Die Beschreibung des Versuchs, die Inlandspässe russischer Staatsbürger in Moskau durch die App Mobile ID zu ersetzen, entdeckten Journalisten der Zeitung Kommersant in einer Beschlussvorlage, die am 25. Mai 2020 auf dem Portal für normative Rechtsakte veröffentlicht wurde. Autor dieser Vorlage war das Ministerium für Kommunikation und Massenmedien Russlands. Das Experiment sollte vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021 dauern. Dabei war geplant, dass einzelne Unternehmer und volljährige Einwohner Moskaus auf freiwilliger Basis teilnehmen würden.
Eine Stunde nach der Veröffentlichung wurde das Dokument jedoch wieder entfernt. Die Moskauer Stadtverwaltung weigerte sich, dies zu kommentieren.
Mobile ID soll für jede Dienstleitung verwendet werden können, für die die Vorlage eines Inlandspasses erforderlich ist, berichtet Kommersant. Man werde in der App eine elektronische Unterschrift leisten müssen und einen QR-Code erhalten – damit kann zum Beispiel auch das Alter beim Kauf von Alkohol oder Zigaretten bestätigt, in Hotels eingecheckt, Flüge und Bahnfahrkarten gebucht und Vorfälle der Polizei gemeldet werden. Darüber soll man sich mit der App als Einzelunternehmer registrieren, seine Einkommenssteuererklärung einreichen, Autos kaufen und verkaufen, sein Rentenkonto verwalten und andere Dienstleistungen in Anspruch nehmen können.
An dem Experiment können Bürger über 18 Jahre mit ständigem oder vorübergehendem Wohnsitz in Moskau teilnehmen.
Die Moskauer können die Anwendung auf ihrem Smartphone oder Tablet installieren. Zusätzlich zur App müssen sie ein Konto auf dem Portal Gosuslugi (öffentliche Dienstleistungen) einrichten, was viele Russen bereits getan haben. Dabei wird eine Video- und eine Sprachaufnahme für die Identitätserkennung im MFZ, dem Multifunktionalen Zentrum für die Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen, hinterlegt. Die App wird erst nach einer Überprüfung aller Daten durch Mitarbeiter des russischen Innenministeriums freigeschaltet.
Gleichzeitig ist es den Bürgern, die an dem Experiment teilnehmen, untersagt, anderen Personen den Zugang zu der App zu gewähren. Wie das kontrolliert werden soll, sei in der Beschlussvorlage jedoch nicht vermerkt, teilt Kommersant mit.
Laut der gelöschten Vorlage sollte die App am 1. Dezember 2020 zur Verfügung stehen. Die Mobile ID wird jedoch vorerst den Inlandspass in Papierform nicht vollständig ersetzen – die Bürger werden die zwei Arten des Ausweises gleichzeitig verwenden können.Dies verkündete der russische Kommunikationsminister Maksut Schadajew am 26. Mai auf der Online-Konferenz Digitale Dienste während der Pandemie.
Im Juli 2019 hatte der stellvertretende Premierminister Maxim Akimowbereits vermeldet, dass Russland im Jahr 2022 keine Inlandspässe in Papierform mehr ausstellen werde – diese sollen durch elektronische Ausweise ersetzt werden. Die Internetplattform The Bellgeht davon aus, dass das Projekt mit der mobilen Anwendung dem funktionierenden Prototyp des bereits in Betrieb befindlichen gesamtrussischen Systems elektronischer Reisepässe ähnelt. Das Kommunikationsministerium hat sich zu dieser Annahme jedoch noch nicht geäußert.
Nach der Inbetriebnahme der Anwendung werde es allerdings noch einige Jahre dauern, bis alle Fehler des Systems behoben sein werden, erklärte Sergej Wicharjew, Direktor der Beratungsgruppe für zukunftsweisende Technologien der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in Russland und der GUS.
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