Russische Spitznamen für andere Nationen: Von Yankees, Fritzen und Froschleuten

Lifestyle
OLEG JEGOROW
Hoffentlich werden Ihnen die folgenden Worte nie zu Ohren kommen – es sei denn, russische Freunde wollen Sie damit bekannt machen. Auf russischen Straßen jedoch können Sie den stereotypischen Charakterisierungen anderer Nationen öfter begegnen.

Menschen machen sich über andere Menschen lustig – so ist das Leben. Nationale und kulturelle Unterschiede führen manchmal dazu, dass man sich stereotypische Spitznamen ausdenkt, um den anderen, manchmal grob und herablassend, zu beschreiben.

Das geschieht überall – Menschen lieben es einfach einander zu hassen! In Lateinamerika werden Menschen kaukasischer Herkunft gerne als „Gringo“ bezeichnet. In Frankreich werden Deutsche gerne mal „Boches“ genannt. Und auch Russland hat sein Repertoire an Spitznamen für anderen Nationen. Einige von ihnen stellen wir hier vor.

Die Deutschen – Fritzy und Hansy

Russland und Deutschland haben eine lange und ein wenig mühsame Geschichte, die beide Länder verbindet. Daher ist es keine Überraschung, dass die Russen auch für Deutsche ein paar Spitznamen parat haben. Bereits das russische Wort für Deutsche („nemtsy“) ist ein ehemaliger Spitzname, der seine Wurzeln im Adjektiv „nemoi“ hat und auf Deutsch so viel wie „stumm“ bedeutet.

Als die Deutschen im Mittelalter nach Moskau kamen, waren viele Einwohner enttäuscht, dass die deutschen Gäste vollkommen unfähig waren, Russisch zu sprechen. Für die Russen des Mittelalters, die selbst keine Fans anderer Sprachen waren, bedeutete das, dass die neuen Mitbewohner quasi stumm waren – das Wort „nemtsy“ war geboren.

Heutzutage handelt es sich dabei um eine offizielle Bezeichnung, die keine negative Konnotation besitzt. Andere russische Spitznamen sind jedoch weniger höflich: So werden Deutsche gerne auch mal „Fritzy“ („Fritzen“) oder „Hansy“ („Hansen“) genannt. Diese Spitznamen entstanden im Laufe des Ersten Weltkrieges, als die Russen mit den deutschen Gefangenen kommunizierten und herausfanden, dass Fritz und Hans die geläufigsten Vornamen unter ihnen waren. Umgekehrt nennen die Deutschen einige andere slawische Nationen „russische Iwans“.

Die Amerikaner – Pindosy und Yankees

Der Spitzname Yankee ist allgemein bekannt und seine Herkunft offensichtlich: So wurden die Amerikaner während der Amerikanischen Revolution von den Briten genannt – der Rest der Welt schloss sich dem an, auch Russland. Doch was hat es mit dem kuriosen Wort „pindosy“ auf sich?

Laut der bekanntesten Version geht dieser Spitzname auf die Zeit zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert zurück und wurde ursprünglich für die Griechen benutzt. Das Pindosgebirge befindet sich tatsächlich im Norden von Griechenland, so dass die Russen, die an der Küste des Schwarzen Meeres lebten und einige Auseinandersetzungen mit vor den Türken dorthin geflohenen Griechen hatten, auf den Spitznamen „pindosy“ kamen.

Und was hat das nun mit den Amerikanern zu tun? Das bis zum Ende 20. Jahrhunderts vergessene Wort „pindosy“ erlebte während der Balkankriege ein Revival, als russische und amerikanische Streitkräfte als Friedensstifter im ehemaligen Jugoslawien nebeneinander existieren mussten.

Vermutlich wurde das Wort ursprünglich mit ungebildeten, ungezogenen, jedoch hinterlistigen und gefährlichen Menschen in Verbindung gebracht und eignete sich in den Augen der Russen gut als Spitzname für die Amerikaner, die das natürlich gar nicht mochten. Zudem erinnert es im Russischen an einige Schimpfwörter.

Die Franzosen – Ljaguschatniki

„Pindosy“ ist zugegebenermaßen der komplizierteste, vorurteilsbehaftete Spitzname, den die russische Sprache zu bieten hat. Viele andere Begriffe sind einfacher zu verstehen. So bezeichnen unhöfliche Russen die Franzosen zum Beispiel als „ljaguschatniki“, was wörtlich übersetzt „Froschleute“ bedeutet. Dieses Wort beruht auf dem tief verwurzelten, russischen Vorurteil, dass die Franzosen mit Vorliebe Frösche essen.

Natürlich handelt es sich hierbei um eine Übertreibung: Froschbeine sind zwar eine französische Delikatesse, aber doch eine sehr exotische, die die meisten Franzosen in ihrem Leben nie probiert haben. Das bedeutet nicht, dass die Russen die einzigen sind, die die Franzosen damit aufziehen. Auch andere Nationen tun das: So portraitierten die Briten im 19. Jahrhundert den französischen König Karl X. als König der Frösche.  

Die Italiener – Makaronniki

Es mag sein, dass nicht jeder Franzose gerne Froschbeine verzehrt, aber Pasta ist nun wahrlich ein italienisches Nationalsymbol. Es ist also keine Überraschung, dass die Russen sich noch einen nicht ganz so respektvollen Spitznamen ausdachten. Makaronniki heißt im Russischen wörtlich “Spaghettileute”. Diese Pastasorte, die wie dünne, lange Fäden geformt ist, erfreut sich in Russland besonders großer Beliebtheit. Deshalb kann man diesen Spitznamen beinahe als Kompliment sehen – aber auch nur beinahe.