Was verbirgt sich hinter der russischen Redewendung „Es ist nicht immer Masleniza für einen Kater“?

Kira Lisitskaya (Photo: Komsomolskaya Pravda/Global Look Press; Pixabay; Unsplash)
In der russischen Sprache gibt es eine große Zahl populärer Wendungen, die interessante kulturelle Eigenheiten widerspiegeln. Hier ist eine von ihnen. Hinweis: Masleniza (dt.: Butterwoche) ist die beliebte Festwoche mit üppigem Essen vor dem Beginn der strengen Fastenzeit im Frühjahr.

„Kann ich noch ein paar Videospiele spielen, Mama?“ „Nein, Schatz, es ist nicht immer Masleniza für einen Kater.“

„Warum bekommen wir kein Taschengeld mehr?“ „Gerade ist eine Finanzkrise – es ist nicht immer Masleniza für einen Kater.“

Dies sind einige Beispiele dafür, wie das Sprichwort Es ist nicht immer Masleniza für einen Kater verwendet werden kann. Im Wesentlichen bedeutet es, dass nicht jeden Tag Sonnenschein ist im Leben. In Deutschland würde man sagen: Alle Tage ist kein Sonntag.

Wie ist das Sprichwort entstanden?

Не все коту масленица (Nje wsjo katú masleniza) – so klingt das Sprichwort auf Russisch. Masleniza, mit unserem Fasching vergleichbar, ist ein slawischer Volksfeiertag – die die Butterwoche oder eigentlich Pfannkuchenwoche, die das Ende des Winters und den nahenden Frühling symbolisiert.

Die Menschen feiern diese Woche in großem Stil – dieses Volksfest dauert eine ganze Woche lang und es wird in der Regel viel gegessen (vor allem Pfannkuchen) und getrunken. Aber warum sollte sich ein Kater auf Masleniza freuen? Weil er in dieser Woche natürlich gut gefüttert wird und vor allem viele Leckereien bekommt, vor allem viel Milch. Kurz gesagt, dies ist wahrscheinlich die beste Woche des ganzen Jahres für den Kater.

Eigentlich hatte das Sprichwort noch einen zweiten Teil, der in Vergessenheit geraten ist. Er lautete wie folgt: Es ist nicht immer Masleniza für einen Kater, es kommt auch die Fastenzeit.

In der Tat beginnt gleich nach dem Masleniza-Fest die strenge Fastenzeit, die 48 Tage lang bis Ostern andauert. Während dieser Tage sind viele Lebensmittel verboten – vor allem alle tierischen Produkte.

Nach Ansicht der russisch-orthodoxen Kirche geht es in der Fastenzeit nicht nur um Essen, sondern auch darum, sich von allen negativen Gedanken (und der Sexualität) zu befreien, um Geist und Körper zu reinigen. Historisch gesehen war die Fastenzeit notwendig, da alle Lebensmittelvorräte, die die Bauern im Spätsommer für den Winter angelegt hatten, bis zum Februar aufgebraucht waren. Sie mussten also die Menge der Lebensmittel, die sie aßen, reduzieren.

Am Ende des Winters begannen also schwierige und entbehrungsreiche Zeit für die Menschen, aber auch für die Katzen! Dazu passt auch das deutsche Sprichwort Bis Weihnacht gibt es Speck und Brot, nachher kommt Kält' und Not.

Das Sprichwort in der Literatur

Das Sprichwort stammt aus einem Theaterstück von Alexander Ostrowskij aus dem Jahr 1871, das in vielen Theatern in Russland aufgeführt wurde. Im Deutschen ist es unter dem Namen Alle Tage ist kein Sonntag bekannt.

Diese Komödie handelt von dem wohlhabenden Kaufmann und kleinen Tyrannen Ermil Sotytsch Achow und dessen ehrgeizigen Verwalter Ippolit.

Beide werben um die Hand von Agnia, einem bescheidenen Mädchen ohne Mitgift, der Tochter einer Kaufmannswitwe. Ermil zweifelt nicht daran, dass Agnia sich für ihn entscheiden wird, und glaubt, er tue ihr einen Gefallen, wenn er sie heiratet. Sie schockiert ihn jedoch, indem sie beschließt, Ippolit zu heiraten.

Ermil ist darüber wütend und schreit: „Warum liegen mir diese armen Leute nicht zu Füßen wie in alten Zeiten?“ Daraufhin antwortet Agnia: „Es ist, Ermil Sotytsch, wie das russische Sprichwort sagt: Es ist nicht immer Masleniza für einen Kater, es kommt auch die Fastenzeit.“

Damit will sie sagen, dass die guten Zeiten auch für die Reichen und Mächtigen irgendwann zu Ende gehen und auch arme Leute ihren Stolz haben.

Mit diesem Sprichwort sagen sich die Russen im Wesentlichen, dass man nicht vergessen soll, dass alles Gute einmal zu Ende geht. Auf diese Weise ist man geistig vorbereitet und kann auf solche Situationen philosophisch reagieren und sich gleichzeitig daran erinnern, dass es auch andersherum ist: Nach dem Regen kommt der Regenbogen.

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