Was gibt es Romantischeres, als auf einer Wiese zu liegen und riesige Landschaftsskulpturen und Architektur zu bewundern? Jedes Jahr findet in der Region Kaluga (200 km südlich von Moskau) das Open-Air-Festival für Landschaftsobjekte namens „Archstojanie" statt. Mehrere Tage lang veranstalten moderne Künstler Theateraufführungen und stellen ihre Kreationen aus, die am Ende einen festen Platz im Park erhalten. Das Thema des Jahres 2021 lautete „Persönlich“. Die Architekten ließen sich von der Pandemie inspirieren, die viele Menschen dazu zwang, einen Gang zurückzuschalten und sich auf sich selbst zu konzentrieren.
Russisches Ideal
Das wichtigste Kunstobjekt des Festivals war ein Spiegelhaus in Form einer Röhre des Moskauer Chefarchitekten Sergej Kusnezow mit dem Titel „Russisches Ideal“. Damit setzte er seine Visionen über die Zukunft der russischen Architektur in die Tat um. Das Haus mit einem Durchmesser von 3,5 Metern und einer Länge von 12 Metern steht auf der Spitze eines Hügels und „hängt" buchstäblich in der Luft. Im Inneren sieht es aus wie ein winziges Studio-Apartment mit einem Schlafzimmer, einer Küche, einem Badezimmer und einem kleinen Flur. Die Inneneinrichtung besteht aus Holz und Metall, der Boden ist mit Keramikfliesen ausgelegt. Und es ist voll funktionsfähig, mit allen notwendigen Annehmlichkeiten: Wasser, Heizung, Strom - mit freundlicher Genehmigung der Baufirma Krost. Besucher können dieses Haus sogar für eine Nacht buchen, wenn sie in Nikola-Lenivez übernachten möchten (es wird allerdings eine lange Warteliste geben!).
„Betrunkener Zaun“
Die Installation, die eine schiefe Mauer symbolisiert, ist dank des Künstlers Vladimir Nasedkin und mit Unterstützung des AZ-Museums (Anatoly Zverev Art Museum) im Park entstanden. „Als die Pandemie begann und unsere komplexen Beziehungen mit der ganzen Welt beeinflusste, schien es mir, dass dies nicht nur ein Zaun, sondern auch eine Mauer war, die uns und uns nahestehende Menschen im Ausland trennte", sagt der Künstler über seine Konstruktion. „Der Zaun ist ein so alltägliches Objekt, dass er scheinbar nicht bemerkt wird und zu einem idealen Objekt für die Selbstdarstellung wird", erklärt der Künstler.
„Undurchdringliches Dickicht“
Die jungen Künstler Wasilisa Prokoptschuk und Jewgenij Bragin präsentierten den „auf den Kopf gestellten Wald“ - an einem Holzgitter aufgehängte Erlenstämme. Die Macher sagen, dass der Mensch neben den fünf bekannten Sinnen auch einen inneren Orientierungssinn im Raum hat. Bei einem Spaziergang durch einen unbekannten Wald kann man leicht die Orientierung verlieren - die Wege verwechseln, die Geräusche des Weges nicht hören. Vertraut man jedoch auf seine Intuition, findet man selbst aus dem undurchdringlichsten Dickicht einen Ausweg. Die Künstler bieten den Besuchern an, sich ihren eigenen Weg aus dem Wald zu bahnen. Eine Mini-Version dieses Werks steht übrigens diesen Sommer in der Nähe des Kaufhauses GUM in Moskau. Für ein Abenteuer reicht es nicht, aber für tolle Schnappschüsse schon.
„Persönlich“
Ein weiteres Konzept moderner Häuser für die Einsamkeit ist eine Serie von zehn Kapselunterkünften für eine Person. Jedes dieser „Häuser" wurde von verschiedenen Künstlern gestaltet und hat ein einzigartiges Äußeres und Inneres. In einem der Häuser befindet sich beispielsweise ein weißer Stoff, der auch auf der ISS verwendet wird. In der Dunkelheit kann man ein Hologramm eines Marssturms auf einer weißen Wand sehen und sich wie ein Bewohner des Roten Planeten fühlen. In einem anderen Wigwam hängt ein Kokon aus Fäden und gläsernen „Saugnäpfen" - ein Symbol der „Verpuppung" als eine Art psychologischer Schutz. In der dritten Hütte befindet sich ein Brunnen mit Fischen und gefallenen Blättern.
Die Künstler sagen, dass man beim Blick in diesen Brunnen über die Verbindung von Zeit und Raum nachdenken kann.
Mezzanin-Haus
Dieses Kunstobjekt blieb von der letztjährigen „Archstojanie“ übrig. Im Jahr 2020 widmeten sich die Künstler der Faulheit als Motor der Weltkultur. Einige Objekte waren auch dem Zuhause gewidmet. Zum Beispiel dieses Hochparterre-Haus. Es wurde von dem Moskauer Straßenkünstler Alexey Luka aus Materialien gebaut, die er in der Umgebung gefunden hat: Zäune, Dächer, Palletten. Im Inneren befindet sich so etwas wie eine Künstlerwerkstatt. Draußen kann man es sich auf einem Liegestuhl bequem machen und faulenzen.
Roter Wald
Der „Rote Wald“ ist nicht nur ein Kunstobjekt. Er hat auch eine sehr praktische Funktion: Es handelt sich um eine Brücke, über die man eine Schlucht überqueren und so in den anderen Teil des Parks gelangen kann. Die Installation des Künstlers Igor Schelkowski besteht aus einer Reihe roter, sechs Meter langer Balken, die zu jeder Jahreszeit einen scharfen Kontrast zur umgebenden Landschaft bilden.
Pavillon
Ein Pavillon oder eine Ruine? Die Installation von Iwan Gorschkow hat großes Interesse geweckt. Dieses Kunstobjekt ist aus Eisen gefertigt und wird von mystischen „Waldgestalten" bewohnt. Der Künstler schlägt vor, diesen Pavillon als Rastplatz zu nutzen.
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