Prähistorische Hundewelpen und andere Urzeittiere, die im sibirischen Permafrost gefunden wurden

Alexander Klepnev; LiudmilaLim (CC BY 4.0)
Jakutien ist eine wahre Schatzkammer für Wissenschaftler. Im Permafrost werden hier nahezu jedes Jahr Zehntausende von Jahren alte Tiere entdeckt. Einige konnten sogar wieder zum Leben erweckt werden.

24.000 Jahre alte Rädertierchen 

Im Juni 2021 wurde berichtet, dass es russischen Wissenschaftlern gelungen sei, ein mindestens 24.000 Jahre altes Rädertierchen zu bergen. Zudem wurde es zum Leben erweckt und es gelang, es zu vermehren. Die Bergung der mikroskopisch kleinen, aber dennoch vielzelligen Würmer aus einer Probe des sibirischen Permafrosts wurde bereits 2015 durchgeführt, aber erst jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Current Biology“ („Biologie der Gegenwart“) beschrieben. In dieser Zeit untersuchten die Wissenschaftler das Genom der Rädertierchen und versuchten herauszufinden, ob die Würmer ein erneutes Einfrieren überleben würden. 

„Bisher ist dies der zuverlässigste Beweis dafür, dass mehrzellige Lebewesen Zehntausende von Jahren in einem Zustand leben können, in dem ihr Stoffwechsel fast vollständig zum Erliegen kommt", sagte Stanislaw Maljawin, einer der Verfasser der Studie, Forscher am Institut für physikalisch-chemische und biologische Probleme der Bodenkunde der Russischen Akademie der Wissenschaften. 

Rädertierchen sind sehr zäh, sie sind in der Lage, unter extremen Bedingungen zu überleben. Wenn in einer Dürreperiode Wassermangel herrscht (oder wenn sich Wasser in Eis verwandelt), ziehen sie schnell alles verbliebene Wasser aus ihren Zellen und beginnen, Substanzen zu produzieren, mit denen sie in eine Art Scheintod fallen. Niemand hätte jedoch gedacht, dass sie dazu nach so langer Zeit in der Lage sind. 

Die Studie zeigte, dass die „wiederauferstandenen" Rädertierchen ein erneutes Einfrieren gut verkraften, während viele moderne Arten dies nicht können, da ihre Zellen durch die Bildung von Eiskristallen zerstört werden. Offenbar verfügten die Ur-Rädertierchen über eine Art biologischen Schutzmechanismus, den die Wissenschaftler in ihrem Genom suchen.

42.000 Jahre alte Fadenwürmer

Der Langlebigkeitsrekord der Rädertierchen wurde von Nematoden-Rundwürmern gebrochen. Die ersten Berichte über sie kamen im Jahr 2018 auf. Das Institut für Bodenkunde meldete die Bergung von uralten Nematoden, die 42.000 Jahre alt waren!  

Sie wurden nur durch Zufall entdeckt. Wissenschaftler hatten Proben von gefrorenen Böden in Petrischalen mit einem Nährmedium gelegt, um Gemeinschaften von gefrorenen einzelligen Organismen zu untersuchen. Doch zusammen mit ihnen erwachten auch mehrzellige Fadenwürmer zum Leben. „Wir sahen die Würmer erst, als sie anfingen, sich zu bewegen. Das war etwa zwei Wochen nachdem sie aufgetaut waren", sagt Anastasia Schatilowitsch, eine leitende Forscherin.

Jetzt sind einige der Spulwürmer eingefroren, einige sind ausgetrocknet, und einige leben und vermehren sich.

Wie bei den Rädertierchen ist jedoch noch nicht klar, wie genau es ihnen gelungen ist, eine so lange Kryokonservierung zu überleben. Nach den bekannten biochemischen Reaktionen in mehrzelligen Organismen zu urteilen, ist dies unmöglich. 

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Prähistorische Welpen

Ebenfalls im Permafrost von Jakutien wurden drei Mumien von prähistorischen Welpen gefunden. Zwei wurden in den Jahren 2011 und 2015 entdeckt. Es waren drei Monate alte Welpen aus demselben Wurf, der 12.500 Jahre lang im gefrorenen Boden verblieben war. Die Welpen wurden höchstwahrscheinlich bei einem Erdrutsch getötet, aber beide waren sehr gut erhalten. Bei einem war sogar das Gehirn noch nahezu intakt.

Der dritte mumifizierte Welpe wurde im Jahr 2018 in einem Erdklumpen gefunden. Eine Untersuchung ergab, dass er weniger als zwei Monate alt war, noch seine Milchzähne hatte und etwa 18.000 Jahre im Permafrost verbracht hatte. Es hatte nicht nur sein Fell und seine Schnurrhaare intakt, sondern auch seine Wimpern und seine samtige Nase. Noch immer ist unklar, wer der prähistorische Welpe war - ein Wolf, ein Hund oder ein sogenannter Wolfshund?

Proben des Genoms des Welpen wurden an das schwedische Center for Palaeogenetics (CPG) geschickt, das Europas größte kynologische DNA-Bank besitzt, aber es wurde keine genetische Übereinstimmung mit dem jakutischen Welpen gefunden. Die Wissenschaftler glauben, dass es sich um eines der ältesten domestizierten Tiere handeln könnte.

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Ein ausgestorbenes Pferd

Der weltweit einzige Kadaver eines ausgestorbenen Lena-Pferdes verbrachte 42.000 Jahre im Permafrost. Laut Semjon Grigorjew, Direktor des Mammut-Museums, ist dieses Pferd der am besten erhaltene Eiszeitfund der Welt. Der Kadaver weist keine sichtbaren Schäden auf.

Eine forensische Untersuchung ergab, dass das Pferd zum Zeitpunkt seines Todes etwa zwei Wochen alt war: Es war in den Bruch gestürzt und im Schlamm ertrunken, wie die Schlammreste in seinen inneren Organen belegen. Der Schlamm gefror schnell, so dass die Fäulnis den inneren Organen des Pferdes nichts anhaben konnte: Selbst nach 40.000 Jahren waren seine Weichteile noch rötlich gefärbt, und aus den Gefäßen seines Herzens konnten die Wissenschaftler Proben von flüssigem Blut entnehmen, das damit das älteste Blut der Welt ist.

Zusammen mit Wissenschaftlern in Seoul haben sie versucht, lebensfähige Zellen aus dem Blut zu extrahieren, die zur Entschlüsselung des Genoms und zum Klonen der ausgestorbenen Spezies verwendet werden könnten, aber bisher waren ihre Versuche nicht erfolgreich. 

Höhlenlöwenjunge

Einst durchstreiften die riesigen Höhlenlöwen Panthera leo spelaea das Gebiet des heutigen Sibiriens. Sie waren zwei Meter lang und wogen etwa 260 kg.

In den Jahren 2015, 2017 und 2018 wurden die Überreste von vier Löwenjungen gefunden. Die ältesten von ihnen hatten 47.000 Jahre im Permafrost verbracht.

Ihre Entdeckung bestätigte die Theorie, dass Panthera leo spelaea ein geflecktes Fell hatte. Zwei der in Jakutien gefundenen Löwenjungen-Mumien haben tatsächlich ein dickes und geflecktes Fell. 

Zahlreiche Mammuts

Etwa 70 Prozent der Mammutknochen und anderer Überreste der weltweit existierenden Mammutfauna befinden sich auf dem Gebiet Jakutiens. Das erste Mammut wurde hier im Jahr 1799 entdeckt. Das Lena-Mammut (auch bekannt als Adams-Mammut) war das erste vollständige Mammut-Skelett, das Wissenschaftlern in die Hände fiel. Zunächst warteten die einheimischen Ewenken vier Jahre lang, bis der Permafrostboden, in dem der Mammutkadaver lag, aufgetaut war, dann trennten sie die Stoßzähne ab und verkauften sie an einen lokalen Händler.

Durch ihn erreichte die Nachricht von dem Fund Michail Adams, einen zoologischen Mitarbeiter der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, der alles, was von dem Mammut übriggeblieben war, in das Kunstkammer-Museum nach St. Petersburg brachte: das Skelett mit großen Hautstücken, zwei Beine und ein Auge.

Das besterhaltene mumifizierte Mammut ist jedoch ein junges weibliches Tier, das vor etwa 28.000 Jahren lebte. Yuka, wie es genannt wurde, wurde 2011 an der Südküste der Laptewsee entdeckt. Es war 165 cm groß und über zwei Meter lang.  Die Kerne seiner Muskelzellen waren so gut erhalten, dass die Forscher sie in lebende Mäuse-Eizellen transferierten, wobei fünf von ihnen „Anzeichen biologischer Aktivität" zeigten: Reaktionen, die normalerweise vor der Teilung auftreten. Aber die Teilung selbst ist nicht gelungen. 

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