Coronavirus: Fast 6.000 Russen sitzen in Indien fest

AFP
Fluggesellschaften berechnen bis zu 2000 Euro für einen Flug in die Heimat. Doch so viel Geld haben einige der in Indien gestrandeten Russen gar nicht. Auch gibt es Probleme bei der Versorgung mit Lebensmitteln.

Am 25. März 2020 verkündete Indien eine 21-tägige landesweite Ausgangssperre (rus), um die Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen. Die Menschen dürfen ihre Häuser nicht verlassen. Es finden keine Flüge mehr statt und auch der Verkehr steht still. Büros und Kultstätten sind ebenfalls geschlossen, die Städte abgesperrt. 

Für 5.811 Russen bedeutete dies, dass sie in Indien festsitzen. Sie fragen bei den russischen Konsulaten nach, wie sie zurück in die Heimat gelangen könnten, berichtete (rus) die diplomatische Vertretung Russlands in Indien. „Wir erhalten ständig Hilferufe. Meistens von Urlaubern auf Goa. Darüber hinaus haben uns rund 1.000 russische Staatsbürger in unserem Konsularbezirk in Delhi kontaktiert“, ließ die Botschaft verlautbaren.

Wie leben die gestrandeten Russen? 

Maxim Podoprichin, der Bootstouren nach Goa organisiert, wurde durch die Quarantänemaßnahmen arbeitslos und lebt derzeit zusammen mit seiner Frau und seinem Kind in einem kleinen Dorf im Norden von Goa. Die Familie kaufte Anfang Februar Tickets für den Rückflug im März, doch ihr Flug wurde storniert.

Maxim Podoprichin

„Die Polizei patrouilliert ständig auf den Straßen. Tankstellen, Apotheken und Geldautomaten sind geschlossen. Geschäfte öffnen nur gelegentlich. Wir Russen haben eigene Internetforen, in denen wir uns austauschen, wo welche Produkte verfügbar sind. Dann heißt es schnell sein, um rechtzeitig dorthin zu gelangen“, berichtet der Russe Michail über die aktuelle Situation seiner Landsleute in Indien.  

Oft gebe es ein großes Gedränge in den Geschäften, was das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus nur erhöhe. Zudem bliebe bei der Masse an Käufern nicht viel übrig. Oft kann er nur das Nötigste kaufen: Reis, Mehl, Butter und in seltenen Fällen Obst und Gemüse.

„Die Einheimischen glauben, dass die Weißen für die Verbreitung des Virus verantwortlich sind und weigern sich, uns zu helfen. Und die Polizei ist damit beschäftigt, Menschen zu verhaften, die gegen die Ausgangssperre verstoßen“, erzählt Podoprichin.

Er bedauert, dass es keine Informationen vom russischen Außenministerium gebe: „Es hieß, man solle ein Formular zur Lebensmittelbestellung ausfüllen, doch niemand liefert diese.“

„Aeroflot hat Rückflugtickets zu je umgerechnet rund 800 Euro verkauft, doch so viel Geld haben wir nicht. Der Flug am 31. März ging trotz 54 leerer Plätze ohne uns. Wir wissen nicht, was wir als nächstes tun sollen“, sagt Michail.

Die Russin Lilia ist seit dem 28. Januar in Delhi. Auch sie konnte wegen Flugstornierungen kein Ticket zurück kaufen.

„Aeroflot berechnete am 1. April umgerechnet rund 1800 Euro für einen Flug von Delhi nach Moskau. Ich hätte diesen Preis bezahlt, doch man teilte mir am Telefon mit, es gebe keinen freien Platz mehr“, sagt Lilia.

Nachdem sie auch ihr Hotel verlassen musste, ist sie bei indischen Freunden untergekommen. Im Moment muss sie sich verstecken und kann nicht mal auf den Balkon gehen, denn es scheint verboten zu sein, dass die Einheimischen Europäer unterbringen.

„Die Botschaft teilte mir telefonisch mit, dass es vor dem 30. April wahrscheinlich keine Evakuierungsflüge geben würde - nur kommerzielle. Ich möchte aber wirklich gerne nach Hause!“, klagt Lilia.  

Der Rückführungsplan  

Das russische Außenministerium hat erklärt, dass derzeit eine Arbeitsgruppe Pläne für die Rückführung russischer Staatsbürger aus dem Ausland erstelle. „Rossija Airlines wird 133 Personen aus Goa, Azur Air 460 Personen aus Cancun, Aeroflot 402 Personen aus Thailand und 417 Personen aus Denpasar nach Moskau ausfliegen“, so der Plan laut Ministerium (rus)

In der Erklärung ist auch die Rede von sechs Flügen aus Indien, Tunesien und Thailand, die für den 1. April 2020 geplant sind. Russische Staatsbürger sind auch in Katar, Italien, Großbritannien, Tansania, Sri Lanka und anderen Ländern gestrandet. „Die Arbeitsgruppe trifft sich regelmäßig, um die Rückführung von Russen [aus den oben genannten Ländern] zu erörtern. Man arbeitet täglich daran“, heißt es in der Erklärung. 

>>> „Leere Städte, kein Geld, überall Polizei“ – Russen in der Coronavirus-Quarantäne im Ausland

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