Wegerich: Das russische Allheilmittel

Legion Media
Jedes sowjetische Kind wusste: Auf eine Wunde gehört Wegerich! Heute wird sich über diesen medizinischen Rat gerne in Memes lustig gemacht. Wir haben versucht herauszufinden, ob etwas dran ist, an der Heilkraft des Wegerichs.

Jeder, der in der UdSSR aufgewachsen ist, hat wahrscheinlich eine ähnliche Kindheitserinnerung: Sie rennen einen Weg entlang, fallen hin, schlagen sich die Knie auf und weinen. Aber dann fällt Ihnen ein, was die Oma gesagt hat: „Lege ein Blatt vom Wegerich auf die Wunde!“ 

Sie reißen also eines der staubigen Blätter am Wegesrand ab, spucken einmal drauf, um es zu säubern oder damit es besser haftet, Sie wissen gar nicht so genau, warum, und legen es auf ihre Wunde. Wie durch Zauberei hört die Blutung bald darauf auf und es tut auch gar nicht mehr weh. 

Das russische Wort für Wegerich ist „podoroschnik“, übersetzt heißt das „etwas, das am Rand des Weges (Russisch „doroga“) wächst“. Die Pflanze war also allgegenwärtig. 

Was ist Wegerich? 

Wegerich ist ein mehrjähriges wildes Gras mit breiten Blättern, das über 240 Sorten hat, von denen 40 in Russland und auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion wachsen. Nach dem „Großen enzyklopädischen Lexikon“ wächst Wegerich am Straßenrand, auf Wiesen, im Ödland, in den Steppen und auf Sand. 

Eine der Theorien, die diese unterschiedlichen Orte erklären, ist übrigens, dass Wegerichsamen von Menschen an den Sohlen ihrer Schuhe transportiert werden. So kam der Wegerich der Legende nach bis nach Amerika.

Warum wird es bei Wunden empfohlen? 

Die „Große sowjetische Enzyklopädie“ schrieb einigen Arten von Wegerich medizinische Eigenschaften zu. Er enthalte Karotin, Vitamin C sowie Phytonzide. „Ein Auszug der Blätter wird als Hustenlöser verwendet. Der Saft dient der Förderung der Verdauung und der Behandlung von Gastritis und Enteritis.“ 

Junge Blätter einiger Wegerichsorten sind essbar und finden Verwendung bei der Zubereitung von Salaten oder Suppen, was angesichts der vielen Verwendungszwecke, die wir beispielsweise bei Brennnesseln vorfinden, keineswegs überraschend ist.

Kommt Wegerich auch heute noch zur Anwendung? 

Im modernen Russland können Sie Wegerich-Tee kaufen, der gemäß den Anweisungen auf der Packung Menschen mit Verdauungsstörungen und Darmstörungen sowie bei einer ganzen Reihe anderer Krankheiten empfohlen wird, da er entzündungshemmende Eigenschaften hat. 

Ein Auszug aus Wegerichblättern kann nicht nur getrunken, sondern auch äußerlich angewendet werden, da Wegerich antiseptisch und blutstillend wirkt. 

Online-Verkäufer von Nahrungsergänzungsmitteln bieten Wegerichsamen an. Vor dem Trinken in Wasser aufgeweicht, sollen diese reinen Ballaststoffe die Verdauung verbessern und eignen sich zudem angeblich hervorragend für eine „fettarme und cholesterinarme“ Ernährung. 

Bildlich bedeutet das Wort „podoroschnik“ auch Wegzehrung. Das Wort hat auch eine umgangssprachliche Bedeutung, die Bettler am Straßenrand bezeichnet.

Warum machen sich die Russen über Wegerich lustig? 

Die UdSSR hatte keine große Auswahl an Medikamenten. Viele, die damals aufgewachsen sind, machen sich heute lustig über Großmutters Hausmittel.  

In den 1990er Jahren gab es sogar ein beliebtes Lied über „Gras, das vor allen Sorgen schützt“. Gemeint war der Wegerich. Der Sänger erhofft sich auch die Linderung seines emotionalen Schmerzes.

Wegerich ist heutzutage noch immer ein beliebtes Thema in Memes und Witzen:

Einige empfehlen es zur Autoreparatur: 

Oder beim Auftreten des Browser-Fehlers 505:

Andere wissen, wie man am besten Erste Hilfe leistet: natürlich mit Wegerich von Kopf bis Fuß:

Übrigens heißt auch die Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr von St. Petersburg zufällig Podoroschnik. Das sieht dann so aus: 

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