Wadim Kalugin
Mikhail PochuevDie Moskauer Metro ist eine der schönsten der Welt. Die mit Marmor und Stuck verzierten Stationen wirken geradezu palastähnlich. Die Moskauer lieben die U-Bahn nicht nur wegen ihrer Schönheit: Sie ist das zuverlässigste und sicherste Fortbewegungsmittel der Stadt.
Während sich auf den Straßen der Hauptstadt jeden Tag die Busse und PKWs stauen, kommen im Moskauer Untergrund täglich Millionen Menschen sicher und pünktlich an ihr Ziel.
Die Moskauer U-Bahn wird im Durchschnitt von rund 8,5 Millionen Fahrgästen pro Tag genutzt. In der Hauptverkehrszeit fahren die Züge morgens und abends im Abstand von anderthalb Minuten. Tagsüber liegen drei Minuten zwischen zwei Zügen. Nur zwischen den Stationen Alexandrowski Sad und Meschdunarodnaja fahren die Züge weniger häufig, die Strecke ist jedoch auch nicht so stark frequentiert. Ab und an fahren auch leere Züge langsam durch die Bahnhöfe. Dies sind meist Betriebsfahrten, etwa zur Verlegung von Zügen ins Depot. Zudem gibt es Service-Züge mit Spurgeometriewagen. Zum Beispiel fährt ein solcher Zug namens Synergy auf den Strecken Arbatsko-Pokrowskaja und Filjowskaja. Er überprüft den Zustand der Gleise, Tunnel und sonstiger Einrichtungen.
Die meisten U-Bahn-Stationen sind von 5:30 bis 1:00 Uhr geöffnet. Einige Stationen, wie Sokol und Aeroport, öffnen bereits zehn Minuten früher. Die letzte Fahrt beginnt jeweils um 1:03. Das bedeutet, dass die Moskauer Metro bis längstens zwei Uhr nachts unterwegs ist.
Wenn Sie jemals in der Moskauer U-Bahn waren, haben Sie wahrscheinlich an jeder Station riesige elektronische Uhren über der Einfahrt in den Tunnel bemerkt. Sie zeigen die aktuelle Uhrzeit sowie die Abfahrtszeit des zuletzt abgefahrenen Zuges. Viele Menschen fragen sich nach dem Sinn. Die Antwort ist einfach. Diese Uhren sind nicht zur Information der Passagiere, sondern für die Fahrer. Sie werden Intervall-Timer genannt.
Anton Chlynin
Mikhail Pochuev„Normalerweise folgen alle Züge einem strengen Zeitplan, aber während der Hauptverkehrszeit kann es zu Verzögerungen kommen, dann richtet sich die Abfahrtszeit nach diesen Uhren”, erklärt der U-Bahn-Fahrer Anton Chlynin. Fährt der Zug los, wird die Uhr zurückgesetzt. Die Uhren, die die Ankunftszeit des nächsten Zuges zeigen sind neu und noch nicht an allen Stationen vorhanden.
Vor allem morgens und abends kommt es vor, dass ein Zug im Tunnel anhalten muss. Gelegentlich gibt es dann einen Stau. „Es fahren bis zu zwei Dutzend Züge in kurzen Abständen auf einer Linie.
Wadim Kalugin
Mikhail PochuevWenn der erste Zug Verspätung hat, müssen die Züge dahinter warten”, sagt Wadim Kalugin, ein Fahrer der Kategorie 1. Die Fahrer seien immer bereit für einen Notfall. Manche Fahrgäste versuchen noch in den Zug zu gelangen, während die Türen bereits schließen. Dann muss der Fahrer die Tür wieder öffnen. Das führt zu Verzögerungen.
„Viele glauben, ein Wachmann hängt um ein Uhr früh ein Schloss vor das Eingangstor und geht dann nach Hause”, erzählt Anton Chlynin. Doch in der Moskauer Metro ist rund um die Uhr etwas los. Nachts werden die Züge entweder in den Depots oder an den Bahnhöfen abgestellt. Die Fahrer machen eine Schlafpause von 2-3 Stunden im Gemeinschaftsraum.
Worku Bedasso
Mikhail Pochuev„Die Nachtschicht beginnt am Abend. Um 2.30 Uhr machen wir eine Pause. Dann schlafen wir bis 5 Uhr”, berichtet Kategorie 1- Fahrer Worku Bedasso. „Irgendjemand hat immer Dienst. Nach einem Brötchen zu einer Tasse Kaffee geht es wieder los. Daran gewöhnt sich der Körper und irgendwann braucht man nicht einmal mehr einen Wecker.” Wenn die Züge nicht fahren, werden Reparaturen an der Strecke durchgeführt. Die Züge und Gleise werden inspiziert. In den Stationen arbeiten inzwischen die Reinigungskräfte. Um fünf Uhr morgens geht es los mit dem zweiten Teil der Nachtschicht. Um halb sieben übernimmt der Frühdienst.
Ein Zugführer sollte sehr diszipliniert und beherrscht sein und auch in Extremsituationen die Nerven behalten und schnell reagieren können. Als U-Bahn-Fahrer verdient man in Moskau deshalb recht gut. Das Gehalt liegt über dem Durchschnitt. Während der Ausbildung von sechseinhalb Monaten gibt es etwa 30.000 Rubel (410 Euro). Anschließend erfolgt der praktische Einsatz an der Seite eines erfahrenen Mentors.
Nach Abschluss der Ausbildung wird man Fahrerassistent. „Viele brechen vorher ab. Nur die Hartnäckigsten halten durch”, weiß Wadim Kalugin. Wer bereit ist, sich kontinuierlich weiterzubilden, kann sich hocharbeiten vom Fahrer, über den Fahrer Kategorie 3, Kategorie 2 bis zur höchsten Qualifikationsstufe, dem Fahrer der Kategorie 1. Es muss jeweils eine anspruchsvolle Prüfung abgelegt werden. Finanziell zahlt sich das aus. Zum Beispiel erhält ein Fahrer der Kategorie 3 ungefähr 80.000 Rubel (1.100 Euro) pro Monat, während ein Fahrer der Kategorie 1 bis zu 120.000 Rubel (1.650 Euro) verdient.
Aktuell ist es ein reiner Männerberuf, doch zu Sowjetzeiten gab es auch viele weibliche U-Bahnfahrerinnen. Eine von ihnen, Natalia Kornienko, fuhr 30 Jahre lang Züge auf der Linie Sokolnitscheskaja. Heutzutage arbeiten die meisten Frauen in der Moskauer Metro im Servicebereich.
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