Das „Gesetz über den verantwortungsvollen Umgang mit Tieren“ tritt im Januar 2020 in Kraft. Ab dann dürfen 33 Tierarten nicht mehr als Haustiere gehalten werden. Darunter sind Tiere, „die für ihre Besitzer gefährlich sein können, sowie Tiere, deren natürlicher Lebensraum erheblich von den häuslichen Bedingungen abweicht, in denen sie gehalten werden, was sich nachteilig auf ihre Gesundheit auswirken oder zum Tod führen könnte“, heißt es in dem Gesetz.
Tiere, die vor dem Inkrafttreten angeschafft wurden, dürfen jedoch behalten werden. Wir haben uns mit den Haltern wilder Tiere unterhalten und gefragt, ob das Zusammenleben so gefährlich ist, dass dieses Verbot gerechtfertigt ist.
Ilja nahm Aurora auf, als das Tier gerade einmal drei Wochen alt war. Ein befreundeter Zoodirektor suchte ein gutes Zuhause für das Tigerweibchen. „Auroras Mutter lehnte das Jungtier ab und weigerte sich, es zu säugen. Vielleicht hielt sie es für zu krank. In freier Wildbahn ist das ein normales Verhalten.
Ich habe bereits mit Katzen gearbeitet und sie gepflegt, deshalb habe ich Aurora mit nach Hause genommen. Ich habe sie mit der Flasche aufgezogen, bin mit ihr zum Tierarzt gefahren, habe Medikamente besorgt usw.”, erzählt Ilja.
Damals hatte er gar nicht vor, die Wildkatze langfristig bei sich zu behalten, doch mittlerweile leben die beiden seit zwei Jahren sehr harmonisch zusammen. Ilja ist in ein größeres Haus außerhalb der Stadt gezogen, wo er gelegentlich auch anderen Exoten einen vorübergehenden Unterschlupf gewährt.
„Aurora ist wie ein Kind für mich. Sie wird immer bei mir bleiben. Sie ist leider sehr krank gewesen, aber wir haben vieles erfolgreich behandeln können.” Aurora wiegt fast 100 Kilogramm und frisst etwa sieben Kilo pro Tag. Dennoch ähnelt sie mehr einer gewöhnlichen Hauskatze. Sie teilt das Bett mit Ilja und dessen Freundin, ist sehr verspielt und friedlich im Umgang mit anderen Menschen.
Dennoch rät Ilja grundsätzlich davon ab, einen Tiger als Haustier zu halten. „Es ist sehr schwer, ein solches Tier aufzuziehen, besonders wenn man unerfahren ist. Es ist etwas ganz anderes, als einen Hund oder eine Katze zu halten. Ein Tiger benötigt sehr viel Aufmerksamkeit und Zeit. Aurora mag nicht alleine bleiben. Wir haben sie einmal wegen einer Reise in einen Zoo bringen müssen. Dort brüllte sie die ganze Nacht, weil wir nicht in der Nähe waren. Es gab so viele Beschwerden, dass der Zoo sich weigerte, sie nochmal aufzunehmen.”
Auch Kapuzineräffchen fallen unter das neue Gesetz. Auf den ersten Blick wirken diese kleinen Tiere harmlos, doch Swetlana Gawrilina weiß, dass diese Primaten sehr stark sind und enorm scharfe Zähne haben. Sie sind auch hochintelligent und brauchen eine feste Hand, sonst können sie dem Menschen gefährlich werden.
Swetlana hat ihr Kapuzineräffchen Alexa seit Juli 2018. Sie hat das Tier vom Saratow Zoo gekauft. Etwas mehr als sechs Monate alt war Alexa damals. „Die ersten Monate, in denen sie bei uns zu Hause war, waren die schwierigsten“, erinnert sich die Ziehmutter des Äffchens. „Sie hat sich nur allmählich angepasst, war häufig aggressiv und hat die Wohnung umgestaltet. In ihrem Raum hat sie die Tapeten von den Wänden gerissen, die Decken zerkratzt und das Licht kaputt gemacht. Aber ich war darauf vorbereitet”, berichtet Swetlana. Alexa ist inzwischen anderthalb Jahre alt und hat einen eigenen YouTube-Kanal. Verhaltensauffälligkeiten zeigt sie nicht mehr, dank strenger Erziehung.
„Sie wird nicht im Käfig gehalten, sondern darf sich frei in der Wohnung bewegen. Sie hat viele Spielsachen, um sich zu beschäftigen. Aber vor allem weiß sie, was Nein bedeutet”, sagt Swetlana. Alexa versteht sich gut mit den anderen Tieren im Haus: einem Spitz, einem Eichhörnchen und einem weiteren Kapuzineraffen.
Swetlana weiß, dass es das wichtigste ist, die Rolle des Rudelführers zu übernehmen. „Es ist nicht einfach, Primaten zu Hause zu halten. Sie sind wie Menschen, mit ihrem eigenen Charakter und sie folgen ihren Instinkten. In freier Wildbahn leben sie in Rudeln mit klarer Rangordnung. In ihrem menschlichen Rudel werden sie versuchen, die Führung zu übernehmen. Das dürfen Sie auf keinen Fall zulassen”, stellt Swetlana klar.
Die kanadische Wölfin Tschara wurde vor fünf Jahren von der Hundeexpertin Irina aufgenommen. „Ich habe sie sehr spät für einen Wolf adoptiert - mit zwei Monaten statt wie sonst üblich mit zwei Wochen. Aber sie ist einzigartig, sie hat von Beginn an keine Scheu vor dem Menschen gehabt. Entweder haben Wölfe Angst oder nicht”, erzählt Irina.
Was Wölfe und Hunde voneinander unterscheidet, ist vor allem das Aktivitätslevel und die Neugierde. Wölfe gehen den Dingen auf den Grund. „Hunde nehmen vieles einfach hin, sie leben seit Jahrhunderten mit den Menschen zusammen.” Einen Wolf dagegen fasziniert auch eine Waschmaschine und diese Tiere können viel Zeit damit verbringen, sie zu beobachten.
Tschara beherrscht mehr als 25 Kommandos. Sie besucht Ausbildungsprogramme, nimmt an Videodrehs und Fotoshootings teil.
Was ist besonders wichtig, bei der Aufzucht eines Wolfes? „Sie müssen rund um die Uhr präsent sein und sie sollten über professionelles Wissen verfügen, zudem brauchen Sie Geduld und viel Liebe”, erklärt Irina.
Felix interessiert sich seit seiner Kindheit für ungewöhnliche Tiere. Er hat schon immer gerne Käfer, Schmetterlinge und sogar Schlangen mit nach Hause gebracht. „Meine Eltern haben sich daran nicht gestört”, erzählt er. „Es war schon als Kind mein Traum, einmal ein exotisches Tier zu besitzen und der Traum wurde wahr.“ Felix teilte sein Heim bereits mit Spinnen und sogar Wölfen. Die hat er kürzlich erst an Bekannte abgegeben, die extra ein großes Gehege für die Tiere gebaut haben.
Nun lebt er mit einer 40-kg-Python, zwei Kobras, drei lauten Vipern, einem 23 Jahre alten 1,7-Meter Krokodil namens Rocky, einigen Schnappschildkröten, einem Nackthund und Fischen zusammen. Die meiste Aufmerksamkeit braucht der Hund. Bei den Reptilien liegt der Zeitaufwand nur bei rund zehn Stunden im Monat.
Er hat alle Tiere aus Aufzuchtstationen. Einige sind durchaus gefährlich, doch Felix erkennt die Individualität und den Charakter jedes einzelnen. „Die Gefahr geht von ihrem natürlichen Instinkt zum Selbstschutz aus. Das muss man berücksichtigen und sich der möglichen Konsequenzen bewusst sein. Ich habe alle meine Tiere im Griff“, sagt der Besitzer des Mini-Zoos.
„Meine Familie unterstützt mich heute ebenso wie meine Eltern damals. Es ist großartig, dass meine Liebe zu exotischen Tieren in keiner Weise meine Arbeit oder mein Privatleben beeinträchtigt“, freut sich Felix.
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