Mehrheit der Menschen nicht. Trotzdem schaffte sie es mit ihrer Geschichte bis nach Hollywood: Der Film Anastasia aus dem Jahre 1956 und der gleichnamige Zeichentrickfilm von 1997 basieren lose auf ihren Erzählungen. 

>>> Zehn Fakten zum Mord an der Zarenfamilie 1918

Wladimir Lenin (1870 – 1924)

Der Gründer der Sowjetunion ist ebenfalls Gegenstand zahlreicher Verschwörungstheorien. Kurz nachdem die Bolschewiki den Bürgerkrieg gewonnen haben, wurde Lenin krank. Zwei Jahre kämpfte er gegen die Krankheit, bis er 1924 starb.

Einige, darunter auch Leo Trotzki, der in den 1920er-Jahren ins Exil gezwungen wurde, beschuldigten Stalin, Lenin umgebracht zu haben. „Stalin konnte nur an die Macht kommen, wenn Lenin starb“, schrieb (rus) Trotzki.

Bis heute glauben trotzkistische Theoretiker daran, dass Stalin Lenin vergiften ließ. Die meisten anderen Historiker halten jedoch entgegen, dass Lenins Gesundheitszustand genauestens beobachtet wurde und dass Stalin zu dieser Zeit noch nicht genug politischen Rückhalt hatte, um Lenin zu töten.

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