Als Kind war jeder Schritt für Dmitrij Safronow, einen 25-jährigen Athleten mit zerebraler Lähmung aus der Region Nischnij Nowgorod, eine große Belastung. Trotz der Diagnose brachte seine Mutter, Jelena Safronowa, den Jungen zur Leichtathletik – sie sagte, der Sport habe ihm geholfen, sich an die Gesellschaft anzupassen und viele Schwierigkeiten zu überwinden.
Bereits 2016 siegte Safronow Gold bei der Kurzbahn-Europameisterschaft. Bei den Paralympics 2020 gewann er die beiden Goldmedaillen über 100 m und 200 m und stellte damit auch zwei Weltrekorde auf
„Alles ist wie im Nebel, ich erinnere mich nur noch an den Start, wie ich am Startblock den ukrainischen Athleten einholte, wie ich aus der Kurve kam und da war auch schon der Zieleinlauf, als ich merkte, dass niemand mehr neben mir ist und ich siegessicher die Hände in die Höhe reiße. Aber bei mir ist es immer so – ich konzentriere mich auf mein Ziel, auf den Zieleinlauf, und denke an nichts anderes. Und im Ziel dann: Freude, Stolz, die Tatsache, dass ich meinen Rekord zurückbekommen habe, so dass mein Name daneben stehen würde“, sagte Safronow gegenüber TASS über seinen zweiten Sieg.
Michail Astaschow wurde ohne Unterarme und Unterschenkel geboren. Seine Eltern verließen ihn und die ersten vier Jahre lebte er in einem Kinderheim in Burjatien, dann in einem Rehabilitationszentrum. Als Astaschow 16 Jahre alt wurde, erhielten seine Eltern das Sorgerecht für ihn zurück. Er lebte eine Zeit lang bei ihnen in Burjatien, bevor er 2016 nach Jekaterinburg zog, um bei Triathlon-Coach Wladimir Alypow zu trainieren. Zu dieser Zeit schwamm Astaschow bereits seit mehreren Jahren und spielte auch Badminton und Volleyball.
2018 siegte der Athlet beim internationalen Paratriathlon-Wettbewerb IRONSTAR und gewann außerdem mehrmals den russischen Pokal für Menschen mit Behinderungen im 100-m-Brustschwimmen sowie den russischen Paratriathlon-Pokal.
2020 arbeitete Astaschow einen Tag lang als Kurier. Er bewegte sich auf seinen Prothesen, um seine Angst vor neuen Menschen zu überwinden und auch, um Vorurteile im Zusammenhang mit Behinderungen zu bekämpfen.
„Wenn ich die Straße entlang gehe, zeigen die Leute oft mit dem Finger auf mich. Ich wollte zeigen, dass ich nicht ,beschränktʻ bin, dass ich arbeiten kann, wo und mit wem ich will“, so Astaschow gegenüber der Internetzeitung e1.ru.
Im Mai 2021 gewann Astaschow die russische Meisterschaft im Behinderten-Radsport und bei den Paralympics holte er zwei Goldmedaillen, zunächst in der 3.000-m-Verfolgung, wo er einen Weltrekord aufstellte, und dann im 16-km-Straßenrennen mit Zeitfahren.
„Ich bin Gott, meiner Familie, allen, die sich um mich kümmern, und allen, die mich auf dem Weg zu diesen Medaillen begleitet haben, unendlich dankbar. <...> Ich werde weiterhin versuchen, jeden und alles auf meinem Lebensweg zu inspirieren und mich von ihm inspirieren zu lassen. Denn Helden sind unter uns und jeder kann einer werden“, sagte Astaschow.
Jewgenij Torsunow wurde 1990 in der Region Perm mit der Diagnose Zerebralparese geboren. Trotz der Behinderung interessierte er sich schon in jungen Jahren für Computertechnik und schloss 2014 sein Studium an der Universität Perm mit einem Diplom in Computersicherheit ab. Ein Jahr zuvor hatte er mit der Leichtathletik begonnen und nahm schon bald an Wettkämpfen für Menschen mit Bewegungseinschränkungen teil.
Torsunow ist zweifacher Weltmeister und hat außerdem Silber- und Bronzemedaillen bei internationalen Meisterschaften gewonnen. Und im Juni 2016 stellte der Athlet mit 5,93 Metern im Weitsprung einen Weltrekord auf. In Tokio errang er mit 5,76 Metern einen neuen paralympischen Rekord im Weitsprung.
„Ich freue mich sehr, dass ich heute gewonnen habe, ich bin sehr glücklich! <...> Das ist das Ergebnis meiner Arbeit mit dem Trainer – es ist unser gemeinsamer Verdienst“, erklärte Torsunow nach dem Sieg.
Die 26-jährige Valeria Schabalina aus Tscheljabinsk betreibt seit ihrem fünften Lebensjahr Eiskunstlauf und rhythmische Sportgymnastik, obwohl bei ihr in früher Kindheit unter anderem eine geistige Behinderung diagnostiziert wurde. Als sie sieben Jahre alt war, rieten ihr die Ärzte, mit dem Schwimmen zu beginnen, um die Muskelkrämpfe in ihren Beinen zu lösen. Schließlich wurde die Rehabilitation zur wichtigsten Leidenschaft ihres Lebens.
2015 war Schabalina bereits zweifache Weltmeisterin und dreifache Europameisterin. In Tokio gewann sie drei Goldmedaillen über 100 m Schmetterling, 200 m Freistil und 200 m Lagen sowie Silber über 100 m Rücken. Valeria stellte in ihrem ersten Lauf im Schmetterling mit 63,59 Sekunden einen Weltrekord auf.
„Ich kann mir selbst eine solide Eins für dieses Turnier geben. Der schwierigste Lauf? Die 200-m-Wettbewerbe waren hart, es gab sehr starke Konkurrentinnen, aber ich habe sie geschlagen“, freute sich die Athletin nach ihrem Sieg.
Im Gegensatz zu anderen Athleten begann der 34-jährige Denis Gnesdilow nicht schon als Kind mit dem Training, sondern erst im Alter von 19 Jahren – der künftige Champion arbeitete als Einlasser in einem Club in Sotschi und begeisterte sich für Kraftsport, gab dann aber seinen Job auf, um sich mehr dem Sport zu widmen. Durch einen Freund lernte er Nikolaj Kolodko kennen, den verdienten Trainer Russlands für Leichtathletik. Dieser begann Denis im Kraftdreikampf zu trainieren, ließ ihn aber nach einigen erfolglosen Wettkämpfen zum Kugelstoßen wechseln.
Denis hat bereits mehrmals die russischen Meisterschaften gewonnen und 2019 Gold bei den Weltmeisterschaften errungen.
Bei seinem ersten Versuch bei den Paralympics hatte Gnesdilow mit 11,02 Metern bereits einen Weltrekord im Kugelstoßen aufgestellt. Vor seinem letzten Versuch wurde er fast von Garra Tnaiash aus dem Irak geschlagen, der die Kugel 11,15 Meter weit stieß. Am Ende gelang es Gnesdilow jedoch, diese Marke um 1 cm zu überbieten, womit er den eigenen Weltrekord brach und die Goldmedaille gewann.
„Ich will nicht sagen, dass ich den letzten Versuch technisch richtig hinbekommen habe, ich habe einfach mit aller Kraft gestoßen und dann habe ich auch mit aller Kraft geschrien. <...> Jeden Tag, bevor ich ins Bett ging, sagte ich mir: ,Du bist der Champion, du trittst an und holst dir Goldʻ. Das habe ich mir extra in mein Notizbuch geschrieben“, berichtete Gnesdilow gegenüberTASS.
Für die Zukunft plant der Athlet, sich weiterhin sportlich zu betätigen und an den Paralympischen Sommerspielen 2024 in Paris teilzunehmen.
„Ich muss weiterarbeiten, ich kann mich nicht entspannen. Ich bin erst 34 Jahre alt, aber ich fühle mich wie 25, ich bin in Form, ich arbeite an mir. Und ja, ich werde in Paris dabei sein“, verrät der Sportler seine Pläne.
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