In Moskau gibt es 20 Quadratmeter Bäume und Sträucher pro Einwohner - viel mehr als in Tokio, London oder Peking. Das hat zwei wesentliche Gründe. Moskau wurde ursprünglich in den Wäldern Nordostrusslands errichtet. Zudem begannen die Landschaftsgestaltung und Begrünung bereits im 18. Jahrhundert in Moskau.
Festung auf einem Waldhügel
Der Borowizki-Hügel, auf dem der Moskauer Kreml steht, ist nach dem russischen Wort „bor“ - „Wald“ benannt. Und tatsächlich gab es im 11. Jahrhundert hier einen Eichenhain, wo heute die zentralen Straßen Moskaus verlaufen. Ein weiteres Beispiel ist die Kirche des heiligen Johannes des Evangelisten unter der Ulme, die sich jetzt auf dem Nowaja-Platz unweit des Kremls befindet. Der Moskauer Historiker Pjotr Sytin glaubte, dass diese Kirche den Namen von dem dichten Wald hatte, der den östlichen Teil des Kremls bis zum 15. Jahrhundert schützte.
An diesen Orten überwogen Fichten und Kiefern, die von der Bevölkerung der Stadt aktiv gefällt und für Bauzwecke genutzt wurden. Die Stadt wuchs und immer mehr Wald am Stadtrand wurde abgeholzt, um neue Häuser zu bauen. Aber diese „Außenbezirke“ waren so nah am Kreml, dass sie heute das Zentrum der Stadt bilden. Selbst im 17. Jahrhundert waren Orte wie der Trubnaja-Platz (20 Minuten zu Fuß vom Kreml entfernt) noch weitgehend grün und bis zum frühen 19. Jahrhundert wuchsen Büsche und Bäume direkt neben der Kremlmauer. Es gab jedoch kein Stadtbegrünungs-Konzept.
Der Boulevard Ring
Katharina die Große, die die alte Hauptstadt modernisieren wollte, befahl den Bau des Boulevard Rings. Es ersetzte die veraltete Befestigungsmauer von Belyi Gorod („Weiße Stadt“).
„Moskau ist von Boulevards umgeben. Sie sind nicht nur ein Schmuckstück, sondern haben auch einen großen Vorteil“, schrieb der russische Journalist Wladimir Odoewski im 19. Jahrhundert. „Wenn Ausländer, die den Plan von Moskau betrachten, diesen grünen Ring sehen, sind wir stolz darauf, ihnen zu erklären, dass im Winter und Sommer sowohl Kranke als auch Gesunde sowie ältere Menschen und Kinder durch die Stadt laufen und zwischen den Bäumen spazieren können und keine Angst davor haben müssen, von einer Kutsche angefahren zu werden.“
Nach dem großen Brand von 1812 entstand ein weiterer grüner Ring, der Sadowoje-Ring („Gartenring“), eine breite Straße, die das schnell wachsende Zentrum umgibt und von Gärten privater Häuser gesäumt wird.
Von den Kommunisten begrünt
Die rasche Verstädterung, die nach der Revolution von 1917 begann, brachte massenhaft neue Bewohner nach Moskau, und die Altstadt musste sich an die Bedürfnisse des Industriestaates anpassen. Leider wurden mit dem stalinistischen Plan des Wiederaufbaus in Moskau in den 1930er Jahren viele historische Gebäude abgerissen und Hauptstraßen in Autobahnen umgewandelt.
In den 1930er Jahren wurde der Gartenring gepflastert, Bäume auf vielen Plätzen und Straßen wurden gefällt, es gab sogar Pläne, den Boulevard Ring zu zerstören, aber zum Glück wurden sie nicht realisiert. Georgi Popow (1906-1968), ein Funktionär der Kommunistischen Partei Moskaus, erinnerte sich daran, dass Stalin nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 persönlich die Pläne zur Neubegrünung des Stadtzentrums überwachte: „Ich erinnere mich, wie schnell alles ging. Wir pflanzten Grün auf dem Dschersinski-Platz (jetzt Lubjanka-Platz) und in Ochotny Ryad den Garten am Swerdlow-Platz (jetzt Teatralnaja-Platz) und bepflanzten den Bolotnaja-Platz. Die Gorki-Straße wurde vom Maneschnaja-Platz bis zum Belorusski-Bahnhof bepflanzt. Dies war der erste Schritt zur Begrünung des zentralen Teils der Stadt“, schrieb Popow.
1951 führte die Moskauer Stadtregierung 272 Projekte zur Ökologisierung Moskaus durch. Bis 1961 hatten Forstarbeiter in der Stadt über 500.000 Bäume und Sträucher gepflanzt: Kleinblättrige Linde, Blaufichte, Tanne, westliche Thuja, Irga, goldene Johannisbeere, Berberitze und Rosen. Insgesamt 47 Arten.
In den 1950er bis 1960er Jahren wurden auch die größten öffentlichen Parks Moskaus rekonstruiert. Im Gorki-Park, der in den 1930er Jahren vom Neskutschni-Garten, einer öffentlichen Freizeitanlage aus dem 19. Jahrhundert, umgebaut wurde, wurden jährlich über 2.000 Bäume und 25.000 Sträucher gepflanzt. Die Gesamtfläche des Parks wurde auf 2,2 Quadratkilometer erweitert, und die Gesamtlänge der Wege im Park lag bei 30 Kilometern.
Im 20. Jahrhundert wurden in Moskau weitere große Parks eröffnet: Sokolniki (5,16 km²), Ismailowski (16 km²), Pokrowskoje-Streschnewo (2,22 km²), Bizewski Park (22 km²) und, nicht zu vergessen, der Lossiny Ostrow National Park (116 km²), der größte Stadtpark in Europa.
Einen Baum fällen, zwei pflanzen
Grün-Angelegenheiten unterstehen der strengen Aufsicht der Moskauer Stadtregierung. In den Jahren 2010 bis 2016 wurden 432.000 Bäume und 3,5 Millionen Sträucher gepflanzt. Seit 2013 existiert die Regierungsinitiative „Eine Millionen Bäume“ zur Begrünung von Innenhöfen. Die Pflanzen dafür können die Bewohner über eine digitale App auswählen.
Das Fällen eines Baumes in Moskau (zum Beispiel während eines Hausbaus) ist sehr schwierig, und wenn eine solche Maßnahme unverzichtbar ist, müssen für jeden gefällten Baum zwei neue gepflanzt werden. Diese Regel gilt jedoch noch nicht in anderen russischen Regionen, auch nicht im Umfeld der Hauptstadt. In den Jahren 2007 bis 2012 wurde in Chimki, einem Vorort des Moskauer Oblast, ein Teil eines alten Eichenwaldes für ein Straßenbauprojekt abgeholzt. Dies hat zu mehr Luftverschmutzung und Lärmbelästigung geführt.
Laut dem offiziellen Portal der Moskauer Stadtregierung werden bis Ende des Jahres über 5.000 Bäume und 136.000 Sträucher in Moskau gepflanzt, damit die Stadt in naher Zukunft nicht ihren Status als grünste Hauptstadt der Welt verliert. Die Luftverschmutzung in Moskau ist jedoch leider immer noch hoch - die Stadt ist Russlands größtes Handels- und Industriezentrum. Im World Air Quality Index belegt Moskau den 27. Platz bei der Luftverschmutzung.