Gegen den internationalen Trend: Die Russinnen und ihre Pelzmäntel

Lifestyle
EVA HOFMAN
Russinnen lieben ihre Pelzmäntel über alles. Sie finden sich darin schön und vor allem gut beschützt vor der Kälte. Der Gedanke des Tierschutzes wird verdrängt.

Als ich meinen ersten Winter in Moskau verbrachte, fand ich mich in einem Winterwunderland wieder. Die bunten Lichter, die überall auf den großen Plätzen leuchteten, die vielen Schlittschuhbahnen und der Schnee, der mit jedem Schritt unter meinen Stiefeln knirschte und der sich auf die Stadt legte wie Puderzucker.

Auf meinem Weg durch die Moskauer Winterlandschaft bemerkte ich etwas Außergewöhnliches, was mir in diesem Ausmaß noch nie zuvor begegnet war. Frauen in Echtpelzmänteln. Ich nahm an, es handelte sich bei jeder von ihnen um eine berühmte Persönlichkeit, einen Filmstar vielleicht, denn anders konnte ich mir nicht erklären, wie sie sich solch spektakuläre Modelle finanziell ermöglichten. Doch Moskau ist nicht Hollywood und trotzdem sah ich so viele dieser Mäntel, dass ich aufhörte, mitzuzählen.

Warum tragen so viele russische Frauen echte Pelze?

Um mir diese Frage zu beantworten, recherchierte ich ein wenig. Ich stieß zunächst auf zahlreiche Witze, die mit dieser Thematik zusammenhängen. „In Russland musst du dich einfach überraschen lassen. Auch von deiner Begleitung, denn du weißt nicht, was sich unter ihrem Pelz verbirgt“.

Oder „Russische Frauen würden einen Mann nie akzeptieren, der ihnen keinen Pelzmantel schenkt. Eher würden sie erwarten, dass er eine seiner Nieren verkauft, damit sie sich ihren Standard leisten kann“. Darüber hinaus fand ich das Argument, dass das Pelztragen zu Russland schlichtweg dazu gehöre, dass es eben keine Extravaganz sei, sondern sehr alltäglich, weil es schon immer so gewesen wäre. Es ging hierbei also um Tradition.

Mit dieser Antwort wollte ich mich jedoch nicht zufriedengeben, also wendete ich mich mit meiner Frage an Einheimische. Darja Pall, 22 Jahre, gebürtige Moskauerin, äußerte: „Es schützt mich wie kein anderes Material vor der Kälte. Meinen Mantel schenkte mir meine Mutter. Warum ich ihn trage? Sieh dich doch um! Alle Frauen tragen einen. Das ist Russland“. Auch Alla Alewina, 56 Jahre, sagte, dass der Vorteil eines Echtpelzes die schützende Wärme sei. Sie habe sogar längere Zeit gespart, um sich so einen Mantel leisten zu können. Ferner bezog auch sie sich auf den Begriff der russischen Tradition.

Eine weitere Dame, die ich befragte, Julia Schurablowa, 38, führte ähnliche Argumente auf. Es sei außerordentlich warm unter einem dicken Pelzmantel und wenn man ihn gut pflegte, halte er dementsprechend einige Jahre. Dass es berechtigterweise Proteste gegen die Pelzindustrie gibt, scheint die russischen Frauen wenig zu tangieren. Viel größer ist das Interesse daran, unter keinen Umständen den gleichen Pelz zu tragen wie eine andere. Individualität wird großgeschrieben und unterstreicht die Bedeutung der Mäntel für deren Trägerinnen.

So auch der Blogger Ilja Warlamow, der auf seiner Webseite veröffentlichte, es gäbe kein größeres Fiasko für eine russische Frau als den gleichen Mantel zu tragen. Darum sei es adäquat, dass die Pelzindustrie ein so breitgefächertes Spektrum an verschiedenen Materialien, Stilen, Größen und Farben anbiete. Um noch ausgefallener zu sein, designen sich manche Pelzträger ihre Mäntel selbst oder bearbeiten sie nach einem Kauf.

Es erweckt den Anschein, dass diese Tradition auch an die folgenden Generationen weitergegeben wird. Die 17-jährige Julia erzählt: „Ich besitze noch keinen eigenen Pelzmantel. Ich trage immer den meiner Mutter, wenn es draußen richtig kalt wird. Ich hoffe, dass ich, sobald ich etwas älter bin, mir meinen eigenen kaufen kann: einen modischen in beige. Ich werde umwerfend darin aussehen.“

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