Verloren in der Wildnis: Dieser Mann hat 18 Tage ohne Nahrung in eisiger Kälte überlebt

Pawel Lwow/Sputnik
Er hatte sich in der Tundra verirrt. Als die Rettungskräfte ihn fanden, hatte er 15 Kilo Körpergewicht verloren, aber nicht seine gute Laune.

Zum ersten Mal in diesem Jahr trifft der junge Mann in warmer Winterkleidung auf seine Familie. Er seufzt und zieht an der Zigarette, die er sich gerade angezündet hat. Beide Seiten wirken nicht besonders überschwänglich. 

„Die Pflegerin hat gesagt Du sollst in ein Krankenhaus“, hört man eine Stimme sagen. „Ja, aber erst gehe ich duschen“, erwidert der junge Mann gleichgültig. 

Dieser Mann hat die letzten 18 Tage in der eiskalten Tundra ums Überleben gekämpft.

Vermisstenmeldung 

Am 16. Dezember wird beim örtlichen Rettungsdienst eine Person als vermisst gemeldet (rus). Der Rentierzüchter Anatoli Seri hatte sich auf den Weg zu einer Basis gemacht (rus), die etwa 60 Kilometer von seinem Heimatdorf Amguema entfernt liegt, einem abgelegenen Ort in Tschukotka im russischen Fernen Osten.

Seri war mit dem Schneemobil und seinem Hund unterwegs. Er hatte auch ein Satellitentelefon dabei. Damit konnte er gerade noch seiner Familie mitteilen, dass er sich in der Tundra verirrt habe. Dann brach der Kontakt ab. 

Eine Tundra ist ein Biom mit einer kurzen Vegetationsperiode und niedrigen Temperaturen. Es wachsen dort nur wenige Bäume. Im Winter ist es sehr leicht, sich dort zu verlaufen. Alles sieht gleich aus, es gibt kaum Orientierungspunkte. Seris Lage verschlechterte sich durch einen aufziehenden Schneesturm.

Roman Korkischko, Leiter der Stadtverwaltung, berief eine Krisensitzung ein, um die Rettungsmission zu planen. Zwei Suchtrupps machten sich mit elf Schneemobilen auf den Weg, um Seri zu finden.

Am vierten Tag schickte die Stadtverwaltung noch zwei Sumpffahrzeuge los, doch auch das brachte keinen Erfolg. 

Die Angelhütte 

Seri hatte inzwischen eine winzige, heruntergekommene Angelhütte an einem zugefrorenen Teich entdeckt. Da befand er sich 200 Kilometer abseits seiner geplanten Route zum Zielort Ryrkaipij. 

Nach Tagen in der Eiseskälte der Tundra, mit wenig Nahrung und Wasser nur aus Schnee, war die verlassene Hütte für Seri ein Hoffnungsschimmer. Nachdem sein Satellitentelefon ausgefallen war, wartete er zunächst auf Hilfe. Er hatte keine GPS-Sender bei sich. Nach einer Weile beschloss er, weiter zu ziehen, doch er nahm die falsche Richtung. Schließlich ging seinem Schneemobil das Benzin aus.

„Er übernachtete einige Nächte im Schnee. Seine Lebensmittelvorräte teilte er sich so ein, dass sie für vier Tage reichten“, berichtet Jewgenija Malachowa von der Stadtverwaltung.

Seinen Hund ließ Seri beim Schneemobil zurück. Er marschierte alleine weiter bis er zu einer verfallenen Hütte kam. Dort gab es keine Nahrung und kein frisches Wasser, doch immerhin fand Seri hier ein Dach über dem Kopf, das ihm Schutz vor dem Schneesturm bot. Vor allem gab es in der Hütte einen kleinen Ofen. Seri verbrannte alles, was er finden konnte. Bei Außentemperaturen von minus 30°C war der Ofen seine Rettung. 

Der Heimweg 

18 Tage war Seri vermisst. Dann entdeckten die Suchmannschaften zuerst den Hund. Dieser hatte gewissenhaft am Schneemobil gewartet. Er wurde mit einem Hubschrauber evakuiert. Die Retter stießen auf die Angelhütte und entdeckten dort den hungrigen Rentierhirten. 

In den 18 Tagen hat er 15 Kilo verloren. Dennoch befanden die Mediziner seinen Gesundheitszustand als gut genug, dass er nicht ins Krankenhaus musste, sondern direkt nach Hause durfte.

„Es ging ihm den Umständen entsprechend. Er hat 15 Kilo Gewicht verloren, aber er war gut gelaunt und glücklich über seine Rettung. Er wird sich nun eine Weile erholen“, erzählt Malachowa. 

Das Video von seiner Rückkehr nach Hause zeigt tatsächlich einen gefassten Mann. Er zieht an seiner Zigarette, umarmt eine Frau und sagt leicht vorwurfsvoll: „Ich habe 15 Tage lang nichts gegessen.“  

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