Schlagfertiger Schriftsteller: Wie Puschkin auf Kritik und Beschimpfungen reagierte

Alexander Puschkin

Alexander Puschkin

Legion Media
Puschkin musste viele bissige Bemerkungen von seinen Zeitgenossen über sich ergehen lassen, aber er begegnete ihnen mit viel Witz.

Kritiker und Neider hatten noch nie Mitleid mit Schriftstellern. Heute betrachten wir Alexander Puschkin als einen der wichtigsten russischen Dichter, doch einige der Kritiken seiner Zeitgenossen zu Lebzeiten Puschkins waren vernichtend und sogar beleidigend. Im Jahr 1830 erklärte Puschkin, wie er der Kritik begegnen wolle und schrieb, dass er echte Kritiker immer respektiere und versuche, sich in ihre Gedankenwelt hineinzuversetzen, dass er jedoch immer scheitern würde.  

Die Beleidigungen in den Magazinen machten ihm, das gab Puschkin zu, eine Zeit lang zu schaffen. Die Verfasser hatten damit ihr Ziel erreicht. In einem Artikel mit dem Titel „Erfahrung mit der Zurückweisung einiger nichtliterarischer Anschuldigungen“ schrieb Puschkin, er schäme sich, grundlegende Wahrheiten erklären zu müssen, um die unfairen Kritiker zu widerlegen. Der Hauptgrund, warum er nicht auf sie reagiere, sei seine Faulheit. Der Dichter erklärte, nie wütend genug zu sein, um sich mit seinen Gegnern zu streiten und ihnen zu beweisen, dass sie falsch lägen. Er hielt es sogar für einen dummen Zeitvertreib. Puschkin versuchte dennoch, einige Beleidigungen und Kritiker zu widerlegen.

Auseinandersetzung mit Nadeschdin 

Einer der Kritiker, mit denen Puschkin Konflikte hatte, war Nikolai Nadeschdin, ein Ethnograph und Publizist. 1829 veröffentlichte dieser einen Artikel in der Zeitschrift „Westnik Europi“ (zu Deutsch „Europäischer Bote“), in dem er Puschkins Gedicht „Graf Nulin“ mit ziemlich unfreundlichen Worten rezensierte: „Graf Nulin ist eine Null!“ Nadeschdin beschrieb das Werk als „eine Seifenblase, die in allen Regenbogenfarben charmant leuchtet“. Darüber hinaus kritisierte der Publizist in diesem Jahr noch das Gedicht „Poltawa“ in derselben Zeitschrift. Nadeschdin gestaltete diese Kritik als Dialog. Ein Gesprächsteilnehmer sagte: „Wie ich denke, war ‚Poltawa‘ für Puschkin selbst ein Poltawa. Er war dazu bestimmt, das Schicksal Karls XII. zu erleben!“ Nadeschdin stimmte dem zu und sagte: „Das absolute Lob hat Alexander Sergejewitsch sicherlich gelangweilt. Vielleicht ist die Stimme der Wahrheit für ihn angenehmer, zur Abwechslung!“  

Nikolai Nadeschdin

Puschkin konnte das nicht ertragen und antwortete mit mehreren Epigrammen. In einem von ihnen namens „Na Nadeschdina (zu Deutsch: „An Nadeschdin“) nennt er den Publizisten einen „Zeitschriftenclown“ und einen „schlauen Leibeigenen“. „Lakai, bleib bei den Dienern“, fordert er ihn auf. In einem anderen Epigramm namens „Maltschischka Febu gimn podnes“ („Ein Junge brachte eine Hymne zu Phoebus“) wird Nadeschdin als Seminarist dargestellt, (der Publizist war wirklich ein Seminarabsolvent), der Phoebus, dem griechischen Gott des Sonnenlichts und der Poesie, „Dissertationen eines Lakaien bringt. Phoebus mag die Werke des Seminaristen nicht und befiehlt, ihn mit Stöcken schlagen zu lassen. Schließlich erzählt das dritte Epigramm mit dem Titel „Saposchnik (Pritscha)“ (zu Deutsch „Schuhmacher (Gleichnis)“) von einem Schuhmacher, der versucht, ein Gemälde zu beurteilen. Der Künstler fordert ihn auf, nur die Stiefel zu bewerten. Mit anderen Worten: Schuster, bleib bei Deinen Leisten und beurteile nur das, wovon Du etwas verstehst. Trotz dieser groben Reaktionen wurde Nadeschdins Haltung gegenüber Puschkin im Laufe der Zeit positiver.

Konflikt mit Bulgarin 

Faddei  Bulgarin

Viele promonarchische Kritiker hassten Puschkin hauptsächlich wegen seiner politischen Ansichten. Einer von ihnen war Faddei Bulgarin, ein Journalist und Schriftsteller. 1830 schrieb Bulgarin einen historischen Roman mit dem Titel „Dmitri Samoswanez“ (zu Deutsch „Der falsche Dmitri“) über die Zeit der Wirren in Russland. Bald veröffentlichte die Literaturzeitschrift „Literaturnaja Gaseta einen anonymen Artikel, in dem die „leeren Worte“ und „historischen Fehler“ des Romans kritisiert wurden. Der Artikel stammte von Anton Delwig, einem engen Freund Puschkins, aber Bulgarin vermutete, dass Puschkin den Artikel selbst geschrieben habe. Delwig bemerkte, dass der Autor des Buches auf der Seite der Polen gestanden habe und Bulgarin wohl selbst Pole sei (was wahr war). Bulgarin fand diesen Teil des Artikels besonders beleidigend.

Bulgarin beschloss, sich zu rächen und veröffentlichte in seiner Zeitung „Sewernaja Ptschela den Artikel „Anekdot“. Dort wurde Puschkin allegorisch als französischer Dichter dargestellt, der „eifrig Bachus und Plutus“ (griechische Götter des Weines und des Reichtums) anstelle der Musen diene und dessen Herz „ein kaltes und stummes Wesen wie eine Auster“ sei. Bulgarin wurde dort als E. T. A. Hoffmann gezeigt. Und dieser völlig langweilige Dichter beschuldigte nun den großen Hoffmann, kein wahrer Franzose zu sein. Puschkin erinnerte sich an diese Episode in seinem Artikel „Erfahrung mit der Abwehr einiger nicht literarischer Anschuldigungen“ sowie an weitere Fälle, die nicht als Literaturkritik bezeichnet werden konnten, sondern nur persönliche Beleidigungen waren.

Alexander Puschkin

Puschkin schrieb, dass er so wütend war, dass er nicht aufhören konnte, bis er alle Beleidigungen und spitzen Bemerkungen losgeworden war. 1831 veröffentlichte er einige Artikel unter dem Namen Feofilakt Kosischkin. Einer trug den Titel „Einige Worte über einen kleinen Finger von Herrn Bulgarin und anderen“. Der Titel bezieht sich auf einen Satz von Nikolai Gretsch, Mitherausgeber und Verbündeter von Bulgarin: „In seinem (Bulgarins) kleinen Finger steckt viel mehr Witz und Talent als in den Köpfen vieler seiner Kritiker." Der vermeintliche Kosischkin fragte sich, wem Gretsch mit Bulgarins kleinen Finger drohen wolle. Nacheinander zählte er verschiedene Personen auf und kam schließlich bei „Kosischkin“ an. Doch ihn könne kein Finger der Welt erschrecken, denn in seinen Fingern stecke tausendmal mehr. 

Puschkin hat sich viele Beleidigungen von weiteren Kritikern anhören müssen und hatte viele Auseinandersetzungen. Aber das hindert uns heute nicht daran, alle seine Werke trotz der Polemik der Vergangenheit zu würdigen.

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