Gegen Immobilienhaie: Ein Mann in Samara kämpft um seine Holzhütte (FOTOS)

Arseniy Kotov
Boris Silantjew und seine Nachbarn haben weder fließendes Wasser noch ein funktionierendes Abwassersystem. Ausziehen wollen sie dennoch nicht.

Im Zentrum der Stadt Samara gibt es ein altes schäbiges Haus, das von neu gebauten modernen Gebäuden umgeben ist. Es sieht so aus, als ob es aus einem anderen Jahrhundert stamme.

In der Tat wurden solche Holzhäuser im frühen 20. Jahrhundert in Samara gebaut. Menschen, die diese Gebäude bis heute bewohnen, kämpfen, trotz rauer Bedingungen und ständigen Drucks durch Immobilienentwickler, darum, ihr Eigentum zu erhalten.

„Es begann mit der Scheidung meiner Eltern. Bis zu meinem vierten Lebensjahr wohnte ich in einer komfortablen Umgebung: Wir hatten eine Wohnung mit vier Schlafzimmern“, erzählt der 29-jährige Boris Silantjew, der in einem der Holzhäuser im Zentrum von Samara lebt.  

Nach der Scheidung mietete seine Mutter ein Haus neben dem Wohnort ihrer eigenen Mutter. „Es stand teilweise leer. Wir begannen uns langsam einzuleben“, sagt er. 

„Noch im Kindesalter habe ich alle Widrigkeiten des Lebens in der Innenstadt kennengelernt, wenn man von aller Infrastruktur, wie Wasser, Zentralheizung und Abwassersystem, abgeschnitten ist,“ sagt Boris.

Schon als kleiner Junge holte er Wasser aus einer Pumpe in der Nähe des Hauses. Da diese im Winter manchmal gefroren war, musste er Wasser in der Nachbarschaft beschaffen. 

Das Heizen eines Hauses mit einem Herd ist auch im Winter eine Herausforderung: Das Gebäude ist schwer zu heizen, da es die heiße Luft nicht richtig speichert. „Ich gehe oft angezogen ins Bett, da es kalt ist, wenn ich morgens aufwache“, setzt Boris fort. „Wenn draußen Frost herrscht, kann die Temperatur drinnen auch unter null Grad fallen.“

Einen zufälligen Betrachter wird es definitiv überraschen, dass eine Reihe jahrhundertealter Holzhäuser von hohen modernen Gebäuden umgeben ist. Die Einheimischen jedoch sind daran gewöhnt. „Jeder weiß, dass die Arzebuschewskaja-Straße praktisch ein Dorf im Zentrum der Stadt ist“, sagt Boris. 

Einige der alten Häuser sind so verkommen, dass sie bereits zusammenfallen. „Letztes Jahr stürzte eine Wand eines Hauses ein und schlug gegen eine Wand eines Nachbarhauses “, erzählt Boris. 

Da die Stromkabel zu alt sind und die Bewohner statt einer Zentralheizung entweder Holz oder Gas zum Heizen ihrer Häuser verwenden, werden die Strukturen anfällig für Brände, die von Zeit zu Zeit auftreten und einige der Gebäude zerstören.

Laut Boris wurden Anwohner solcher alten Häuser von Immobilienentwicklern unter Druck gesetzt. Diese Bauunternehmen wollen das Land von den alten Gebäuden räumen und dessen Eigentümern eine neue Wohnung in einem kommunalen Wohnkomplex, einem in Russland weit verbreiteten Gebäudetyp, anbieten.

Obwohl einige der Bewohner in Wohnungen am Rande der Stadt zogen, habe Boris sich geweigert, umzuziehen, da er auf einige Immobilienmakler, die ihn und andere Hausbesitzer unter Druck gesetzt hatten, umzuziehen, wütend war. „Ich bin sauer auf diese Bauunternehmer. Ich kann keine Renovierungsarbeiten durchführen, weil ich immer mit dem Gedanken lebe, dass ich gezwungen sein könnte, auszuziehen “, sagt er. 

Im Alter von 29 Jahren ist Boris unverheiratet und hat keine Freundin. Er sagte, er wolle unter diesen Bedingungen keine Kinder großziehen. „Ich frage mich oft, warum ich nicht ausgezogen bin. Aber dieser Ort lässt mich einfach nicht los. Ich bin hier, weil ich mich für meine Verwandten verantwortlich fühle: Für meine Mutter zum Beispiel würde es schwierig sein, Wasser nach Hause zu bringen, da sie kranke Beine hat“, bedauert Boris.

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