Zehn Werke von Russlands bekanntestem Straßenkünstler

Slava PTRK
Wo sich Slava PTRK aufhält, hinterlässt er Spuren. Seine Street Art zeigt Disney Figuren ebenso wie drängende soziale Probleme.

Der 29-jährige Stanislaw Komissarow, alias Slava PTRK (Abkürzung für „Patriot", sein Pseudonym für Computerspiele), ist ein Straßenkünstler aus dem Ural. Heute lebt er in Moskau, reist durch ganz Russland und Europa und hinterlässt seinen Fußabdruck in den Städten durch Graffitis und  Installationen, die auf soziale Probleme aufmerksam machen. Seit rund zehn Jahren ist er erfolgreicher Street Art-Künstler. Er erhielt in Russland und international zahlreiche Preise.  

1. Kindheit vor dem Fernseher, 2019

Slava PTRK verbrachte seine Kindheit in der Stadt Schadrinsk in der Region Kurgan. Wie damals alle Kinder in Russland saß auch er gebannt vor dem Fernseher, wenn dort Disney-Cartoons wie „Chip und Chap“ oder „Ninja Turtles“ liefen.

In seiner neuesten Serie „Childhood in Front of the TV“ (zu Deutsch: Kindheit vor dem Fernseher) kombiniert Slava PTRK Bilder aus den Cartoons seiner Kindheit und Filme über russische Gangster, die damals bei den erwachsenen Zuschauern nicht weniger beliebt waren als die Disney-Filme bei den Jüngeren.

Die Graffiti-Arbeiten der Serie sind in Nischni Nowgorod, St. Petersburg und Jekaterinburg zu sehen, den Schauplätzen der russischen Filme „Schmurki“, „Bruder“ und „Die Brigade“. „Ich habe versucht, darzustellen, wie das Gedächtnis funktioniert", sagt Slava über seine Arbeit. „Nachrichten, Filme, Fernsehsendungen, Zeichentrickfilme - alles liegt durcheinander auf einem Stapel.”  

2. Den Kiosk retten, 2017

Der Künstler setzte sich früher in Astrachan gegen wildes Plakatieren ein. Ein Kiosk mitten in der Innenstadt wurde ständig durch Zettel mit Kleinanzeigen nahezu unkenntlich gemacht.

Nachcher

Slava PTRK schuf ironische Reliefs von Kleinanzeigen wie „Garage zu verkaufen” oder „Alkoholsucht bekämpfen” oder „Abgehängte Decken” und strich den Kiosk einfarbig an. Ein Jahr später war dieser frei von Plakaten. 

3. Der Dreck der Straße, 2015

Der Künstler betrachtet Jekaterinburg im Gegensatz zu Moskau als Stadt, in der Street Art gewürdigt wird. Er muss sie nicht versteckt anbringen oder vorher um Erlaubnis bitten. Im Ural finden sich daher die meisten seiner Arbeiten, insbesondere solche, die akute soziale Probleme aufgreifen wie die Obdachlosenhilfe. Er sagt, dass die Obdachlosen von den übrigen Stadtbewohnern häufig wie Dreck behandelt oder ignoriert würden. Er weist auf ihr Menschsein hin und ihre oft tragischen Geschichten. Slava malte Porträts von Obdachlosen in Jekaterinburg mit dem Schlamm von Autoreifen und Pfützen. Die Werke wurden in den „schmutzigsten" Gegenden der Stadt ausgestellt. 

4. Einer nach dem anderen, 2016

Wohin gehen wir und warum? Diese Frage ist unwichtig. Wichtig ist nur, dass das Smartphone dabei ist. Diese Graffiti-Arbeit im Prawda-Kreativzentrum in Moskau wurde vom Künstler für das Musikfestival TBRG GREEN JAM gemalt. So beschreibt er es: „Sich sicher in einer Spirale bewegend mit dem Telefon in der Hand -  von nirgendwo nach nirgendwo." Klingt das vertraut? 

5. Alter macht keinen Spaß, 2014

Diese Arbeit, die sieben Porträts älterer Männer mit Bärten aus Abreißzetteln zeigt, ist ein Projekt über die Einsamkeit im Alter. Als Vorbilder verwendete Slava echte Menschen aus Jekaterinburg und zeigte dann ihre Porträts in der Bolschoi-Slatoustinsky-Straße in Moskau. Auf den Abreißzetteln stehen mahnende Erinnerungen wie „Ruf deine Mutter an", „Geh zu deinen Eltern" und „Besuche deine Großmutter" sowie die Adresse der Stiftung „Alter kann Spaß machen", die älteren Menschen hilft. Jedes Mal, wenn jemand einen Zettel abreißt, wird das Gesicht ein wenig jünger. 

6. Fleisch, 2017

Die Moskowiter werden noch lange an Juni 2017 zurückdenken, als ein heftiger Tornado über die Stadt zog, Dächer abdeckte und Bäume mitsamt Wurzeln ausriss oder „mit dem Fleisch", wie eine russische Redewendung besagt. Nach diesem dramatischen Ereignis erschien das Werk „Fleisch“, bei dem Slava rohe Steaks auf die Schnittstellen gefällter Bäume malte. 

7. Gefangen, 2018

Slava PTRK ist dafür bekannt, in seinen Arbeiten die Sowjetunion und die Folgen ihres Zusammenbruchs zu reflektieren. Der Künstler nutzte die Fassade eines Gebäudes in der estnischen Stadt Tartu für die Arbeiten, die er für das Stencibility-Festival anfertigte. „Stacheldraht, in dem die Widerhaken Sowjetsterne mit Hammer und Sichel sind, ist ein offensichtliches Symbol für fehlende Freiheit, Zensur, den eisernen Vorhang und die totale Kontrolle durch die Behörden", beschreibt der Künstler das Werk auf seiner Website. Nach seiner Interpretation stellt das Gebäude den menschlichen Körper dar, der gewaltsam mit Stacheldraht umwickelt wurde. 

8. Hindernis Parkour, 2015

Die Arbeit, die auf zahlreichen Treppen in den Straßen von Wladiwostok gezeigt wird, weist auf das mangelnde Interesse an Inklusionsprojekten in Russland insgesamt und die fehlende Beachtung der Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern insbesondere in dieser Stadt hin. 

9. Wir werden untergehen, 2015

Diese Graffiti-Arbeit, die an eine Szene aus dem Film „Titanic“ erinnert, erschien in Schadrinsk, der Geburtsstadt des Künstlers an einer nach zwei Kommunisten benannten Straßenkreuzung. Doch anstelle von Kate Winslet und Leonardo DiCaprio zeigt das Graffiti den deutschen Kommunisten Karl Liebknecht, der dem Führer des Weltproletariats, Wladimir Lenin, etwas Intimes ins Ohr flüstert. 

10. Du kommst mit uns, 2018 

Nach Protesten in St. Petersburg, bei denen mehr als tausend Menschen festgenommen wurden, tauchte auf dem Fontanka-Damm ein „neues" Straßenschild auf, auf dem Polizisten einen Fußgänger verhaften. Der Künstler schuf das Werk direkt vor dem Gebäude des FSB. 

>>> Stadtflüchtige Kunst: Russe zieht mit seinen Graffitis in den Wald, ohne der Umwelt zu schaden

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!