Reale Tabus: Worüber Sie mit Russen nicht reden sollten

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GEORGI MANAJEW
In Russland gibt es wie in jedem Land bestimmte Gesprächsthemen, die zu meiden sind, wenn Sie keinen unnötigen Streit provozieren möchten. Wir haben die acht wichtigsten Fragen und Kommentare für Sie zusammengefasst, die Sie besser für sich behalten.
  1. „Warum siehst du so traurig aus?“

„Das ist mein normaler Gesichtsausdruck“, wird eine typisch russische Antwort auf diese Frage sein. „Ein grundloses Lächeln ist ein sicheres Zeichen für einen Idioten“, lautet nicht umsonst ein altes russisches Sprichwort. Was für Ausländer aus dem Westen wie Pessimismus aussieht, ist für Russen eine realistische Weltsicht: Eine Tugend, die ihnen hilft, mögliche schlimme Folgen vorherzusehen. Russen sind also nicht traurig, sondern viel mehr darum besorgt, die Welt besser zu machen, und werden daher von Ihrer optimistischen Sorglosigkeit wahrscheinlich ein wenig irritiert sein. Schließlich ist dieser Planet voller Gefahren.

  1. „Wie kann dir kalt sein, du bist doch aus Russland?!“

Auch wenn es kaum zu glauben ist: Nicht alle Russen wurden in Sibirien oder im Ural geboren, wo das Thermometer die tiefsten Minustemperaturen des Landes anzeigt. Viele Russen leben in Zentral- oder Südrussland, wo ein ähnliches Klima wie in Europa herrscht. Aber auch Russen, die aus Sibirien, dem Ural oder aus dem Norden stammen, können auch mal frieren und wissen, dass man sich warm anziehen muss, wenn man sich die Kälte und die Grippe vom Leib halten möchte. Deshalb stapfen auch sie im Winter, im Gegensatz zu mancher Überzeugung, nicht in kurzen Hosen und Sandalen durch den Schnee!

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  1. „Trink mehr, du bist doch aus Russland!“

„Glaubst du etwa, dass wir alle Alkoholiker sind?“, wird die Antwort sein, die Sie wahrscheinlich zu hören bekommen. Die meisten Russen hassen jegliche Stereotypen über ihre Trinkgewohnheiten, denn in der Realität stellte der Alkoholismus in der sowjetischen Gesellschaft ein ernstzunehmendes Problem dar. Heutzutage trinken die Russen zwar weniger und sagen, dass sie wissen, wann sie aufhören müssen, dennoch ist auch heute die Alkoholabhängigkeit immer noch ein großes Thema in der russischen Gesellschaft. Vermeiden Sie es also, diesen wunden Punkt zu treffen – vor allem, wenn Ihr russisches Gegenüber zu viel getrunken hat!

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  1. „Wie sieht es eigentlich mit der Krim / eurer Außenpolitik / den Raketen / Hackern / eurem Militäreinsatz in Syrien aus?“

Auf diese Fragen können Sie sich auf zweierlei Antworten gefasst machen. Entweder wird Ihr Gegenüber die politische Haltung Russlands um jeden Preis verteidigen und Sie werden kein vernünftiges Gespräch darüber führen können. Stattdessen kann sich die Diskussion ins Endlose ziehen und zu tiefen Meinungsverschiedenheiten führen, da manche Russen politische Diskussionen sehr persönlich nehmen.

Die andere Möglichkeit ist, dass sich Ihr Gegenüber durch diese Art von Fragen angegriffen fühlt, weil Sie ihn oder sie für eine Verkörperung der Russlandpolitik halten. „Ich habe nichts mit der Krim, den Hackern, der Armee zu tun!“, ist vermutlich die Antwort, die Ihnen in gereiztem Ton um die Ohren fliegen wird. Wählen Sie also Ihre Gesprächspartnerin oder Ihren Gesprächspartner und Ihre Fragen weise aus.

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  1. „Eure Straßen / Wirtschaft / politische Situation ist wirklich schlecht!“

Man hat manchmal den Eindruck, als möchten Russen die einzigen sein, denen es erlaubt ist, ihr Land zu kritisieren, und das ist okay so. Viele Russen werden im Gespräch mit Ihnen solange über ihre Heimat schimpfen, bis Sie Ihnen Recht geben. Dann bricht die Hölle los und Sie können Folgendes zu hören bekommen: „Was weißt du schon darüber? Du hast doch nie in Russland gelebt, oder nicht lange genug.“ Somit ist das Beste, was Sie hierbei als Ausländer tun können, sich im Zuhören und Schweigen zu üben. Denn die meisten Russen sind patriotisch genug, das sie von Ihrer Meinung aus der Ruhe gebracht werden können. Ein weiteres Tabu ist, sich in die inneren Angelegenheiten einzumischen. Halten Sie sich deshalb raus und vom Ärger fern.

  1. „Du erziehst dein Kind falsch!“

Russen reagieren im Allgemeinen sehr sensibel auf das Thema Kinder und Kindererziehung. Bereits die Kommentare anderer russischer Mütter in Kinderkliniken, auf Spielplätzen und so fort bereiten ihnen Kopfschmerzen, da jede Mutter ihr Kind auf ihre Art und Weise erzieht. Nun stellen Sie sich vor, was passiert, wenn sich noch ein Ausländer einmischt.

Wenn Sie mehr über die Besonderheiten russischer Kindererziehung erfahren möchten, sollten Sie das Buch „Motherhood, Russian style“, „Muttersein auf russische Art“, lesen.

  1. „Russische Frauen sind so hübsch!“

Ja, und Russen wissen das. Es ist eine Tatsache des Lebens. Eine Normalität für sie. Und sie finden es, um ehrlich zu sein, langweilig, wenn sie jemand auf so etwas Selbstverständliches hinweist. Warum lassen Sie sich nicht etwas Originelleres einfallen, als diesen Kommentar?

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  1. „Russland hat den Zweiten Weltkrieg nicht gewonnen!“

Mit dieser Aussage findet jedes Gespräch mit Russen ein jähes Ende. Egal ob Ihr Gesprächspartner politisch interessiert ist oder nicht: 99 Prozent der Russen werden nach einer Aussage wie dieser unmittelbar einen Streit vom Zaun brechen. Vergessen Sie zudem nicht, dass der 9. Mai in Russland ein Nationalfeiertag ist, bei dem das Ende des Zweiten Weltkrieges als unbestreitbarer Sieg der Sowjetunion über den Faschismus gefeiert wird. Sie werden aus dem Grund mit Ihrem Einwand nicht weit kommen, sondern bloß Ihre Zeit verschwenden und gegebenenfalls sogar eine russische Freundin oder einen russischen Freund weniger haben. Warten Sie lieber noch ein paar Jahrzehnte, um dieses Thema anzusprechen.

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