Von Puschkin bis Stalin: Ungewöhnliche Begräbnisse der berühmtesten Russen (FOTO)

Russia Beyond (Westend61 / Getty Images; Sputnik; Public Domain)
Die UdSSR liebte es, pompöse Denkmäler zu errichten. Doch wo befinden sich die Gräber der legendärsten Persönlichkeiten – Tolstoi, Lenin, Stalin und anderer?

Die Russen erinnern sich gerne an die Vergangenheit und betrachten bei einem Spaziergang über Friedhöfe mit Interesse die Grabsteine. Auf den berühmtesten Friedhöfen Russlands werden Führungen angeboten und im Herzen der Hauptstadt, auf dem Roten Platz, existiert eine echte Nekropole. Neben dem Mausoleum von Wladimir Lenin befinden sich an der Kremlmauer viele Gräber wichtiger Beamter, Generäle, Kosmonauten – darunter auch von Ausländern. Auch im Ausland versäumen es Russen nicht, alte Friedhöfe zu besuchen und vielleicht die Gräber ihrer Landsleute zu finden. Wie sehen die Gräber der berühmtesten Russen in Russland aus? Wir stellen hier einige von ihnen vor.

Alexander Puschkin (1799-1837)

Porträt von Alexander Puschkin, 1827, Orest Kiprenski.

Russlands berühmtester Dichter wurde bei einem Duell in der Nähe von St. Petersburg tödlich verwundet – Georges-Charles d’Anthès, der angebliche Liebhaber seiner Frau Natalia Gontscharowa, hatte ihn erschossen. Tatsächlich war er durch eine Intrige bei Hofe dazu getrieben worden. Der Tod des ersten Dichters des Landes war für viele ein Schock und man war geneigt, die Behörden und ihr Gefolge dafür verantwortlich zu machen. Tausende von Menschen, die gekommen waren, um sich von dem verstorbenen Dichter zu verabschieden, brachten ihren Unmut über diese Tragödie zum Ausdruck.

Alexander Puschkins Grab im Swjatogorsker Kloster im Dorf Puschkinskie Gory, Oblast Pskow.

Um mögliche Unruhen zu vermeiden, ordnete der Zar ein schlichtes Begräbnis an. Der Sarg wurde nachts heimlich mit Gendarmen in die Provinz Pskow (600 km von Moskau entfernt) gebracht und der Dichter im Kloster Swjatogorsk, unweit von seinem Familiensitz Michailowskoje, beigesetzt.

Nikolai Gogol (1809-1852)

Porträt des Schriftstellers Nikolai Wassiljewitsch Gogol, F. Moller, Anfang der 1840er Jahre.

Der Tod des mystischsten russischen Schriftstellers ist immer noch voller Geheimnisse und Legenden. Zeitgenossen zufolge hatte Gogol große Angst davor, in einen lethargischen Schlaf zu fallen und lebendig begraben zu werden (es gibt eine Legende, dass genau das passiert ist). Gogol starb im Alter von 43 Jahren unter mysteriösen Umständen, vermutlich an einem schweren Nervenzusammenbruch. Neun Tage vor seinem Tod verbrannte er aus unbekannten Gründen den fast vollendeten zweiten Band der „Toten Seelen“, seinem Hauptwerk. Dieses Ereignis war für den Autor selbst ein Schock. Gogol wurde auf dem Friedhof des Danilow-Klosters in Moskau beigesetzt. Sein Grab wurde mit einem Bronzekreuz auf einer Erhöhung, einer Art „Golgatha“, angelegt und mit einer schwarzen Marmorplatte geschmückt.

Grab von Nikolai Gogol im Swjato-Danilowski-Kloster, Zeichnung von V.A. Evdokimov-Rozantsov, 1886; Grab von Nikolai Gogol (1809-1852): Nowodewitschi-Friedhof.

Im Jahr 1930 schlossen die sowjetischen Behörden das Kloster und zerstörten die Nekropole, so dass die sterblichen Überreste des Schriftstellers auf den Nowodewitschi-Friedhof in Moskau überführt wurden. Danach kamen Gerüchte auf, es sei bei der Exhumierung entdeckt worden, dass Gogols Schädel gestohlen worden war und im Grab fehlte. Ein anderes Gerücht besagte, der Schädel habe auf der Seite gelegen – ein Beleg, der Gogols eigene Befürchtungen bestätigte und er lebendig begraben worden ist. Das moderne Erscheinungsbild des Grabes auf dem Nowodewitschi-Friedhof ist dem Original nachempfunden.

Leo Tolstoi (1828-1910)

Farbfotografisches Porträt von Leo Tolstoi in Jasnaja Poljana, von S. M. Prokudin-Gorski, Mai 1908.

Der langlebige Schriftsteller und einer der produktivsten russischen Literaten erlebte in seinen letzten Lebensjahren eine geistige Umwälzung. Er bereitete sich viele Gedanken über den Glauben und die offizielle Kirche, die er in seinen Abhandlungen stark kritisierte. Er schrieb unter anderem, dass die Rolle des Priesters als Vermittler in der Kommunikation zwischen Gott und Mensch einfach überflüssig sei. Tolstois theologische Abhandlungen und sein letzter Roman „Auferstehung“ wurden sogar von der weltlichen und kirchlichen Zensur verboten. Daraufhin wurde der Schriftsteller aus der Russisch-orthodoxen Kirche exkommuniziert.

Aufgrund seiner geistigen Umwälzung sympathisierte er auch mit den Altgläubigen, begann ein sehr einfaches Leben zu führen und gab fast seinen gesamten Privatbesitz auf. Damit stieß er jedoch unerwartet auf das Unverständnis seiner Frau (das Gut diente ihnen und ihren vielen Kindern als Haupteinnahmequelle). Schließlich kam es zu einem Familienstreit und der 82-jährige Schriftsteller brannte durch, in der Hoffnung, in den Süden zu gelangen. Doch auf dem Weg dorthin erkrankte er und starb auf dem kleinen Bahnhof von Astapowo, das heutzutage Lew Tolstoi heißt.

Das Grab von Leo Tolstoi im Museum des Landguts Jasnaja Poljana bei Tula.

Der exkommunizierte Schriftsteller wurde auf seinem Landgut Jasnaja Poljana begraben – im Wald am Rande einer Schlucht, ohne Trauerfeier oder kirchliche Zeremonie (obwohl es Gerüchte über ein geheimes Begräbnis gab). Nach seinem eigenen Willen gibt es weder ein Kreuz noch einen Grabstein – nur einen Grashügel.

Peter Tschaikowski (1840-1893)

Porträt von Pjotr Tschaikowski, N.Kusnezow, 1893.

1893 trank der völlig gesunde Tschaikowsky in einem Restaurant in St. Petersburg trotz einer grassierenden Choleraepidemie ungekochtes Wasser. Schon am nächsten Morgen erkrankte er und vier Tage später starb er an den Folgen der schweren Krankheit.

Grabstein des Komponisten auf dem Tichwiner Friedhof, St. Petersburg.

Einer Legende zufolge, die unter russischen Emigranten kursierte, beging Tschaikowsky Selbstmord aus Angst vor Verfolgung wegen seiner Homosexualität. Die Symptome einer Arsenvergiftung sollen denen der Cholera ähnlich sein.
Das Begräbnis des Komponisten wurde vom Zaren Alexander III. persönlich bezahlt. Die kirchliche Begräbnisfeier fand in der Kasaner Kathedrale mit dem Theater-Chor des Zaren statt. Sogar Mitglieder der Familie Romanow waren bei der Beerdigung anwesend. Der wichtigste russische Komponist wurde auf dem Tichwin-Friedhof im Alexander-Newski-Kloster in St. Petersburg beigesetzt.

Wladimir Lenin (1870-1924)

В. Lenin im Jahr 1920.

Nur fünf Jahre nach der Revolution von 1917 wurde Lenin krank. Als Ursache wurde die nervliche Belastung durch ständige Reden, harte Arbeit und die Folgen des Attentats von 1918 angenommen. Nachdem er drei Schlaganfälle überlebt und seine Sprache verloren hatte, starb der Revolutionsführer an einer Hirnblutung (obwohl es Gerüchte gab, dass er in Wirklichkeit an Syphilis erkrankt war). Lenins Tod löste eine ganze Welle der unglaublichsten Gerüchte aus: Er sei ins Ausland geflohen, er sei schon schon lange tot und sein Körper sei eingefroren worden oder es handele sich gar nicht um seinen Körper, sondern um eine Wachsfigur...

Die Frage, WIE genau Lenin beerdigt werden solle, wurde bereits im Vorfeld diskutiert, als er noch lebte, aber bereits schwer krank war. Schließlich konnte ein Mann, der die Kirche und die kirchlichen Zeremonien praktisch zerstört hatte, nicht einfach nach dem in Russland vorherrschenden christlichen Brauch beerdigt werden. Die offizielle Version besagt, dass die Idee, den Leichnam zu „konservieren“, von Josef Stalin kam, der angeblich die zahlreichen Wünsche der Arbeiter übermittelte, den Leichnam des Führers nach den Methoden der modernen Wissenschaft einbalsamieren zu lassen (viele Parteifreunde waren jedoch zunächst skeptisch; es schien ihnen, dass die „Reliquie“ Lenin die Reliquien russischer Heiliger ersetzen sollte, was im Widerspruch zum Marxismus stand).

Bei der säkularen Zeremonie wurde der Sarg mit Lenins Leichnam in der Säulenhalle des Hauses der Gewerkschaften ausgestellt (und er war damit der Erste in einer Reihe sowjetischer Führer). Nach der fünf Tage andauernden Prozession wurde der einbalsamierte Leichnam in ein provisorisches hölzernes Mausoleum auf dem Roten Platz gebracht. Im Jahr 1930 wurde an dessen Stelle ein modernes Granitmausoleum errichtet, in dem Lenins Leichnam noch immer in einem durchsichtigen Sarkophag ruht. Ein spezielles Labor überwacht den Status der Konservierung.

Josef Stalin (1879-1953)

Josef Stalin.

Am 1. März 1953 fand ein Wachmann den 73-jährigen Stalin an der rechten Körperhälfte gelähmt auf dem Boden liegend. Drei Tage später starb der Führer der Nationen – wie bei Lenin lautete die offizielle Diagnose „Hirnblutung“.

Eine Schlange vor dem Lenin- und Stalin-Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau. 1957.

Auch der Sarg Stalins wurde im Haus der Gewerkschaften ausgestellt und drei Tage lang standen unendlich viele Menschen Schlange, um sich von dem Staatschef zu verabschieden. Auch Mitglieder ausländischer Delegationen reisten an, um Kränze niederzulegen. Am 9. März fand die Beerdigung statt – sie erlangte traurige Berühmtheit, weil im Gedränge der Schaulustigen etwa 100 Menschen zu Tode kamen.

Ein junger Teilnehmer an der von der Kommunistischen Partei Russlands auf dem Roten Platz am Grab von Joseph Stalin, dem Vorsitzenden des Ministerrats der UdSSR, veranstalteten Pionierrekrutierungszeremonie. 2022.

In einem feierlichen Trauerzug wurde Stalins einbalsamierter Leichnam unter einem Artilleriesalut und von einer Fliegerstaffel begleitet in das Mausoleum getragen.

Die Leichname der beiden Führer lagen acht Jahre lang nebeneinander, doch 1961 wurde Stalins Leichnam im Zuge der Aufarbeitung des Personenkults aus dem Mausoleum entfernt und an der Kremlmauer begraben, wo er bis heute liegt.

Juri Gagarin (1934-1968)

Kosmonaut Juri Gagarin im Cockpit des Raumschiffs Wostok-1 vor dem Start, Kosmodrom Baikonur, 12. April 1961.

Sieben Jahre nach seinem legendären Raumflug kam Juri Gagarin bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, als er auf einem MiG-Kampfjet trainierte. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Sowjets bereits herausgefunden, wie man die „christliche Art“ der Erdbestattung berühmter Persönlichkeiten umgehen konnte – man äscherte die Gebeine ein.

Grabmal des ersten Kosmonauten der Erde Juri Gagarin.

Dies geschah auch mit Gagarin – und seine Asche wurde in der Kremlmauer beigesetzt, wo eine ganze Nekropole prominenter Staatsmänner, Kommunisten und Militärs entstand.

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